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Jetzt wird Social Media endgültig kompliziert

Nun ist es endgültig fix: Die EU-Staaten haben die heftig umstrittene Anpassung des Urheberrechts an das Internet-Zeitalter beschlossen.

Heute Redaktion
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Nach monatelangen hitzigen Debatten und einer Blamage bei der Abstimmung – jene Politiker, die über die Zukunft des Internets entschieden, waren mit einem einfachen Knopfdruck überfordert – haben die EU-Staaten die umstrittene Reform des Urheberrechts im Internet nun auch im letzten Schritt fixiert. Nun bleiben zwei Jahre, das Gesetz auch umzusetzen.

Letztlich zugestimmt haben der Urheberrechtsreform 19 EU-Staaten inklusive Österreich. Enthalten haben sich Belgien, Estland und Slowenien. Abgelehnt wurde dir Reform nur durch sechs Länder: Italien, Luxemburg, die Niederlande, Polen, Finnland und Schweden.

Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, Suchmaschinen wie Google zur Bezahlung für angebotene fremde Nachrichteninhalte zu zwingen. Anbieter wie Facebook, die Google-Tochter Youtube oder Twitter sollen zudem für urheberrechtlich geschütztes Material, das von Nutzern hochgeladen wird, haftbar gemacht werden. Anfang Juli hatte das Europaparlament einen ersten Entwurf abgelehnt.

"Freies Internet in Gefahr"

Der Text sieht ein Leistungsschutzrecht vor, wie es bereits in Deutschland gilt. Damit soll sichergestellt werden, dass Verlage oder Nachrichtenagenturen vergütet werden, wenn ihre Artikel auf Plattformen angeboten werden. Private Nutzer, die - etwa über Facebook oder Twitter - Nachrichten austauschen, sind davon nicht betroffen.

Für diese Reform hatten zahlreiche Medien in ganz Europa, aber auch Kulturschaffende, unter ihnen bekannte Künstler wie Paul McCartney, geworben. Die Internet-Riesen und Lobby-Verbände der Digitalwirtschaft hatten dagegen mobil gemacht. Unterstützt wurden sie von zahlreichen Internet-Aktivisten. Die Gegner der Reform sehen darin eine Gefahr für das "freie Internet" und warnen vor einer Zensur von Inhalten durch Plattformen.

Darum wird es nun kompliziert

Zu bereden gibt es bei Internet-Nutzern und -Kreativen vor allem Artikel 13, dessen Bestimmungen in der aktuellen Fassung in Artikel 17 zu finden sind. Artikel 13 verlangt von Websites, dass sie für alle Inhalte, die unter das Urheberrecht fallen, vorab eine Lizenz erwerben müssen. Damit haften die Plattformen auch für Bilder, Videos oder Musik, die von ihren Nutzern hochgeladen wurden. Außerdem müssen die Dienste von vornherein Inhalte blockieren, bei denen es sich um unerlaubte Kopien handeln könnte.

Nach Ansicht der Kritiker des neuen Gesetzes ist es nicht möglich, für sämtliche Inhalte der Welt Lizenzen zu erwerben. So warnte Youtube-Chefin Susan Wojcicki davor, dass das Gesetz Plattformen wie Google, Facebook oder Youtube zwingen könnte, nur noch Inhalte von einer Handvoll großer Unternehmen zuzulassen.

Kommen jetzt Uploadfilter?

Obwohl Uploadfilter im Gesetzestext nicht erwähnt sind, dürfte kein Weg an ihnen vorbeiführen. Für Dienste wie etwa Youtube, bei dem jede Minute rund 400 Stunden Video hochgeladen werden, aber auch für kleinere Plattformen ist es unmöglich, manuell nach urheberrechtlich geschützten Inhalten zu suchen. Das ist nur mit technischen Mitteln, sogenannten Uploadfiltern, machbar.

Wieso ist das problematisch?

Diese Filter sind teuer und fehleranfällig. Besonders weniger finanzstarke Plattformen wollen kein Risiko eingehen, wegen verbotener Inhalte zur Rechenschaft gezogen zu werden. So dürften die Filter eher zu streng urteilen, und eigentlich unbedenkliche Inhalte, wie etwa Let's-play-Videos, blockieren.

Kritiker sprechen von einer Einschränkung der Redefreiheit. Das EU-Parlament hat eingeräumt, dass es hier zu Problemen kommen könnte und hat in der Richtlinie Beschwerdemöglichkeiten vorgesehen, mit denen sich Nutzer gegen ungerechtfertigte Löschungen oder Sperrungen wehren könnten. Ob Einzelne diesen aufwendigen Prozess auf sich nehmen werden, ist allerdings fraglich.

Sind Memes jetzt verboten?

Artikel 13 wurde in den Diskussionen um die Urheberrechtsreform von Kritikern häufig als Meme-Verbot bezeichnet. Laut EU-Parlament ist dem aber nicht so. Demnach verpflichtet die Reform die EU-Staaten, das kostenlose Hochladen "von Teilen von Werken zum Zitieren, zur Äußerung von Kritik, für Rezensionen, für Karikaturen, Parodien oder Persiflagen" zu schützen. Dies umfasst auch Memes und bewegte Bilder im GIF-Format.

Gilt Artikel 13 für alle Websites, also auch private Blogs und Foren?

Ja. Es gibt aber eine sogenannte Start-up-Klausel. Demnach sind Plattformen von der Pflicht, geschützte Inhalte zu lizenzieren oder von vornherein zu blockieren ausgenommen, wenn sie weniger als 10 Millionen Euro Umsatz machen, weniger als 5 Millionen monatliche Besucher haben oder jünger als 3 Jahre sind. Erfüllt eine Plattform eine dieser Bedingungen nicht mehr, gilt Artikel 13 ohne Ausnahme auch für sie.

Was hat es mit Artikel 11 auf sich?

Neben Artikel 13 sorgte vor allem auch Artikel 11 (in der aktuellen Fassung Artikel 15) für Diskussionen. Das sogenannte Leistungsschutzrecht verbietet es, ohne Lizenz mehr als "einzelne Worte oder sehr kurze Textausschnitte" von News auf Websites zu platzieren. Das heißt, dass Suchmaschinen, News-Aggregatoren oder soziale Netzwerke für Artikelvorschauen bezahlen müssen. Es gibt keine Ausnahmen für Einzelpersonen oder Kleinunternehmen.

Wann tritt die Reform in Kraft?

Der endgültig letzte Schritt im Vorhinein ist nun getan. Die Richtlinie muss jetzt von den EU-Ländern in nationales Recht umgesetzt werden. Dafür sind zwei Jahre vorgesehen – also bis 2021. (afp/jcg/rfi)