Politik

Kanzler Kurz zu Lockdown: "Mir blutet das Herz"

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) war Montagfrüh zu Gast im Ö3-Wecker und beantwortete besorgten Bürgern ihre Fragen zum neuen Lockdown. 

Andre Wilding
Teilen
Bundeskanzler Sebastian Kurz
Bundeskanzler Sebastian Kurz
picturedesk.com

Heute, Montag, ist der letzte Tag vor dem Lockdown "light" in Österreich! Ab Dienstag, 0 Uhr, gelten im Land wieder weitreichende Maßnahmen, um die Ausbreitung des Coronavirus in den Griff zu bekommen. Der "zweite Lockdown" wird bis mindestens 30. November dauern.

Da aber weiterhin noch viele Fragen offen sind, stellte sich Bundeskanzler Sebastian Kurz im Ö3-Wecker fast eine Stunde lang den Fragen der Zuhörern zum Thema Lockdown. "Heute" hörte natürlich ebenfalls mit und berichtete an dieser Stelle LIVE:

7.15 Uhr: Kanzler Sebastian Kurz nahm im Ö3-Studio Platz und beantwortete nun die ersten Fragen der Hörer. "Schönen guten Morgen", grüßte der Kanzler die Hörer.

"War der Lockdown nicht schon absehbar?"

Kurz: "Natürlich war der Lockdown in gewisser Weise absehbar. Wir haben in der letzten Woche ein ganz starkes exponentionelles Wachstum erlebt. Ja, die Ansteckungszahl ist gestiegen, bis zu einem Punkt, wo wir nun die Grenze setzen mussten".

"Warum ist Gastronomie ganz zu und der Handel bleibt offen?"

Kurz: "Mir blutet natürlich das Herz! Es trifft die Gastronomen keine Schuld. Aber, man kann es nicht 1:1 zum Handel vergleichen, dort tragen die Menschen eine Maske. Der zweite Grund ist, dass immer dann Ansteckungen stattfinden, wenn Menschen zusammenkommen. Ansteckungen finden nicht beim Vorbeigehen statt, sondern wenn man längere Zeit zusammen ist."

"Wieso wurden im Sommer nicht mehr Intensivbetten- und Personal angeschafft?"

Kurz: "Man kann das Personal und die Betten nicht genug aufstocken - nicht in wenigen Monaten! Unsere Kapazitäten sind beschränkt. Es ist schwer, exponentionelles Wachstum zu verstehen. Selbst, wenn man mehr Intensivbetten- und Personal anschafft, ist es nicht etwas, was auf Dauer helfen kann." Zudem dauere auch die Ausbildung für Intensivpersonal länger – dies wäre in so kurzer Zeit nicht machbar gewesen.

"Warum eine Ausgangsbeschränkung von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr?"

Kurz: "Man kann sich zu jeder Tageszeit anstecken. Es gibt auch tagsüber Beschränkungen. Beim Vorbeigehen auf der Straße steckt man sich nicht an, sondern wenn man Menschen trifft – auch auf engen Raum. Um 22.00 Uhr ist es natürlich nicht weniger gefährlich als am Tag. Aber wir wissen aus Erfahrung, dass die Menschen vor allem am Abend zusammensitzen und etwas trinken."

"Hat man Erfahrungen aus anderen Ländern mit einem zweiten Lockdown?"

Kurz: "Im Frühling war es ein Experiment, wir hatten keine Erfahrungen mit dem Lockdown, aber es hat hervorragend funktioniert. Jetzt wissen wir viel, viel mehr als vor Monaten. Jetzt können wir den Versuch machen, etwa Geschäfte offen zu lassen. Aber es gibt noch wenig Erfahrungen mit einem zweiten Lockdown. Dieser findet gerade in mehreren Ländern statt. Der Lockdown hängt davon ab, wie die Menschen mitmachen."

"Warum sind (Musik)-Veranstaltungen weiter verboten?"

Kurz: "Wir haben alles getan, auch hier wieder Öffnungsschritte zu setzen. Es ist jetzt aber leider nicht möglich. Wenn der Lockdown aber funktioniert, werden auch hier wieder Schritte gesetzt, um Kulturstätten wieder zu öffnen. Viele Veranstaltungen laufen ohne Ansteckungen ab – die Infektionszahlen sind aber derzeit einfach zu hoch, um hier keine Schritte zu setzen. Jeder soziale Kontakt ist in Zeiten einer Pandemie eine Gefahr. Regelungen können nie gerecht sein"

Und weiter: "Je länger sie mit Menschen Zeit verbringen, je höher ist die Ansteckungsgefahr. Die Menschen müssen jetzt wachsam sein – vor allem beim persönlichen Kontakt."

"Ältere Menschen können nicht einfach weggesperrt werden. Auch diese sind in Kontakt, weil sie besucht werden. Insofern kommt es immer zu Einschleppungen in Pflegeheimen. Daher ist es wichtig, Risikogruppen besonders gut zu schützen. Das Virus frisst sich immer durch eine Gesellschaft. Daher gibt es weltweit auch keinen anderen Weg."

"Wird nur noch politisch entschieden?"

"Ich kann vieles nachvollziehen, aber das bei bestem Willen nicht. Warum sollten wir eine Pandemie erfinden? Wer hätte etwas davon? Es ist kein österreichisches Phänomen! Ganz gleich, welche politische Partei an der Macht ist, alle Regierungen versuchen nun, ihre Bevölkerung zu schützen! Wenn es notwendig ist, muss aber die Notbremse gezogen werden."

"Wer setzt sich für die Kinder und Jugendlichen ein?"

Kurz: "Vor allem Kinder und Jugendliche leiden unter dem Lockdown. Für die jüngere Generation ist es eine Herausforderung. Ein Aufschrei bringt jetzt wenig. Wenn wir das nicht gemeinsam meistern, frage ich mich: 'Wo ist die Alternative?'"

"Warum wurden die Maßnahmen nicht schon am Freitag, sondern erst am Samstag bekanntgegeben?"

Kurz: "Was Sache ist, wissen wir schon seit Monaten. Wir wissen alle, dass dieses Virus wächst. Man kann sich fast schon selbst ausrechnen, wie die Ansteckungszahlen in einer Woche sein werden. Es war für uns immer klar, dass wir ab einem gewissen Zeitpunkt die Notbremse ziehen müssen. Planbarkeit gibt es nur dann, wenn die Dinge fertig sind – wenn sie etwa mit dem Bundespräsidenten oder den Sozialpartnern besprochen worden sind."

"Warum sind Fitnessstudios geschlossen?"

Kurz: "Es ist nicht die Schuld der betroffenen Unternehmer. Das Problem ist, man kann andere anstecken, bevor man überhaupt Symptome hat. Wenn man Sport macht, setzt man noch mehr Aerosole frei und die Ansteckungsgefahr ist dort größer. Es gibt viele Fitnesscenter, wo sich keiner angesteckt hat. Es gibt aber auch einige, wo etwas passiert ist."

"Wäre es nicht am besten wieder alles zu schließen?"

Kurz: "Es ist ein ständiges Abwiegen. Je mehr sie schließen, desto besser ist es das Infektionsrisiko einzuschränken. Es ist aber auch ein Abwiegen, was braucht es wirtschaftlich. Man hat aus dem ersten Lockdown gelernt. Wir haben diesmal entschieden, den Handel offen zu halten."

"Wird es einen verpflichtenden Impfstoff geben?"

Kurz: "Es wird keine Impfpflicht geben. Wir sind froh, wenn es den Impfstoff gibt. Wir haben momentan nicht das Problem, dass es zu wenig Impfstoff gibt. Wir warten alle darauf. Wir rechnen damit, dass es innerhalb des ersten Halbjahres einen massiven Fortschritt geben wird. Sobald der Impfstoff da ist, wird das der Durchbruch sein in der Pandemie. Bis dahin, werden wir weiter so vorgehen müssen, wie bisher."

"Warum werden Skigebiete jetzt geschlossen?"

Kurz: "Wir haben uns stark an dem Lockdown im Frühling orientiert. Wir haben uns entschieden, den Handel und die Schulen offen zu lassen. Wenn es nicht funktioniert, müssen wir nachschärfen. Unsere Hoffnung ist aber, dass der Lockdown funktioniert und wir danach hier wieder Schritte setzen können."

"Können sich die Maßnahmen noch ändern?"

Kurz: "Dieser Lockdown kann nicht softer werden. Es kann aber sein, dass wir in einzelnen Bereichen nachschärfen müssen."

"Was hätten Sie gerne anderes gemacht?"

Kurz: "Fehler passieren jeden Tag, jeder ist ein Mensch. Unser Ziel muss es sein, dass wir nicht im Dauer-Lockdown sind. Natürlich hätten wir das Infektionsrisiko de Facto auf Null halten können, nur dann ist die Wirtschaft ganz kaputt. Es wird notwendig sein, wenn die Zahlen wieder zu hoch sind, mit einem Lockdown zu reagieren."

1/56
Gehe zur Galerie
    <strong>18.04.2024: Sexsüchtiger aus Wien hatte seit 2018 keinen Sex mehr.</strong> Lukas M. ist seit vielen Jahren sexsüchtig. Wie das seine Ehe und auch sein Leben beeinflusst hat, erzählt er <a data-li-document-ref="120031584" href="https://www.heute.at/s/sexsuechtiger-aus-wien-hatte-seit-2018-keinen-sex-mehr-120031584">im persönlichen Gespräch mit <em>"Heute"</em> &gt;&gt;&gt;</a><a data-li-document-ref="120031512" href="https://www.heute.at/s/albtraum-trip-2-von-7-pools-befuellt-familie-klagt-120031512"></a>
    18.04.2024: Sexsüchtiger aus Wien hatte seit 2018 keinen Sex mehr. Lukas M. ist seit vielen Jahren sexsüchtig. Wie das seine Ehe und auch sein Leben beeinflusst hat, erzählt er im persönlichen Gespräch mit "Heute" >>>
    Pixabay/Heute