Anders als man vermuten würde, haben Kamele in Europa eine lange Tradition, die bis in die Zeit des antiken Roms zurückreicht. Selbst im Mittelalter hatten Kamele noch ihren fixen Stellenwert - darauf weist eine aktuelle italienisch-französische Studie unter Beteiligung der Veterinärmedizinischen Universität Wien hin.
Aus Sicht der Wissenschafter spricht einiges dafür, dass Kamele in Europa in nicht allzu ferner Zukunft ein Comeback feiern könnten. Vor allem vor dem Hintergrund des Klimawandels und wegen ihrer Anpassungsfähigkeit an trockene Bedingungen.
Hinzu kommen ihre hervorragenden Eigenschaften als Nutztiere etwa zur Milchgewinnung. Derzeit leben rund 6.000 "Wüstenschiffe" in Europa.
Auch in Österreich gibt es Kamele: In Eitental (Waldviertel) lockt die 1. Österreichische Kamelreitschule mit Reit-Angeboten und Workshops. "Einzigartige Erlebnisse" am Rücken von Trampeltieren verspricht die Kamelfarm Pongratz in Würflach (NÖ). Auch in Feldkirchen an der Donau (OÖ) wird Kamelreiten angeboten.
An den Anblick von "Neuweltkamelen" wie Lamas und Alpakas habe man sich angesichts zahlreicher Zuchtbetriebe hierzulande bereits gewöhnt. Dagegen sieht man die einhöckrigen Dromedare und die zweihöckrigen Trampeltiere, die den Stamm der "Altweltkamele" bilden, in Europa nur selten.
Nach der Domestizierung des Dromedars in Arabien und des Trampeltiers in Zentralasien wurden die beiden Arten weit verbreitet und dienten als Pack-, Zug- und Reittiere. Zudem wurden ihr Fleisch und ihre Milch genutzt, schreibt ein Team um Forscherin Elena Ciani von der Universität Bari (Italien) im Fachjournal "Applied Sciences".
Zur Zeit des Römischen Reiches begann ihre Nutzung in Europa. Aufgrund ihrer größeren Geschwindigkeit und besseren Ausdauer im Vergleich zu Pferden wurden sie zunächst in die römische Armee aufgenommen, spielten bald aber auch eine Rolle in der kaiserlichen Logistik und als Symbol für Reichtum und sozialen Status.
Entsprechend wurden Überreste von Dromedaren und Trampeltieren bei Ausgrabungen römischer Stätten in ganz Mittel- und Südosteuropa gefunden - darunter in Österreich, Frankreich, Belgien, Deutschland, Italien, England, Ungarn und der Schweiz.
Auch im frühmittelalterlichen Europa waren Kamele von Bedeutung. Sie wurden weiterhin als Lasttiere verwendet, aber auch im Kontext religiöser und adeliger Zeremonien sowie in öffentlichen Demütigungsritualen.
"Auf dem europäischen Festland wurden Kamele trotz ihrer historischen Bedeutung Ende des 15. Jahrhunderts selten und kamen ab der Renaissance hauptsächlich in exotischen Sammlungen der Aristokratie vor", so die Forscher.
Aus Sicht der Forscher spricht einiges dafür, dass Kamele in Europa ein Comeback feiern könnten. "Der Klimawandel und die zunehmende Wüstenbildung in Europa dürften dazu führen, dass die Anpassungsfähigkeit der Kamele an trockene Umgebungen sowie ihre besonderen Verhaltensmerkmale, ihre Milch und ihre funktionellen Eigenschaften zunehmend geschätzt werden", schreibt das Forschungsteam.
Diese Entwicklung zeichne sich bereits seit einiger Zeit ab. So habe in den vergangenen drei Jahrzehnten die Kamelzucht in Westeuropa eine Renaissance erlebt, mit den Schwerpunkten auf Tourismus und Milchproduktion.
Spezielle Milchhöfe entstanden angesichts der Nachfrage nach Kamelmilch in Europa in mehreren Ländern wie Spanien, Frankreich, Schweiz, Deutschland, Polen, Schweden und Niederlande.