Geheimbericht: "Fatale Folge" für Wien Energie-Kunden

Die finanzielle Schieflage bei der Wien Energie ist noch viel schlimmer, als bislang angenommen. Wie das Finanzministerium am Montag mitteilte, brauche der Energieversorger der Bundeshauptstadt rund 6 Milliarden Euro, um seinen rasant nach oben geschnellten Finanzierungsbedarf abzudecken. Kurz darauf sprach der zuständige Stadtwerke-Stadtrat Peter Hanke dann schon von "Mondpreisen" und davon, dass sogar 10 Milliarden Euro nötig wären. Beim ersten Bekanntwerden der Geldnot und selbst einer späteren Stellungnahme seitens Wien Energie war noch von nur 1,7 Milliarden Euro die Rede gewesen.
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Das gesammelte Steuergeld des Bundes ist offenbar der einzige Ausweg, denn die Stadt Wien habe bereits Milliardenbeträge an Sicherheiten für seinen Energieversorger übernommen. Die finanziellen Spielräume seinen "nun erschöpft", so das Ressort von Magnus Brunner (VP). Ein milliardenschwerer Kredit soll nun die Versorgungssicherheit der rund zwei Millionen Kunden gewährleisten.
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Ausschluss aus der Börse
Hinter den Kulissen dürfte es nun hitzige Debatten geben, denn noch immer dürfte das gesamte Ausmaß der Katastrophe nicht der Öffentlichkeit bekannt gemacht worden sein.
Die Folgen einer Nichtzahlung wären laut Finanzministerium jedenfalls dramatisch: Es käme zu einem "unmittelbaren Ausschluss vom Börsenhandel", sämtliche bestehenden Positionen müssten glattgestellt werden.
"Die Wien Energie müsste Geschäfte rückabwickeln, was dazu führen würde, dass die Energielieferverträge von zwei Millionen Kundinnen und Kunden gefährdet wären".
"Fatale Folgen" für Kunden
Ein auf 27. August datiertes, "streng vertrauliches" Dokument der Wien Energie, das dem "Kurier" vorliegen soll, warnt demnach vor "fatalen Folgen", sollte kein Schutzschirm aufgespannt werden: "Wien Energie kann die Verpflichtung gegenüber den KundInnen (direkt und indirekt) nicht mehr einhalten und 2 Mio. Strom- und Gaskunden wären zu kündigen, da sie nicht mehr belieferbar sind", ist darin zu lesen.
Das bedeutet zusätzlich: "Keine Gasabsicherung für Winter (Fernwärme nur im Notbetrieb, ev. Kessel) mehr möglich)". Und: Dadurch, dass die Netzkapazitäten und -reserven der Wien Energie wegfallen, würde sich das Blackout-Risiko in ganz Österreich "deutlich erhöhen".
Laut "Kurier" soll das Dokument von Wien Energie zur Unterrichtung des Finanzministeriums über die Notlage erstellt worden sein. Seitens des Unternehmens wollte man den entsprechenden Bericht aber nicht kommentieren.

Notfall-Plan würde nicht funktionieren
Wie auch Energie-Experte und Gewessler-Berater Walter Boltz am Montag gegenüber dem ORF erklärte, gibt es in Österreich bereits festgeschriebene Verfahrensweisen, sollte ein Energieversorger in die Insolvenz rutschen und nicht mehr liefern können.
Allerdings sei diese einerseits bisher noch kaum zum Einsatz gekommen und andererseits auf Kleinversorger mit wenigen zehntausend Kunden ausgelegt. Im Falle der Wiener müsse man aber sagen, dass dieses Verfahren für die große Zahl der Kunden "nicht praktikabel anwendbar" sei.
"Die Idee dahinter war immer, wenn ein kleiner Lieferant aus welchem Grund auch immer zahlungsunfähig wird, dann werden die paar Tausend, zigtausend, zwanzig Tausend Kunden einem anderen Lieferanten zugewiesen. Das geht bei den zwei Millionen Kunden der Wiener nicht."
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