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In diesen Knast gehen Sie freiwillig

Heute Redaktion
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Im Offenburger Gefängnis waren einst Schwerverbrecher inhaftiert. Jetzt ist es ein Hotel, in dem es sich gut einsitzen lässt – bei Wasser und Brot natürlich.

Die Mauern sind zwar historisch und die Lage nicht schlecht, alles andere war bis vor kurzem wenig anziehend: Wer in den vergangenen 160 Jahren an der Grabenallee im deutschen Offenburg landete, kam kaum freiwillig dorthin. Er logierte in einer sieben bis neun Quadratmeter kleinen Gefängniszelle, die er sich oft noch mit einem anderen Gefangenen teile.

Im Offenburger Gefängnis waren einst die Kämpfer der Badischen Revolution von 1847 inhaftiert, der Attentäter des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble saß hier in Untersuchungshaft und die Nationalsozialisten sperrten hier in den kleinen, dunklen Zellen ihre Gegner weg.

Aus Knast mach Hotel

Mittlerweile denkt niemand mehr an Ausbruch, wenn er hinter den dicken Sandsteinmauern eine Nacht verbringt. 2011 zogen die Gefangenen in ein neues Gebäude um, aus dem Kast wurde das "Hotel Liberty" – die Idee eines Brüderpaars aus Offenburg, das in den Umbau investierte. Am 3. Oktober, kurz nach der Eröffnung, standen die Neugierigen Schlange, um einen Blick in den renovierten Zellentrakt zu werfen.

Wie es gewesen sein mag, in Offenburg sein Urteil abzusitzen, kann man sich noch vorstellen. Den Stacheldrahtzaun gibt es zwar nicht mehr, die Gefängnisflure der beiden zwischen 1840 und 1845 errichteten Gebäude und auch das ein oder andere vergitterte Fenster sind jedoch geblieben.

An den Wänden der Flure hängen die 120 Kilogramm schweren ehemaligen Zellentüren, allerdings nur zur Dekoration. Um die mit Metallbeschlägen versehenen massiven Holztüren als Zimmertüren einzusetzen, seien sie zu schwer, erklärte der Schweizer Hotelmanager Marc Aeberhard, der neue "Gefängnisdirektor".

Bei Wasser und Brot

Eiserne Stockbetten und Stehtoiletten sind aber ganz sicher Geschichte. Die kleinen Zellen wurden zu 17 bis 73 Quadratmeter großen Gästezimmer zusammengelegt und mit edler Einrichtung versehen. Mit King-Size-Bett, Badewanne, Wi-Fi und TV lässt sich die Zeit in Offenburg gut absitzen. Und wer grübelnd an die Decke starrt, schaut die freigelegte Backsteindecke an. Die Zimmer kosten ab etwa 150 Euro – für deutsche Verhältnisse gehobener Standard.

Die Verpflegung muss kein Gast mehr in der Zelle zu sich nehmen. Dafür gibt es das hauseigene Restaurant "Wasser und Brot". Allzu schlimm dürfte auch das nicht werden – in der Küche sorgt ein der Michelin-Sterne-Koch Jeremy Biasiol für die Essensrationen.

(Daniela Gschweng)