Nur etwa 30 Kilometer südwestlich der Millionenmetropole Peking sind seit etwa eineinhalb Jahren hunderte Bauarbeiter mit einem Großprojekt beschäftigt. Auf einer Fläche von 15 Quadratkilometern oder gut 2000 Fußballfeldern entstehen diverse Bauten, andernorts werden große Löcher tief in den Boden getrieben. Das Ganze geschieht unter strengen Sicherheitsvorkehrungen.
Laut ehemaligen und amtierenden US-Geheimdienstlern steckt das chinesische Militär hinter den Bauarbeiten. Denn auf dem Areal, das Anfang 2023 noch von diversen kleinen Siedlungen gesäumt war, soll laut den Insidern die künftige Kommandozentrale entstehen, die im Kriegsfall die Truppen der chinesischen Armee befehligen würde.
Die US-Beamten gehen davon aus, dass die Kommandozentrale auch für etwaige Nuklearkriege ausgelegt ist – dafür würden die massiven Baugruben sprechen, in denen etwa gehärtete Bunkeranlagen gebaut werden könnten. Insgesamt könnte der Komplex bis zum Abschluss der Bauarbeiten eine Fläche einnehmen, die zehnmal so groß ist wie jene des Pentagons. Der Hauptsitz des US-Verteidigungsministeriums in Washington erstreckt sich über 14 Hektar.
Während schon zuvor erste Fundamente ausgehoben und Wege gezogen wurden, sind die Bauarbeiten im Sommer 2024 angelaufen. Dies berichtet die "Financial Times" mit Verweis auf Satellitenaufnahmen. Seither sind bereits unzählige Gebäude aus dem Boden geschossen, wie der Vergleich zeigt. Zuvor scheinen die Bewohner mehrerer Dörfer innerhalb kürzester Zeit umgesiedelt worden zu sein, bevor ihre Häuser abgerissen wurden.
Ein User schrieb angesichts der Abrissarbeiten etwa auf Baidu Zhidao, dem chinesischen Gegenstück zu gutefrage.net, ob in Qinglonghu "das chinesische Pentagon" gebaut werde. Das rasante Bautempo dürfte nicht zufällig sein: Im Jahr 2027 feiert die "People's Liberation Army" (zu Deutsch: Befreiungsarmee des Volkes) ihr hundertjähriges Bestehen.
Präsident Xi Jinping soll die Armee angeordnet haben, bis zu diesem Zeitpunkt die Fähigkeiten für einen Angriff auf Taiwan zu entwickeln, wie US-Geheimdienste berichten. Dafür sollen die chinesischen Streitkräfte seit längerem auch ihr Arsenal an Nuklearwaffen ausbauen. Laut Renny Babiarz, der in der Vergangenheit als Analyst bei der National Geospatial-Intelligence Agency arbeitete, deuten Satellitenbilder auf unterirdische Tunnel hin, durch die die einzelnen Gebäudekomplexe miteinander verbunden werden könnten.
Mehrere Faktoren deuten darauf hin, dass hinter dem Mega-Bauprojekt die chinesische Armee steckt: So sind fast alle privaten Großprojekte wegen einer anhaltenden Immobilienkrise seit längerer Zeit gestoppt oder kämpfen mit massiven Problemen, ganz im Gegensatz zur Baustelle bei Peking.
Vor Ort sind zwar keine Soldaten stationiert, doch Plakate warnen davor, das Gebiet mit Drohnen zu überfliegen oder Fotos zu machen. Gegenüber der "Financial Times" ließ ein Wachmann verlauten, dass der Eintritt verboten sei. Ein anderer Wachmann verwies darauf, dass ein nahegelegenes Wander- und Touristengebiet, das von einem Ladenbesitzer als "Militärgebiet" beschrieben wurde, für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sei.
Die chinesische Botschaft in Washington ließ verlauten, dass man "nichts Genaues von den Plänen" wisse, aber China eine Verteidigungspolitik "defensiver Natur" verfolge.
Für viele Experten steht fest: Mit dem neuen Komplex soll das bestehende Kommandozentrum nordöstlich von Peking ersetzt werden. Der von US-Geheimdienstlern "Western-Hills-Komplex" getaufte Bau wurde während des Kalten Krieges errichtet, aber offenbar nicht genug gegen etwaige Angriffe gesichert.
"Die Größe, das Ausmaß und die teilweise unterirdischen Eigenschaften der neuen Anlage lassen darauf schließen, dass sie den Western-Hills-Komplex als primäre Kommandoeinrichtung in Kriegszeiten ersetzen wird", so ein ehemaliger hochrangiger US-Geheimdienstmitarbeiter.