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Lehrerin beflegelt Wiener Schüler wegen kranker Mutter

Weil seine Mama zur Risikogruppe gehört, lernte ein Wiener Schüler zu Hause. Seine Lehrerin nahm dies persönlich und verpasste ihm eine Betragensnote.

Marlene Postl
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Eine Pädagogin schickte einem 16-Jährigen eine seitenlange Wut-Message. (Symbolbild rechts, "Heute"-Montage)
Eine Pädagogin schickte einem 16-Jährigen eine seitenlange Wut-Message. (Symbolbild rechts, "Heute"-Montage)
privat / zVg

Das Zeugnis von Elias M. (Name von der "Heute"-Redaktion geändert) ist das eines Musterschülers. Er hat in jedem Fach nur Einser oder Zweier, und das in einer Schulstufe, in der viele Teenager gerade ihre rebellische Phase durchlaufen. Der einzige Schandfleck im Jahresabschlusszeugnis: Ein "Wenig zufriedenstellend" in "Betragen". 

Diese Note kassierte der 16-Jährige allerdings nicht, weil er im Unterricht unangenehm auffiel. Offenbar war man an der Schule der Meinung, Elias habe zu viele Fehlstunden verbucht. Seine Mutter berichtet indes gegenüber "Heute", ihr Sohn habe aber brav zu Hause mitgelernt und alle Aufgaben erledigt. Der Grund für sein Fehlen war die Erkrankung seiner Mutter. 

Mutter gehört zur Risikogruppe, hatte Angst vor Ansteckung

Elias' Mutter gehört nämlich zur Corona-Risikogruppe. Aus Angst, er könnte sich in der Schule anstecken und das Virus mit nach Hause bringen, behielt sie ihren Sohn zu Hause und entschuldigte ihn mit einem Attest ihres Arztes (das Attest liegt "Heute" vor). Familie und Schule schienen sich nicht einigen zu können: Obwohl es im Lockdown funktionieren musste, dass Schüler im Fernunterricht lernen, war dies in Elias' Fall plötzlich ein Riesenproblem. 

Seine Lehrerin nahm das Fernbleiben des Schülers wohl übel. Dass die Situation mit der Corona-Pandemie und einer Mutter in der Risikogruppe für einen 16-Jährigen schon schwer genug ist, war ihr egal – sie schickte dem 16-Jährigen ein missmutiges E-Mail. Weil er bei einer Schularbeit nicht anwesend war, machte die Pädagogin ihrem Ärger Luft: "Deine Mutter erlaubt es nicht: Vielleicht bist du noch nicht geimpft, oder der Impfschutz nach Meinung deiner Mutter noch nicht hoch genug. Falls du (den Termin für eine Feststellungsprüfung) nicht wahrnimmst, wirst du dieses Jahr nicht mit einem Zeugnis abschließen können. Welche Möglichkeiten gibt es dann noch? Ich weiß es nicht? Das Virus wird nicht so schnell verschwinden." 

Lehrerin fühlte sich persönlich angegriffen 

Die Vorwürfe an einen Minderjährigen wegen den Entscheidungen, die seine Erziehungsberechtigte für ihn traf, genügten der Lehrerin nicht. Sie hob den Streit in weiterer Folge auf eine persönliche Ebene mit dem Teenager. Abschließend schrieb sie in ihrer E-Mail: "Nun zu uns beiden: Ich bin sehr verärgert, dass du der Schularbeit einfach ferngeblieben bist, ohne mich vorher zu informieren. Was ist das für eine Art des Umgangs? Vielleicht solltest du einen schnellen Schritt in Richtung erwachsen werden machen." 

"Fangen wir eventuell damit an, dass du nicht jede Konversation, die ich führe, ungefiltert an deine Mutter weitergibst"

"Wenn deine Mutter mit mir sprechen möchte, die weitere Kommunikation läuft über uns beide (sic), so wie ich es mit allen meinen Oberstufenschülern halte." Die Pädagogin schien tunlichst darauf bedacht, Elias Mutter aus der Kommunikation auszuklammern. Sie versicherte zwar, E-Mails der Erziehungsberechtigten zu beantworten, wollte aber auch hier den 16-Jährigen mit einbeziehen. 

Bildungsdirektion überprüft den Fall 

Von der Schule war für eine "Heute"-Anfrage noch niemand erreichbar. Vonseiten der Bildungsdirektion berichtet ein Sprecher: "Wir nehmen den Fall ernst und gehen dem nach. Wir können auf jeden Fall eine kritische Überprüfung garantieren." Ob die schlechte Note in Elias' Zeugnis bleibt, ist unklar.