"Steinzeitmedizin"

Gesundheits-Experte ortet "großes Planungsversagen"

Die Ärztekammer will von der Regierung einen Profi-Sanierer und keinen Solidarbeitrag für die Sozialversicherung leisten – die Eskalation droht.
Newsdesk Heute
14.04.2025, 22:20

Wer soll zahlen, wer soll sparen? Dazu tobt aktuell zwischen der Ärztekammer und der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) ein erbitterter Streit. ÖGK-Obmann Peter McDonald hatte im Vorfeld wegen geringeren Beitragseinnahmen und steigenden Ausgaben einen Solidarbeitrag der Ärzte gefordert. Ein Tabubruch für die Ärztekammer, die einen solchen Solidarbeitrag nicht zahlen will – und vielmehr die Regierung aufruft, einen "professionellen Sanierer" in die ÖGK zu schicken, um sie zu durchleuchten.

Zudem empfahl die Ärztekammer unter anderem den Verkauf von Immobilien, stellte einen Management-Wechsel in den Raum – und sprach von einer erschütternden Entwicklung, nachdem es offenbar kein angekündigtes Plus, sondern ein Milliarden-Minus gebe. Die Schuld wolle man offenbar den Ärzten in die Schuhe schieben, stellte die Ärztekammer in den Raum. Die ÖGK wiederum warf der Ärztekammer daraufhin einen "Konfrontationskurs" vor und zeigte sich verständnislos in Bezug auf einen Sanierer um eigenen Haus.

"Das ist ja kein explosives Wachstum"

Kommt es nun zur Eskalation? Dazu war am späten Montagabend Dietmar Bayer, stellvertretender Obmann der niedergelassenen Ärzte in der Ärztekammer, zu Gast in der "ZIB2" bei ORF-Moderator Armin Wolf. "Das österreichische Gesundheitswesen hat ein großes Finanzierungsproblem. Es ist ausgelegt auf acht Millionen Österreicherinnen und Österreicher, wir haben jetzt 9,2 Millionen, mit einer sinkenden Anzahl an praktischen ÄrztInnnen und annähernd gleichen Anzahl an FachärztInnen im Kassensystem", so Bayer.

"Wir haben 150 Millionen E-Card-Steckungen im Jahr", so der Experte, für diese Ärzteleistungen sei "zu wenig Geld vorhanden". Der Experte kritisierte, dass es vor einem Jahr "noch ein Jubeln aus der ÖGK" gegeben habe, man nun fast eine Milliarde Euro Defizit im System habe. "Das ist ja kein explosives Wachstum", so Bayer, "das hat sich über die letzten 20 Jahre so entwickelt". Zehn Prozent der Ärzte sei im Pensionsalter, in fünf Jahren seien 33 Prozent der Kassenärzte "nicht mehr im System", warnte der Experte.

"Das ist das große Planungsversagen"

"Das ist das große Planungsversagen, das hier gemacht wurde, dass nicht geschaut wurde, dass man es hat, wenn man es braucht", so Bayer. Man habe sukzessive weniger Kassenärzte, "das macht mir Sorge", so Bayer, die Zahl der Wahlärzte sei dagegen "explodiert". Das sei ein Zeichen, dass das System "Schieflage" und "Fieber" habe. Wenn das Kassensystem "derartig schlecht ist" und von wichtigen Untersuchungen gar abrate, die Kasse aber gleichzeitig "Kurse zum veganen Leben" anbiete, dürfe man Mangelanämien nicht einmal überprüfen, so Bayer.

"Man kann sich nicht einer modernen Medizin verschließen, indem man sagt, ihr dürft das nicht machen", so der Experte. Die "so empfundenen", verschickten "Drohbriefe", die an Ärzte verschickt würden, würden nur eines erreichen: "Die Ärzteschaft wird sich überlegen, ob sie weiter in diesem System bleiben wird, oder ob die Zahl der Wahlärztinnen und Wahlärzte wächst." Die österreichische Medizin sei "Weltstandard" gewesen, so Bayer, wenn man nun hergehe und dies nicht mehr zulasse, dann komme man zu einer "Steinzeitmedizin".

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 14.04.2025, 22:21, 14.04.2025, 22:20
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