Coronavirus

Impfpflicht-Aus: Darf mich mein Chef trotzdem zwingen?

Obwohl viele Corona-Regeln Geschichte sind, führen die Infektionszahlen zu vielen Unklarheiten– vor allem im Job. AK-Jurist Philipp Brokes klärt auf.

Nicolas Kubrak
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Seit dem 5. März gehören viele Corona-Maßnahmen der Vergangenheit an, obwohl die Infektionskurve in Österreich weiterhin nach oben zeigt. Auch die aktuelle Prognose verspricht keine unmittelbare Besserung der Lage – sogar ein weiterer Anstieg der Neuinfektionen ist jetzt wahrscheinlich. Die Regierung will ab Mittwoch daher wieder eine FFP2-Maskenpflicht indoor einführen. Doch reicht das aus – vor allem am Arbeitsplatz? Arbeitsrechtsexperte Philipp Brokes von der Arbeiterkammer Wien klärt in "Heute Backstage" bei Nicolas Kubrak auf.

Im Talk sprach der Arbeitsrechtsexperte über Homeoffice, Impfzwang trotz Impfpflicht-Aus und die Sonderbetreuungszeit.
Im Talk sprach der Arbeitsrechtsexperte über Homeoffice, Impfzwang trotz Impfpflicht-Aus und die Sonderbetreuungszeit.
Helmut Graf

"Regierung hat Corona de facto beendet"

Da die meisten Maßnahmen gefallen sind, sollte Corona am Arbeitsplatz rechtlich keine Rolle mehr spielen, dies bestätigt auch der AK-Jurist. Aber: "Bei 50.000 täglichen Infektionen und unzähligen Personen in Quarantäne können wir nicht behaupten, dass Corona am Arbeitsplatz keine Rolle spielt – das Gegenteil ist der Fall", sagt Brokes. In den letzten eineinhalb Jahren hätten die Rechtsberater immer eine Lösung parat, da es einen eigenen Paragrafen nur für den Arbeitsplatz gab – dieser sei nun verschwunden. Jetzt kämen Anfragen von Arbeitgebern und -nehmern ein "und wir tun uns schwer, klare Ja/Nein-Antworten zu geben, weil der Gesetzgeber und die Bundesregierung Corona de facto beendet haben", so der Top-Jurist.

Darf ich zu Impfung und Maske gezwungen werden?

Was passiert aber, wenn mich mein Arbeitgeber dazu zwingt, beispielsweise eine Maske zu tragen, obwohl dies – zumindest bis zum Inkrafttreten einer neuen Verordnung kommende Woche – nicht mehr verpflichtend ist? Brokes eilt zur Hilfe: "Bis 30. April ist der Generalkollektivvertrag noch in Geltung. Er besagt, dass wenn mein Arbeitgeber mich verpflichtet, eine Maske zu tragen, kann ich mich von dieser Maske befreien, indem ich freiwillig einen 3G-Nachweis erbringe", stellt der Arbeitsrechtsexperte klar.

"Das Impfpflichtgesetz sieht keine Impfpflicht am Arbeitsplatz vor", stellt Brokes klar.
"Das Impfpflichtgesetz sieht keine Impfpflicht am Arbeitsplatz vor", stellt Brokes klar.
Helmut Graf

Wie sieht das mit einer Impfung aus? Die Impfpflicht ist zwar bis Juni ausgesetzt – könnte aber ab 1. Juni in Geltung kommen, wie "Heute" berichtete. Laut Brokes sieht das Impfpflichtgesetz keine Impfpflicht am Arbeitsplatz vor – der Chef darf mich somit nicht zwingen. "Das bedeutet natürlich nicht, dass sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht impfen lassen müssen, aber der Arbeitgeber kontrolliert den Impfstatus nicht, sondern der Staat", klärt der Jurist auf.

"Das Impfpflichtgesetz sieht keine Impfpflicht am Arbeitsplatz vor."

Hohe Infektionszahlen – Anspruch auf Homeoffice?

Angesichts der hohen Corona-Zahlen stellt sich automatisch die Frage, ob Anspruch auf Homeoffice besteht; Gesundheitsminister Johannes Rauch hat dies am Freitag dringend empfohlen. Bis Ende März hätten laut Brokes Personen aus der Risikogruppe die Gelegenheit, sich auf eine Sonderregelung zu berufen, die es ermöglicht, im Homeoffice zu arbeiten. "Darüber hinaus – eigentlich nicht", stellt der Experte fest. Was man aber schon machen kann: "Sie könnten Ihren Arbeitergeber ersuchen, dass Sie zuhause arbeiten, er muss es jedoch nicht gestatten. Der Arbeitgeber kann mich auch nicht zwingen, ins Homeoffice zu gehen", sagte Brokes im Talk.

Anspruch auf Homeoffice? Als Risikogruppe noch bis Ende März: Ja. Darüber hinaus – "eigentlich nicht".
Anspruch auf Homeoffice? Als Risikogruppe noch bis Ende März: Ja. Darüber hinaus – "eigentlich nicht".
Helmut Graf

Corona-Tests: Wer übernimmt die Kosten?

Die Corona-Tests bleiben bis Ende März im ganzen Land gratis – danach sind pro Monat noch fünf PCR- und fünf Antigentests kostenlos. Was aber, wenn mein Vorgesetzter ab 1. April noch Tests verlangt?

Brokes: "Wir kennen die Redewendung ja bereits aus einigen Chats: 'Wer zahlt, schafft an.' Man kann es auch umdrehen: Wer anschafft, der zahlt – im Arbeitsverhältnis ist das eine Grundregel. Wenn der Arbeitgeber will, dass sich die Arbeitnehmer weiterhin testen und diese Tests dann auch mit Kosten verbunden sind, dann muss der Arbeitgeber diese Kosten dann auch übernehmen unabhängig davon, ob ich geimpft oder ungeimpft bin." Wenn der Arbeitgeber verlangt, dass man sich außerhalb der Arbeitszeit testet, dann müsse er dies auch bezahlen, stellt der Jurist klar.

"Wer anschafft, der zahlt." – Brokes zu eventuellen kostenpflichtigen Tests im Job

Kind in Quarantäne – Urlaubstage weg?

Da die Infektionszahlen aktuell sehr hoch sind, sind davon auch Kinder betroffen, die häufig in Quarantäne müssen. Müssen Eltern dann ihre wertvollen Urlaubstage opfern? "Nein, bitte nicht", sagt Brokes. Es gebe ein Sondermittel für Corona-betroffene Elternteile – die Sonderbetreuungszeit. "Sie können sich dem Arbeitgeber gegenüber als dienstunfähig melden, daheim bleiben und das Kind betreuen. Das Geld bekommen Sie weiterhin ausgezahlt und der Arbeitgeber kriegt die Kosten rückerstattet", betont der AK-Experte. Diese Sonderbetreuungszeit gelte aktuell bis 31. März, Brokes drängt auf Verlängerung: "Unabhängig davon, wie die Zahlen Anfang April sein werden, muss dieses Werkzeug verlängert werden, um betroffene Eltern psychisch zu entlasten. Urlaub soll man auch für Urlaub verwenden", schließt der Top-Jurist ab.

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