Ich habe keine Erwartungen an meine Frau, so kann ich auch nicht enttäuscht werden, trägt L. seine neue Gelassenheit vor sich her. Wenn er bisher konkrete Vorstellungen und Wünsche hatte, lief es meistens doch ganz anders. Um keine bösen Überraschungen mehr zu erleben, flüchtet er sich jetzt in antrainierten Gleichmut. Er schaltet auf Durchzug und wird immer abgeklärter. Seine Gefühle simmern auf Sparflamme. Das gibt ihm kurzfristig zwar ein Gefühl von Überlegenheit und Kontrolle. Große Liebeshöhen erklimmt er damit aber keine mehr, seine Partnerin ebensowenig. Der Versuch, zenbuddhistisch durch die Beziehung zu gleiten, erstickt nämlich jegliche Emotion im Keim. Die Folge: Man wird sich irgendwann egal. Wozu dann das Ganze überhaupt?
Im Umkehrschluss heißt das aber auch nicht, eine/r für alles zu werden und jegliches Bedürfnis des Anderen abzudecken. Das ist unmöglich und führt unweigerlich zur Überforderung. Nedra Glover Tawwab, US-Psychotherapeutin und Autorin von "Grenzen machen uns frei", rät deshalb: "Nehmen Sie Ihrem Partner den Druck und suchen Sie sich lieber mehr Freunde." Die Erfüllung bringt nicht der Einzelne. Es sind mehrere, liebevolle Beziehungen zu Familie, Freunden und Partnern, die uns ganz machen.
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