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In dieser Hauptstadt möchte fast keiner wohnen

Heute Redaktion
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Naypyidaw ist die Hauptstadt von Myanmar und flächenmäßig fast sechsmal so groß wie New York. Trotzdem lebt dort offiziell nur eine Million Menschen.

Super-Autobahnen mit 20 Spuren, aber weit und breit keine Autos in Sicht: Willkommen in Naypyidaw, seit 2005 die Hauptstadt von Myanmar (früher Burma). Trotz Investitionen in Millionenhöhe, staatlich subventionierten Wohnungen und Luxusausstattung verirren sich weder Touristen noch Einheimische in die neue Hauptstadt.

Wahnsinnig viel Platz, wahnsinnig wenig Menschen

Offiziell leben 1'160'242 Menschen (Stand 2014) in der Stadt, die Rangun als Hauptstadt abgelöst hat. Diese Zahlen sind umstritten, man geht von deutlich weniger tatsächlichen Bewohnern aus. Besucher, darunter auch Jörg Häntzschel von der "Süddeutschen Zeitung", sprechen von "einer dröhnenden Leere, die wirklich wehtut".

Naypyidaw hat eine Fläche von über 7000 Quadratkilometern. Die Stadt ist damit fast sechsmal so groß wie New York (1214 Quadratkilometer), achtmal so groß wie Berlin (891,8 Quadratkilometer) und über 76-mal so groß wie Zürich (87,88 Quadratkilometer). Aber woher kommt die riesige Stadt plötzlich?

Ein abergläubischer General?

2005 beschloss General Than Shwe die Hauptstadt zu ändern. Über die Gründe hat die Regierung mehrheitlich geschwiegen. Es gibt aber Gerüchte, dass der abergläubische Than Shwe mit dem Bau der neuen Stadt den Rat einer Wahrsagerin befolgte. Offiziell ist die Lage von Naypyidaw einfach besser als die von Rangun.

Innert kürzester Zeit wurde im Niemandsland von Myanmar eine Stadt aufgebaut. Die Bewohner wollten aber nicht kommen. Die einzigen Einwohner waren die Arbeiter der Regierung, die die Stadt gebaut hatten. Und sogar von denen waren viele bereit, in das mehr als 300 Kilometer entfernte Rangun zu pendeln.

Kaum Infrastruktur

Das lag, zumindest am Anfang, vor allem an der kaum vorhandenen Infrastruktur: Es gab zwar eine Autobahn mit 20 Spuren, aber keine Schulen und keine Freizeitbeschäftigungen. Auch heute sind die Straßen mehrheitlich leer, der öffentliche Verkehr fast unbenutzt.

Das wird auch am Flughafen ersichtlich: Erbaut für ein Passagiervolumen von 3,5 Millionen Passagieren pro Jahr – tatsächlich kommen teilweise nicht mehr als fünf pro Tag an. Hauptstadt hin oder her: Naypyidaw liegt im Nichts und es gibt für die Einwohner von Myanmar sehr wenig Gründe, dort hinzuziehen.

Eine Mischung aus Großstadt und Provinz

Naypyidaw ist eine Mischung aus perfekter Organisation und Dorf-Charme: Während die Häuser der Arbeiter nach Beruf sortiert und entsprechend eingefärbt sind, ist auf der mehrspurigen Autobahn ein einzelner Mitarbeiter der Regierung zu sehen – der den Highway mit einem Besen säubert.

Zwar gibt es inzwischen ein Unterhaltungsangebot, zum Beispiel eine Springbrunnen-Show jeden Abend und diverse Parks. Was aber speziell Touristen davon abhält, das Hotel-Areal zu nutzen, sind Meldungen über Überfälle und andere Gewalttaten – eine fast leere Großstadt kann auch sehr gefährlich sein.

Und obwohl in Naypyidaw ein Gebiet von über 20'000 Quadratmetern Fläche für Botschaften und UN-Hauptquartiere bereitstellt wurde, ist bis heute nur eine Botschaft nach Naypyidaw gezogen: die von Bangladesh. (Red)