Massive TFA-Belastung

Giftstoff entdeckt – Neuer "Weinskandal" in Österreich?

Die giftige Chemikalie TFA wurde bei einem Test von Weinen aus Niederösterreich, dem Burgenland und der Steiermark in ALLEN Proben entdeckt.
Bernd Watzka
23.04.2025, 12:58

Neuer "Weinskandal" in Österreich: Eine aktuelle Studie von Global 2000 zeigt einen dramatischen Anstieg der TFA-Konzentration in der Umwelt. Die fortpflanzungsgefährdende Chemikalie dürfte durch Spritzmittel in die Weingärten gelangen. 

Analysiert wurden 18 Weine aus Niederösterreich, dem Burgenland und der Steiermark sowie zusätzlich 21 Weine aus neun europäischen Weinländern.

„Unsere Ergebnisse sind beunruhigend.“
Helmut Burtscher-SchadenChemiker und Studienleiter

Chemikalie gefährdet menschliche Fortpflanzung

TFA (Trifluoracetat), eine Ewigkeits-Chemikalie, wurde in sämtlichen 39 Weinen nachgewiesen. Für Experten und (Hobby-)Chemiker ein Detail: Die mittlere TFA-Konzentration lag dabei bei 110 Mikrogramm pro Liter (µg/l), der Spitzenwert bei unglaublichen 320 µg/l.

TFA-Konzentration 100-mal höher als im Trinkwasser

Die gemessene TFA-Konzentration ist 100-mal höher als die durchschnittlichen, bereits hohen Belastungen, die in Gewässern und im Trinkwasser gemessen wurden. "Unsere Ergebnisse sind beunruhigend", sagt Helmut Burtscher-Schaden, Initiator der Studie.

Gift reichert sich in Weinreben an

Eine so hohe TFA-Konzentration im Wein weise darauf hin, "dass sich TFA in Pflanzen offenbar massiv anreichert. Wir nehmen wahrscheinlich wesentlich mehr TFA über die Nahrung auf als bisher angenommen", so Burtscher-Schaden. Der Umweltchemiker von Global 2000 forderte die neue Regierung zu sofortigem Handeln auf.

Auch in deutscher Studie hohe Werte im Wein

TFA schwimmt auch in deutschen Weinen herum. Michael Müller von der Pharmazeutischen und Medizinischen Chemie an der Universität Freiburg: "Auch in unseren eigenen Untersuchungen fanden wir in jungen Weinen, die nach 2020 geerntet wurden, ein breites Spektrum an TFA-Konzentration von 20 bis mehr als 300 µg/l", so der Forscher.

Pestizide bringen Gift in die Weingärten

Die niedrigsten Werte fanden die deutschen Forscher – wenig überraschend – in biologisch erzeugten Weinen aus chemiefreien Gärten. Dies deute darauf hin, dass versprühte "PFAS-Pestizide einen Beitrag leisten, der die hohen TFA-Werte in den Weintrauben erklären" könne.

Auch Müller sieht Handlungsbedarf: "Unsere Ergebnisse machen deutlich, wie dringend notwendig Sofortmaßnahmen sind, um weitere TFA-Emissionen zu verhindern".

"Giftspritzerei ein Ende setzen!"

Kritik kam umgehend von den Grünen: "Die erschreckenden Ergebnisse sollten beim Landwirtschaftsminister und der Gesundheitsministerin die Alarmglocken schrillen lassen. Das ist einmal mehr ein klarer Handlungsauftrag, dieser Giftspritzerei mit Ewigkeitschemikalien ein Ende zu setzen", meint Olga Voglauer, Landwirtschaftssprecherin der Grünen.

Vintage-Weine geben Aufschluss über TFA-Anstieg

Zusätzlich zu den aktuell im Handel erhältlichen Weinen hat der Chemiker Burtscher-Schaden auch zehn österreichische Vintage-Weine von 1974 bis 2015 auf das TFA-Gift untersuchen lassen. "TFA lässt sich in diesen Weinen erst ab 1988 nachweisen, ab 2010 steigt die Konzentration massiv an", so die Studie.

TFA ist das "ewig" existierende Endprodukt des Abbaus anderer PFAS-Verbindungen, die oft als Wirkstoffe in Pestiziden verwendet werden. Was die Verschmutzung des Grundwassers betrifft, so tragen vor allem PFAS-Pestizide aus der Landwirtschaft dazu bei.

"Dringender Handlungsbedarf" besteht

Diese Studie zeige, dass die Ewigkeits-Chemikalie "menschengemacht und mittlerweile in bedenklich hoher Konzentration in unserer Umwelt vorhanden" sei. Es bestehe "dringender Handlungsbedarf, weitere TFA-Emissionen in die Umwelt zu verhindern", fordert der Umwelt-Chemiker.

Pestizide in der Landwirtschaft belasten die Pflanzen.
Getty Images/iStockphoto

TFA-Wert seit letzter EU-Studie verdoppelt

Bei einer Studie der EU-Kommission aus dem Jahr 2017 lag der Mittelwert bei Wein noch bei 50 µg/l. In der aktuellen GLOBAL 2000 Studie ist dieser mit 120 µg/l mehr als doppelt so hoch. "Die Ergebnisse sind ein klarer Weckruf für die EU. Stoffe, die TFA in die Umwelt abgeben, müssen vom Markt genommen werden", fordert auch Pestizid-Expertin Salomé Roynel.

Voraussichtlich Mitte Mai 2025 werden die EU-Staaten über einen Vorschlag der EU-Kommission für ein Verbot des PFAS-Pestizids Flutolanil abstimmen, da dieses nachweislich TFA in die Umwelt freisetzt.

Weinproben auch auf Pestizide getestet

Alle 39 Weine der aktuellen Studie wurden auch auf Pestizide untersucht. Dabei zeigen sich Rückstände von bis zu acht Pestiziden in 94 Prozent der konventionell erzeugten Weine. Insgesamt waren sogar 18 Pestizide nachweisbar. GLOBAL 2000 ruft nun in einer Petition zu einem Verbot von PFAS auf.

{title && {title} } bw, {title && {title} } Akt. 23.04.2025, 18:18, 23.04.2025, 12:58
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