"Heute"-Interview

Handball-Star Bilyk: "Alaba braucht jetzt viel Geduld"

Mykola Bilyk führt Österreichs Handballer bei der EM in Deutschland als Kapitän an. "Heute" bat den 27-jährigen Kiel-Legionär zum Interview.

Erich Elsigan
Handball-Star Bilyk: "Alaba braucht jetzt viel Geduld"
Mykola Bilyk (r.) ist Kapitän und Superstar des rot-weiß-roten Nationalteams.
GEPA

Die Spannung steigt! Am Freitag steigen Österreichs Handball-Herren in die Europameisterschaft in Deutschland ein, treffen in ihrem ersten Gruppenspiel in Mannheim auf Außenseiter Rumänien. Die weiteren Gegner heißen Kroatien und Spanien. Nur die Top-Zwei steigen in die Hauptrunde auf. Gelingt der große Wurf? "Heute" sprach mit Kapitän Mykola Bilyk über Chancen, Kartenspiele, 140-km/h-Würfe – und David Alabas Kreuzbandriss.

"Heute": Herr Bilyk, die EM steigt in Deutschland, Ihrer Wahlheimat. Was erwarten Sie?

Mykola Bilyk: "Es wird ein riesiger Event mit vollen Hallen und verrückten Fans. Es wird schon etwas Besonderes, man kann sich nur darauf freuen. Ich habe richtig Bock."

Für Österreich geht es am Freitag gegen Rumänien los. Es wird von einem Pflichtsieg gesprochen. Ist das nicht gefährlich?

"Ja, für mich ist es das gefährlichste Spiel. Rumänien ist ein Gegner, den wir auf keinen Fall unterschätzen sollten, auch wenn wir sie in der Quali zwei Mal geschlagen haben. Das bedeutet aber nicht, dass wir automatisch auch das dritte Match gegen sie gewinnen. Wir müssen voll fokussiert sein. Ein Pflichtsieg ist es deshalb, weil wir nur so die Chance auf das Erreichen der Hauptrunde haben."

Österreich hat eine Hammergruppe mit Spanien und Kroatien erwischt. Was ging Ihnen bei der Auslosung durch den Kopf?

"Wir waren im zweiten Topf und hätten gehofft, dass wir aus Topf drei einen schlagbaren Gegner bekommen. Es wurde Kroatien, härter hätten wir es nicht erwischen können. Trotzdem freue ich mich auf die Aufgabe. Denn umso schöner wäre es, wenn wir trotzdem aufsteigen."

Abgesehen von den Matches: Worauf freuen Sie sich bei einem Großevent?

"Ich liebe es einfach, mit der Nationalmannschaft unterwegs zu sein. Die Jungs sind mir sehr ans Herz gewachsen, viele kenne ich bereits seit meiner Jugend. Entsprechend viel Spaß macht es, mit ihnen Handball zu spielen – oder generell mit ihnen Zeit zu verbringen."

Besteht die Gefahr eines Lagerkollers? Was tut ihr in eurer Freizeit?

"Wir spielen viele Kartenspiele. Der eine oder andere zockt auch ein bisschen auf der Konsole. Ich denke, dass jeder für sich einen Weg finden muss, wenn er merkt, dass es zu viel wird. Man kann sich mal ins Zimmer zurückziehen, ein Buch lesen."

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    Bei der EM 2022 spuckte Sie die Statistik als den Spieler mit dem härtesten Wurf aus. 140 km/h wurden gemessen. Geht da noch mehr?

    "Vielleicht war das Messgerät kaputt. Extra trainiert habe ich es jedenfalls nicht. Es kommt viel auf die Technik an, auch auf die Kraft."

    Im Sommer steigt die nächste EM in Deutschland, nämlich jene der Fußballer. Auch dort hat Österreich harte Gegner. Wer schneidet besser ab – die Handballer oder die Kicker?

    "Ich hoffe, dass beide Mannschafen es schaffen, weiterzukommen. Das wäre für den österreichischen Sport großartig. Ich wünsche den Fußballern nur das Beste."

    ÖFB-Kapitän David Alaba erlitt vor wenigen Wochen einen Kreuzbandriss. Ihnen ist das 2020 ebenfalls passiert. Operiert hat Sie Dr. Christian Fink, der auch Alaba betreut.

    "Ich denke, David hat die richtige Adresse gewählt. Bei mir war damals ein bisschen mehr kaputt als das Kreuzband, deshalb hat es bei mir rund ein Jahr bis zum Comeback gedauert. Ich wünsche David ganz viel Geduld auf seinem Weg. Ein Typ wie er kommt da sicher stärker raus."

    Ist die Geduld der entscheidende Faktor?

    "Ja, für mich war es so. Du vermisst deine Sportart, kannst sie nicht ausüben, trainierst viel alleine. Für einen Mannschaftssportler ist das eine große Umstellung. Da braucht man dann viel Geduld. Genau die haben aber viele Sportler nicht."

    Halten Sie ein Alaba-Comeback bei der EM, exakt sechs Monate nach der Verletzung, für realistisch?

    "Das wird sicherlich eng werden, aber der Heilungsprozess ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Ich wünsche ihm sehr, dass er es schafft. Er wird in seinen Körper reinhören und dann eine Entscheidung treffen, ob es Sinn macht, ob er der Mannschaft helfen kann – und wie groß das Risiko für den Rest seiner Karriere ist."

    Fühlen Sie sich heute stärker als vor der Verletzung?

    "Ich habe jedenfalls enorm viel über mich dazugelernt. Mental musst du viel betreiben, um wieder auf das alte Niveau zu kommen. Ich würde sagen, ich bin jetzt stärker."

    Zurück zur Handball-EM: Wen haben Sie auf der Gold-Rechnung?

    "Die Liste ist momentan sehr lang. Du hast mittlerweile sieben, acht Teams, die Medaillen holen können. Klar hast du mit Dänemark und Frankreich zwei Mannschaften, die vom Kader her und den Erfolgen der letzten Jahren am stärksten einzuschätzen sind. Aber auch Spanien, Kroatien, Schweden, Island oder Norwegen können mitmischen."

    Ab wann wäre es für Österreich eine erfolgreiche EM?

    "Bei unserer Gruppe ganz klar, wenn wir die Hauptrunde erreichen."

    Fühlst Sie als Führungsspieler einen gewissen Druck?

    "Als Sportler überspitzt man das gerne. Ich spiele Handball, habe irrsinnig Spaß daran. Das Schlimmste, das passieren kann, ist, dass wir die Hauptrunde verpassen. Darüber würde ich mich sehr ärgern, aber mein Leben geht danach ganz normal weiter. Ich habe keine schlaflosen Nächte."

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