Österreich

Kritik an KAV-Umgang mit Gewalt im Spital

Heute Redaktion
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Im Sicherheitskonzept des KAV spielen neben Sicherheitsboards vor allem Deeskalationsschulungen für Spitalsmitarbeiter eine zentrale Rolle. Die Neos hinterfragen jedoch deren Sinn, wenn genaue Angaben zu den Übergriffen nicht erfasst werden.
Im Sicherheitskonzept des KAV spielen neben Sicherheitsboards vor allem Deeskalationsschulungen für Spitalsmitarbeiter eine zentrale Rolle. Die Neos hinterfragen jedoch deren Sinn, wenn genaue Angaben zu den Übergriffen nicht erfasst werden.
Bild: iStock (Symbolbild)

Statt genauer Zahlen, verzeichnet der KAV verbale und körperliche Angriffe als "besondere Vorfälle". Die Neos üben Kritik und fragen sich, wie man so ein sinnvolles Sicherheitskonzept erstellen kann.

Im vergangenen Juli sorgte eine Untersuchung des Krankenanstaltenverbund (KAV) über "Aggressions-Ereignisse" in Wiens Spitälern für Aufruhr. Demnach ereigneten sich allein zwischen 1. März bis 26. April im Kaiser-Franz-Josef-Spital (KFJ) 54 Übergriffe, "Heute" hat berichtet. Im November gab der KAV dann die Ergebnisse einer Befragung ihres Personals bekannt. Dabei gaben rund 85 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Spitälern der Stadt an, sich schon einmal durch aggressives Verhalten von Patienten bedroht gefühlt zu haben.

Der KAV kündigte daraufhin die Erstellung eines Sicherheitskonzepts an. Derzeit läuft die Ausschreibung von Sicherheitsdienstleistungen. Neben Deeskalations-Trainings setzt der KAV auch auf die Verankerung sogenannter "Sicherheitsboards", die für jedes Spital individuelle Lösungen erarbeiten sollen.

Wie genau diese aussehen, wollten die Wiener Neos von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) wissen. Sie sandten dem Ressortchef eine schriftliche Anfrage und fragten nach den genauen Zahlen zu den Übergriffen auf Ärzte und Patienten.

"Verbale und physische Angriffe als 'besondere Vorfälle' erfasst"

Die Antwort des Stadtratbüros sorgte bei den Stadt-Pinken für Verwunderung: "Uns wurden keine offiziellen Zahlen bekannt gegeben. Stattdessen wurden verbale, physische Angriffe und Übergriffe lediglich mittels Standardformular als 'Besonderes' erfasst. Es gibt also anscheinend keine Aufzeichnungen zu den Übergriffen gesondert nach Art oder Berufsgruppen", so Markus Ornig, Sicherheitssprecher der Neos Wien.

Für den Neos-Gemeinderat stellt sich die Frage, wie der KAV ein ordentliches Sicherheitskonzept erarbeiten will, wenn man es nicht einmal schaffe, die Gefährdungen ordentlich aufzulisten. "Der KAV lässt die gesamten verbalen und physischen Angriffen in den Spitälern nur unter 'besondere Vorfälle' sammeln und interessiert sich nicht für weitere Details. Welche Übergriffe wo auf welche Berufsgruppen stattfinden, das wird nicht systematisch erfasst", so Ornig zu "Heute".

KAV kontert: "Geht nicht um rein quantitative Erfassung"

Auf Rückfrage erklärt der KAV, beim Thema Sicherheit im Spital sei die erste und wichtigste Aufgabe, das entsprechende Bewusstsein bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu schaffen. "Aggression und Gewalterleben ist sehr individuell. Im KAV-Strategiepapier zu Thema Gewaltprävention und Aggressionsmanagement ist daher eine 'Null Toleranz Politik' definiert", betont ein KAV-Sprecher.

Um diese Strategie fest in der Unternehmenskultur zu verankern, seien in allen Häusern Sicherheitsboards installiert worden, die sich laufend mit allen Aspekten des Themas beschäftigen. Diese entscheiden auch, ob, wo und wieviele klassische Securities oder Objektschutzmaßnahmen zum Einsatz kommen, entschieden wir das individuell für jedes Spital. Zudem gebe es ein zentrales Sicherheitsboard, in dem alle KAV-weiten Aktivitäten zentral gesteuert werden.

Die Dokumentation von Aggressions- und Gewaltereignissen sei zwar eine wichtige Grundlage für die Entwicklung konkreter Maßnahmen, es gehe dabei aber nicht in erster Linie um eine rein quantitative Erhebung, betont der KAV. Vielmehr diene diese dazu, die Abläufe der Ereignisse (also die Vorgeschichte, die Reaktionen der Beteiligten und die gesetzten Maßnahmen) zu erfassen. Daraus sollen dann geeignete Gegenmaßnahmen abgeleitet werden.

Nächste Mitarbeiter-Befragung im Februar

Etwa wie die seit 2004 laufenden Deeskalationsschulungen für KAV-Mitarbeiter. "Nach einem 'Train the Trainer'-Prinzip bilden wir in allen Häusern die Schulungsleiterinnen und –leiter aus, die ihr Wissen an ihren Standorten weitergeben. Jährlich werden rund 2.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschult. Ganz wesentlich dabei ist, dass diese Schulungen allen Berufsgruppen offen stehen", heißt es beim KAV.

Wie weit das gegen einen Anstieg der Übergriffe hilft, könnte sich schon bald zeigen. Denn für Februar plant der KAV eine weitere Vollerhebung aller Aggressions- und Gewaltereignisse für den laufenden Monat.