Coronavirus

Impf-Chefin: "Geimpfte sind nicht aus dem Schneider"

Katharina Reich, Impfkoordinatorin und Chief Medical Officer, will eine Maskenpflicht für alle. Sie warnt auch davor, sich geimpft sicher zu fühlen.

Rene Findenig
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Chief Medical Officer Katharina Reich warnt Geimpfte davor, sich zu sicher zu fühlen.
Chief Medical Officer Katharina Reich warnt Geimpfte davor, sich zu sicher zu fühlen.
apa/picturedesk

Dass bei der neu geplanten FFP2-Maskenpflicht im Handel zwischen Geimpften und Ungeimpften entscheiden werde, sei "eine politische Entscheidung" und "ein Kompromiss", sagt Katharina Reich, Impfkoordinatorin und Chief Medical Officer, im Ö1-"Morgenjournal". "Jetzt ist es so, dass es das kleinste gemeinsame Vielfache ist oder wie immer man das ausdrücken will. Ihn Wahrheit muss ich fragen: Brauchen wir für alles eine Verordnung? Können wir nicht Dinge, die gescheit, richtig und wichtig sind, einfach so machen, ohne dass wir eine Verordnung dafür brauchen?", so Reich.

"Diese Frage sollten wir uns alle stellen, wenn wir über diese Maskenpflicht im Handel nachdenken. Und ich glaub, dass eigentlich jeder die Antwort darauf weiß und Verordnungen von uns in Wahrheit nicht braucht", legt Reich nach. Kritik, etwa von FPÖ-Chef Herbert Kickl, dass andere Länder ohne Maskenpflicht nicht schlechter als Österreich dastehen würden, kann die Expertin nichts abgewinnen: "Prinzipiell ist es so, dass das Pandemiegeschehen in Wellen abläuft, das wissen wir. Unsere Aufgabe ist es, die Wellen, wenn sie schon da sind, möglichst flach zu halten und die Spitalsüberlastung zu vermeiden."

"Stecken Sie sich nicht an! Und zwar alle, die ungeimpft sind sowieso, aber es gilt derzeit auch für die Geimpften, man muss das leider so sagen"

Masken seien dabei "das niederschwelligste, einfachste, billigste Mittel, um sich nicht anzustecken. Und das ist jetzt die oberste Prämisse, die überhaupt gilt. Mein Appell an alle: Stecken Sie sich nicht an! Und zwar alle, die ungeimpft sind sowieso, aber es gilt derzeit auch für die Geimpften, man muss das leider so sagen. Wenn wir eine Durchimpfungsrate haben, die bei den Prozenten so bleibt wie jetzt, dann sind auch die Geimpften nicht aus dem Schneider, weil sie leider das Virus weitergeben können an Ungeimpfte." Ihre Empfehlung: Maskenpflicht für alle, FFP2 sei gut, sie dichte ab und säße gut. 

Dass die Maskenpflicht weder Handel, noch Polizei kontrollieren wolle, sieht Reich als sekundär an: Es gehe nicht darum, lückenlos im Handel bei jedem Eintritt zu kontrollieren und Kontroll-Sheriffs aufzustellen, sondern darum Stichproben-Kontrollen zu machen, damit man wisse, dass man kontrolliert werden könne und es eine Maßnahme gebe, wenn man ohne Maske erwischt werde. Dass die neuen Regeln bundesweit in Kraft treten statt regional, sei okay: Man müsse in der Pandemie "an ganz Österreich denken", in der Krise habe man sich immer überregional zusammengesetzt.

"Wenn wir sehen, dass es zu wenig ist, das werden wir bald sehen, dann können wir über Nachschärfungen sprechen"

Einen weiteren Kritikpunkt, nämlich dass niemand wisse, ob Intensivbetten samt Personal ausgebaut wurden, wischt Reich vom Tisch: "Es gibt überhaupt nicht mehr Betten als vor einem Jahr." Man könne nicht einfach ein Bett bauen, eine Decke drüber geben, eine Maschine daneben hinstellen und sagen, man habe jetzt ein neues Intensivbett, so die Expertin. Das Personal habe in der Pandemie "ziemlich wilde Zeiten" erlebt, da könne man nicht mit dem Finger schnippen und sagen, man hole sich jetzt von hier und dort einfach neue Leute. Es brauche aber langfristig eine bessere, adaptierte Ausbildung.

Sind der Expertin des Gesundheitsministeriums die nun neu kommenden Maßnahmen zu mild? "Es ist ein Kompromiss, den wir machen, ich bin froh, dass wir etwas machen. Natürlich hätte ich es gerne strenger gehabt", so Reich. "Wenn wir sehen, dass es zu wenig ist, das werden wir bald sehen, dann können wir über Nachschärfungen sprechen." Das werde man vielleicht tun müssen, das "stelle ich in den Raum", so Reich.