"Hugo Maradona fragte mich: Willst du mit Diego reden?"

Hugo Maradona ist tot. Der kleinere Bruder von Diego Maradona überlebte die Fußball-Ikone nur um etwas mehr als ein Jahr. Diego verstarb am 25. November 2020 nach einem ausschweifenden Leben im Alter von 60 Jahren. Hugo erlitt am Dienstagmorgen in Neapel, der früheren Wirkungsstätte des großen Bruders, einen Herzinfarkt und starb mit nur 52 Jahren.

Hugo Maradona kam 1990 als 21-Jähriger zu Rapid. Die Erwartungen waren hoch. Sein Bruder hatte längst Weltruhm erlangt. Der Name Maradona versprach Fußballkunst und Eskapaden. Beides sollte ausbleiben. Der Neuzugang konnte sich in Wien nie entfalten. Verletzungspech beschränkte seine einjährige Rapid-Ära auf nur drei Einsätze.
Auch abseits des Rasens hatte es der Argentinier nicht leicht, erinnert sich Peter Wurz. Der 53-Jährige kickte gemeinsam mit Hugo bei den Hütteldorfern. "Heute" fragte bei dem Mann nach, der den 1,60 Meter kleinen "Driblanski" so gut kannte, wie kein anderer in Wien.
Ex-Rapidler Wurz trauert um Zimmerkollegen
Der ehemalige Espanyol-Barcelona-Legionär erinnert sich: "Unser Trainer, der Krankl Hans, und ich waren die einzigen, die Spanisch konnten. Der hat mich beauftragt, mich um ihn zu kümmern. Er hat überhaupt kein Englisch gesprochen. Wir haben uns im fußballerischen Bereich, weil wir im Training ständig zusammen waren, aber auch im Privaten sehr um ihn angenommen. Wir haben ihm sehr viel gezeigt von Wien, ihm gezeigt, wo er hin muss, wenn er was braucht. Und überall, wo wir auf Trainingslager und so waren, war er natürlich auch mein Zimmerpartner."
Die traurige Nachricht vom Tod seines Ex-Kollegen überbrachte ihm am Dienstag seine Frau: "Ich war momentan wirklich fassungslos. Habe ich mich verhört? Es ist unglaublich."
Denn die beiden verbindet ein besonderes Jahr. Als Zimmerkollegen verbrachten sie viel Zeit miteinander, "mehr als mit meiner damaligen Frau", schmunzelt Wurz. Dabei lernte er den jungen Südamerikaner als "unheimlich nette, sehr freundliche Person" kennen.
Wer den Namen Maradona hört, denkt wohl unweigerlich an außergewöhnliche Dribblings, die "Hand Gottes", WM-Titel, aber auch an ausschweifende Partys, Alkohol, Drogen, die Mafia. Hugo war anders als Diego. Wurz beschreibt ihn nach seiner Ankunft in Wien zunächst als unheimlich ängstlich. "Weil er in einem anderen Land war, das ihm fremd war. Und er ist immer an seinem großen Bruder gemessen worden. Ich glaube, dass er da schon ein bisschen gehemmt war."
Auch das, so Wurz, habe ihn wohl am Durchbruch gehindert: "Er war ein exzellenter, hervorragender Fußballer. Technisch unheimlich versiert. Für mich persönlich, wenn ich das so sagen darf – und er würde mir auch nie böse sein – aber er hatte mir ein bisschen zu viel um die Hüften. Das hat ihm natürlich auch nicht gut getan. Wir waren noch sehr jung. Er war Südamerikaner, kam nach Europa, war muskulär ganz anders aufgebaut. Da passiert es schnell mit einer Verletzung. Leider hatte er dann Pech mit Verletzungen und nie wirklich den Anschluss gefunden, Stammspieler zu werden. Schade, das Potenzial war vorhanden."
"Diego bedankte sich bei mir"
Trotz aller Eskapaden des großen Bruders: Familienmenschen waren sie beide. Diego habe sich rührend um Hugo gekümmert. Das ging so weit, dass er dem Rapidler ein Handy kaufte, um ihn in Wien jederzeit erreichen zu können. Ein Gerät mit langer Antenne. Für damalige Zeiten eine Sensation. Wurz: "Sie haben sehr oft miteinander telefoniert. Der hat sich sehr um seinen Bruder gekümmert. Das ist ihm wirklich sehr am Herzen gelegen."
So kam es, dass auch Wurz mit dem großen Fußball-Idol plaudern durfte: "Als junger Spieler mit dem Maradona … da hat man schon vor dem Fernseher eine Gänsehaut gekriegt. Dann läutet ein Handy und der Hugo: Ja, das ist der Diego, willst du mit ihm reden? Ich bin fast bewusstlos geworden."
Der Wiener schwärmt über das Gespräch mit Diego: "Es war eine riesige Erfahrung. Er hat sich vorgestellt. Er war sehr nett am Telefon. Die Südamerikaner sind ja schon sehr familiär. Er hat sich von ganzem Herzen bedankt, dass ich mich so um ihn kümmere, auf ihn schaue. Es war ein tolles Gespräch."
Die Erinnerung an die Saison 1990/91 und die Maradona-Brüder wird Wurz für immer begleiten. Kontakt hatten sie nach Hugos Abschied von Rapid keinen mehr: "Leider Gottes. Ich weiß eigentlich nicht mehr, warum das so zustande gekommen ist. Es ist jetzt auch schon 30 Jahre her. Es ist natürlich schon sehr schade. Aber es war eine wirklich schöne Zeit, eine tolle Erfahrung."
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