Gesundheit

Immer mehr Frauen in Österreich sind alkoholkrank

Während Alkoholismus früher ein männliches Problem war, hat der Anteil betroffener Frauen massiv zugenommen. Doch es ist behandelbar – wenn man will.

Sabine Primes
Während Männer offen trinken, verstecken viele Frauen ihre Sucht im Verborgenen.
Während Männer offen trinken, verstecken viele Frauen ihre Sucht im Verborgenen.
Getty Images/iStockphoto

Von 8. bis 14. Mai 2023 findet die vierte Österreichische Dialogwoche Alkohol statt. Ziel der Initiative: Man will sachlich über Alkohol informieren sowie anregen, über den eigenen Alkoholkonsum nachzudenken und ins Gespräch zu kommen.

Laut dem Anton-Proksch-Institut gelten geschätzte 340.000 Österreicher derzeit als alkoholabhängig, nahezu jeder vierte Erwachsene konsumiert Alkohol in einem gesundheitsgefährdenden Ausmaß. In den letzten Jahren hat der relative Anteil der Frauen an der Gesamtzahl der alkoholkranken Menschen deutlich zugenommen, während jener der Männer leicht sinkt. Rund 10 Prozent der Österreicher erkranken im Laufe ihres Lebens an einer Alkoholsucht und brauchen eine Therapie.

Rollenbilder aufbrechen

"Ein Grund, weshalb Frauen beim Alkoholkonsum aufholen, ist die Emanzipation", sagt Psychologin Barbara Schreder-Gegenhuber vom Suchthilfezentrum Schweizerhaus Hadersdorf in Wien im Ö1-Gespräch. "Ein Stück weit ist es ein Zeichen dafür, dass Frauen mit den Rollen aufbrechen wollen, die ihnen zugeschrieben werden." Aber im Gegensatz zu Männern, die offen trinken, gibt es bei Frauen eine hohe Dunkelziffer, denn viele trinken heimlich – und andere Alkoholika als Männer. Sekt und Wein seien typische Suchtgetränke bei Frauen. Sie ermöglichen, länger zu funktionieren und die Fassade aufrechtzuerhalten, so die Expertin. Alkohol sei für viele Frauen ein Ventil, mit dem sie Belastungen kompensieren: Familie, Beruf, Haushalt.

12 Liter reinen Alkohol trinken die Österreicher im Jahr. Das entspricht 240 Litern Bier, also mehr als einem Vollbad.

Suchtbehandlung von Frauen für Frauen

Schreder-Gegenhuber hat im Jahr 2020 die Gesundheitsgreisslerei in Wien-Favoriten mitbegründet, wo es ambulante Suchtbehandlung speziell und ausschließlich von und für Frauen gibt. Entstanden ist die Idee aus der Erfahrung heraus, dass Frauen, die Erfahrungen mit gewalttätigen Männern haben, einen sicheren Raum brauchen und nicht mit Männern in einem Wartezimmer oder in einer Therapiegruppe sein möchten.

Wie viel Alkohol darf man trinken?

Aufgrund des Körperbaus wirkt Alkohol bei Frauen auch anders als bei Männern. Die Leber baut den Alkohol langsamer ab, weshalb Frauen schneller betrunken sind. Es kommt auch schneller zu Leberschäden oder Krebs. Die Medizinerin rät, dass Frauen nur ein kleines Bier pro Tag trinken und an mindestens zwei Tagen pro Woche gar nichts. Wer reflektiert, warum er trinkt, gerät nicht so einfach in eine Sucht. Aus Genuss? Aus Frust? Aus Gruppenzwang? Je später Menschen anfangen zu trinken und je früher sie einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol erlernen, desto weniger gefährdet sind sie.

Anlaufstellen
Die Website der Dialogwoche bietet einen anonymen Selbstcheck zur Einschätzung des Trinkverhaltens.
Wer befürchtet, in eine Alkoholsucht zu rutschen, kann sich bei einer der vielen Beratungsstellen Hilfe holen. Je früher man der Sucht entgegentritt, desto eher findet man wieder heraus.