Politik

"Kriegsverbrechen" – Kanzler droht offen Präsident Puti

Bundeskanzler Nehammer und Außenminister Schallenberg bezogen zur aktuellen Lage in der Ukraine Stellung. Es war ein emotionales Statement.

Leo Stempfl
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Bundeskanzler Karl Nehammer und Außenminister Alexander Schallenberg gaben ein Update zur Lage in der Ukraine (Archivbild).
Bundeskanzler Karl Nehammer und Außenminister Alexander Schallenberg gaben ein Update zur Lage in der Ukraine (Archivbild).
Michael Gruber (im Auftrag des BMEIA)

Die Ukraine ist nach wie vor unter heftigem Beschuss, mittlerweile soll sich auch Weißrussland der Invasion angeschlossen haben. Beinahe stündlich gibt es Berichte über zivile Opfer und Raketeneinschläge in Wohnblocks, mehrere Großstädte scheinen von russischen Truppen umzingelt.

Währenddessen hielt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eine emotionale Rede vor dem EU-Parlament. Dort hat man offiziell die Verhandlungen zu einem EU-Beitritt der Ukraine in Aussicht gestellt, darüber abgestimmt werden soll um 16.30 Uhr.

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Vor diesem Hintergrund und zu der aktuellen Lage in der Ukraine gaben Bundeskanzler Karl Nehammer und Außenminister Alexander Schallenberg um 15 Uhr ein Pressestatement.

Russischer Botschafter wird zitiert

"Die Situation in der Ukraine spitzt sich dramatisch zu", so Nehammer einleitend. Charkiw wird massiv beschossen, davon betroffen sind auch zivile Einrichtungen. Der Kanzler zeigt sich beeindruckt von der Bereitschaft der Bevölkerung, um ihr Land zu kämpfen. Sichere Fluchtkorridore gebe es nicht, ebenso wenig sichere Routen für Hilfsleistungen.

Nehammer hat deswegen Außenminister und Vizekanzler beauftragt, den russischen Botschafter zu zitieren. Russland müsse sicherstellen, dass sichere Korridore gebildet werden, um humanitäre Hilfe leisten zu können. Die Versorgung Kiews mit Lebensmitteln und Medikamenten reiche nur mehr ein paar Tage, habe der Bürgermeister gesagt.

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    Pressestatement von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) zur Lage in der Ukraine am 1. März 2022.
    Pressestatement von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) zur Lage in der Ukraine am 1. März 2022.
    BENEDIKT LOEBELL / APA / picturedesk.com

    Putin voll verantwortlich

    "Wir werden den russischen Präsidenten, die russische Föderation voll verantwortlich machen, wenn österreichische Staatsbürger zu Schaden kommen." Selbes gilt bei der Aufklärung von Kriegsverbrechen und jenen gegen die Menschlichkeit.

    Dem ukrainischen Botschafter gegenüber wurde seitens der Regierung zugesichert, besonders vulnerable Personen nach Österreich zu eskortieren. Nehammer ist überzeugt, dass die Mehrheit der Russen diesen Krieg nicht mitträgt. "Eine Waffenruhe ist jetzt gebotener denn je."

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      Nach ukrainischen Medienberichten ist es in der Nacht zu Mittwoch zu Gefechten mit der russischen Armee gekommen. In Charkiw, der zweitgrößten Stadt des Landes, haben russische Soldaten ein Krankenhaus angegriffen, meldete die Agentur Unian.
      Nach ukrainischen Medienberichten ist es in der Nacht zu Mittwoch zu Gefechten mit der russischen Armee gekommen. In Charkiw, der zweitgrößten Stadt des Landes, haben russische Soldaten ein Krankenhaus angegriffen, meldete die Agentur Unian.
      SERGEY BOBOK / AFP / picturedesk.com

      "Keinerlei Rechtfertigung"

      Schallenberg bestätigt die Zitierung des russischen Botschafters. "Für den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine gibt es keinerlei Rechtfertigung." Russland zerstöre gerade mutwillig die gemeinsame europäische Sicherheitsordnung. "Sie werden zur Rechenschaft gezogen."

      Russland müsse den vollen Zugang humanitärer Hilfe garantieren. "Wenn Zivilisten zu Schaden kommen, wird das der russischen Führung angelastet werden."

      Kriegsverbrechen

      Auf Nachfrage erläutert Nehammer, dass es haufenweise Bildmaterial von Kriegsverbrechen gebe, die auch laufend an den Internationalen Gerichtshof in Den Haag übermittelt werden. Die Ringe um die Städte schließen sich immer mehr, die Versorgung wird immer schwieriger. "In unserem Europa – unfassbar, dass das wieder passiert.

      Schallenberg weist darauf hin, dass der Frieden in dem Moment wiederhergestellt ist, in dem Russland seine Panzer und Soldaten wieder zurück in die Kasernen zieht. 89 Personen sind nach wie vor im Land, die meisten davon aber auf eigenen Wunsch. Die Botschaft ist nicht geschlossen, sondern in den Westen verlegt worden. Braucht jemand einen Zufluchtsort in Kiew, steht das dortige Botschaftsgebäude zur Verfügung.

      Über ein Szenario, in dem Kiew fällt, will Nehammer überhaupt nicht nachdenken. Das gebiete der Respekt vor den kämpfenden Ukrainern. Den emotionalen Wunsch eines EU-Beitritts kann der Kanzler nachvollziehen. Diese Frage sei aber nicht das geeignete Mittel in der aktuellen Situation. "Beitrittsverhandlungen sind ein unendlich langwieriger und komplexer Prozess." Die rasche Hilfe habe nun Vorrang.

      Schallenberg ergänzt, dass man Präsident Selenskyj keinesfalls übergehen werde, eine andere Regierung als die demokratisch gewählte werde man nicht akzeptieren.