Wien

Gewaltspirale gegen Klima-Kleber in Wien eskaliert

Seit Anfang Mai blockieren Klima-Kleber beinahe täglich wichtige Straßen. Die Stimmung unter Autofahrern kocht über – eine gefährliche Entwicklung.

Roman Palman
Immer öfter werden Klima-Kleber während ihrer Blockaden auch attackiert.
Immer öfter werden Klima-Kleber während ihrer Blockaden auch attackiert.
Heute

Die "Letzte Generation" klebt wieder seit Anfang Mai. An jedem Wochentag legen die Aktivisten spontan den Morgenverkehr an wichtigen Pendlerrouten lahm. Sie wollen, dass die Regierung Klimaschutz endlich Ernst nimmt. Die ausgebremsten Autofahrer wollen hingegen nur eines: durch. 

Rettung blockiert, aber...

Die Blockade des Verteilerkreises in Wien-Favoriten am Mittwoch war gleich in mehrerer Hinsicht eine bedenkliche Zäsur. Weil auch ein Rettungsauto auf dem Weg zu einer Reanimation in Niederösterreich im Stau stecken blieb, erst mit Minuten Verspätung am Einsatzort eintraf und der Patient dann später verstarb, kam es zu einem gellenden Aufschrei der Politik.

Besonders FPÖ und ÖVP wetteiferten um die schärfsten Worte: "Blut an den Händen" , "Endzeit-Sekte", "Klima-Terroristen", "Kostet Leben", kritisierten die Vertreter beider Parteien. Die "Letzte Generation" gab nach ersten Dementi "Fehler" zu: Man habe bei diesem Protest versäumt, die Leitstellen zu informieren.

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    Am 10. Mai blockierte die Letzte Generation den Verteilerkreis auf Höhe der Ausfahrt Simmering.
    Am 10. Mai blockierte die Letzte Generation den Verteilerkreis auf Höhe der Ausfahrt Simmering.
    Letzte Generation Österreich

    ...Patient war nicht zu retten

    Der von politischen Akteuren oft als gegebene Kausalzusammenhang zwischen der Verspätung des Wiener Rettungsautos und dem Ableben des 65-jährigen Patienten wurde später vom Roten Kreuz Niederösterreich ausgehebelt. Die Helfer aus NÖ samt Notarzt-Heli waren schon kurz nach der Alarmierung um 8 Uhr zur Stelle, reanimierten eine Stunde lang. "Um 9.14 Uhr wurde der Tod festgestellt" – der Patient war nicht zu retten gewesen.

    Bedenkliche Tendenz zur Gewalt

    Gleichzeitig kam es am Verteilerkreis zu einem weiteren dramatischen Zwischenfall. Ein Autofahrer soll die dort blockierenden Aktivisten mit einem Cutter-Messer bedroht haben. Es war das erste Mal, dass eine Waffe im Spiel war.

    Selbst die Wiener Polizei spricht mittlerweile von einer bedenklichen Entwicklung und einer Tendenz zur Gewalt gegen die Klima-Kleber. Diese waren auch in den Tagen zuvor schon mehrfach von zornigen Autofahrern angegangen und teilweise brutal von der Straße gezerrt worden. Die Exekutive warnte bereits vor verbotener Selbstjustiz.

    Wut-Lenker "fühlen sich im Recht"

    "Die Gewalt gegen uns nimmt ganz klar zu. Aber es ist auch kein Wunder, wenn wir überall als Kriminelle dargestellt werden, dann fühlen sich die Leute im Recht, gegen uns vorzugehen", sagt Aktivisten-Sprecher Florian Wagner gegenüber dem "Kurier".

    Ähnliche Fälle aus Deutschland würden dies ebenso zeigen. "Bei den Aktionen dort gingen Autofahrer oft auf die Aktivisten los, während Polizisten direkt daneben standen. Diese Leute denken nicht daran, dass sie sich damit strafbar machen".

    Hass führt zu Wut, Wut zu Gewalt

    Medienethikerin Claudia Paganini von der Münchner Hochschule für Philosophie sieht vor allem Politik und Medien in ihrer Wortwahl als ursächlich für die zunehmenden Übergriffe: "Wenn man sich die Hass-Sprache ansieht, die gegen die Klimaaktivisten seit Monaten eingesetzt wird, ist es keine Überraschung, wenn diese Wut irgendwann in Gewalt umschlägt", so die Münchnerin laut "Kurier".

    Der ein oder andere "Star War"-Fans fühlt sich dabei wohl an Meister Yodas Lehre über den Pfad auf die dunkle Seite der Macht erinnert: "Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid".

    Die Wissenschaftlerin stellt klar: Begriffe wie "Klima-Terroristen" oder "Klima-Chaoten", wie sie von einigen Gruppen und Parteien gerne verwendet werden, schüren die ohnehin aufgeheizte Stimmung noch weiter an: 

    "Viele Menschen konsumieren Medien eher nebenbei und übernehmen dann unbewusst die Wertungen aus den Berichten. Auch die Darstellung der Aktivisten spielt eine Rolle. Werden Aktivisten kriminalisiert, fühlen sich Menschen im Recht, Selbstjustiz zu üben", so die Medienethikerin.

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