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Keine Brüste nach Krebs: "Flach sein, ist in Ordnung"

Nach ihrer Krebserkrankung ließ sich Marie-Claire Pieber-Trentelman beide Brüste entfernen und entschied sich bewusst gegen einen Wiederaufbau.

Amra Duric
Marie-Claire zeigt sich stolz "oben ohne". Die 39-Jährige wirbt nach ihrer Krebserkrankung für Entstigmatisierung von Mastektomien.
Marie-Claire zeigt sich stolz "oben ohne". Die 39-Jährige wirbt nach ihrer Krebserkrankung für Entstigmatisierung von Mastektomien.
privat

Oben ohne zeigt sich Marie-Claire nicht nur im Urlaub oder Freibad, sondern auch in den sozialen Medien. Doch nicht ohne Bikini-Oberteil, sondern ohne Brüste ist die Steirerin zu sehen. Nach ihrer Krebserkrankung setzt sich die 39-Jährige für eine Entstigmatisierung von Mastektomien ein – und gründete vor Kurzem "Flat Sisters – Oben ohne", eine eigene Gruppe auf Facebook.

2019 wurde Marie-Claire selbst zu einer Betroffenen. "Ich habe in meiner linken Brust etwas gespürt und bin zur Frauenärztin gegangen", erzählt sie im Gespräch mit "Heute". Bei der Untersuchung wurde ein knapp 10 Zentimeter großer, bösartiger Tumor, der sich unbemerkt in die Brust der 39-Jährigen gefressen hatte, entdeckt.

Wie die "Simpsons"-Figur Dr. Wendy Sage, setzt sich auch Marie-Claire für Entstigmatisierung des Verlustes einer oder beider Brüste durch Krebs ein.
Wie die "Simpsons"-Figur Dr. Wendy Sage, setzt sich auch Marie-Claire für Entstigmatisierung des Verlustes einer oder beider Brüste durch Krebs ein.
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Krebs befiel Brustmuskel

Nur wenige Wochen später bekam die gebürtige Indonesierin ihre erste Chemotherapie. "Ende 2019 war der Tumor dann klein genug und konnte durch eine Operation entfernt werden. Der Krebs hatte auch meinen Brustmuskel befallen und musste ebenfalls entfernt werden." Weitere OPs sollten folgen.

"Man hätte mir dafür Muskeln aus dem Rücken nehmen müssen. Die OP wäre aufwendig gewesen und ich wollte auf Nummer sicher gehen."

Denn nach einem Gentest wurde festgestellt, dass Marie-Claire ein erhöhtes Brust- und Eierstockkrebs-Risiko hatte. "Ich habe mir nach der Mastektomie auch Eileiter und Gebärmutter entfernen lassen." Einen Wiederaufbau ihrer Brüste lehnte die damalige Lehrerin jedoch ab.

"Man hätte mir dafür Muskeln aus dem Rücken nehmen müssen. Die OP wäre aufwendig gewesen und ich wollte auf Nummer sicher gehen", erklärt die Mutter ihre Entscheidung und betont: "Ich definiere mich nicht über meine Brüste. Weiblich zu sein hat mit der Ausstrahlung und nicht mit dem Aussehen zu tun."

"Ich weiß, dass ich damit anecke…"

Von ihrem Umfeld wurde die Steirerin bei ihrer Entscheidung unterstützt. "Niemand hat gesagt: Du schaust nicht aus wie eine Frau." Auch mit ihrer zehnjährigen Tochter hat Marie-Claire immer offen über das Thema Brustentfernung gesprochen. "Sie ist damals gerade erst in die Schule gekommen und es ist für sie das Normalste auf der Welt, dass die Mama keine Brüste hat."

"Leute haben unter meine Fotos kommentiert, warum sie sich das ansehen müssen"

Für ihre Offenheit hat die Steirerin auch, wie könnte es anders sein, negative Kritik einstecken müssen. "Besonders online. Leute haben unter meine Fotos kommentiert, warum sie sich das ansehen müssen und ob es denn bald auch Männer ohne Hoden gibt. Die verstehen nicht, dass man sich als Krebsbetroffene nicht freiwillig die Brüste abschneidet."

Die Hasskommentare haben die 39-Jährige jedoch nicht davon abgehalten eine eigene Online-Community zu gründen. Mit der Facebook-Gruppe "Flat Sisters – Oben ohne" will Marie-Claire Betroffenen eine Plattform bieten und Akzeptanz schaffen. "Brustkrebs ist noch immer ein Tabuthema. Mastektomien sind noch immer ein Tabuthema. Ich weiß, dass ich damit anecke, aber so lange das nicht normalisiert wird, ist es notwendig. Ärzte sollten Betroffenen anbieten, dass sie auch flach bleiben dürfen. Flach sein, ist in Ordnung."

Tattoos statt Narben

Was laut der 39-Jährigen ebenfalls in Ordnung ist: Trauern. "Die Akzeptanz muss nicht nur von außen, sondern auch von innen kommen. Ich durfte meinen Brüsten auch nachtrauern, schließlich habe ich sie 36 Jahre lang mit mir herumgetragen. Dann sind auch noch zwei riesige Narben da."

Die Narben hat Marie-Claire mittlerweile mit Tattoos verziert. "Online haben mich die Leute dafür zerrissen. Ich wollte einfach etwas Positives über den Narben haben. Gemeinsam mit dem Tattoostudio Peckstage in Graz habe ich einen Entwurf gemacht. Das Tattoo soll positive Kraft und einen Neustart ausdrücken. Natürlich habe ich das vorher mit einem Onkologen abgesprochen."

Auch künstlerisch setzt sich Marie-Claire mit ihrer Mastektomie auseinander.
Auch künstlerisch setzt sich Marie-Claire mit ihrer Mastektomie auseinander.
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"Flat Sisters" treffen sich online

Einen Neuanfang wagte die 39-Jährige auch beruflich. "Ich liebte meinen Job als Lehrerin, aber nach der Erkrankung hatte ich leider nicht mehr genügend Kraft für den Beruf." Über ihre damalige medizinische Masseurin fand Marie-Claire eine neue Berufung, für die sie ebenfalls Feuer und Flamme ist. "Ich arbeite jetzt selbst als medizinische Masseurin mit Krebsbetroffenen."

Zusätzlich setzt sich die Künstlerin und Musikerin auch als Österreich-Botschafterin in der Initiative "Stand Tall Aesthetic Flat Closure (AFC)" für die Entstigmatisierung von Mastektomien nach einer Krebserkrankung ein. In Graz leitet Marie-Claire die Selbsthilfegruppe "Zauberfrauen", die einmal im Monat in den Räumlichkeiten der Frauenbrustkrebshilfe Graz stattfindet. 

Meetings halten auch die "Flat Sisters" ab. "Am 29. Oktober findet um 18 Uhr das erste Online-Meeting der Facebook-Gruppe statt", freut sich Marie-Claire. 

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