Wien

Lehrernotstand: "Pro Monat wird eine Schule entleert"

An den Schulen gebe es keinen Personalmangel, sondern einen akuten Notstand, warnt die ÖVP Wien. Sie fordert neben einem Runden Tisch auch Anreize.

Louis Kraft
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Der zunehmende Lehrernotstand macht der ÖVP  Sorgen. Von der Stadt fordern (v.l.n.r.) ÖVP-Bildungssprecher Harald Zierfuß, ÖVP Wien-Chef Stadtrat Karl Mahrer und Lehrervertreter Thomas Krebs nun Anreize für Lehrer in Wien zu bleiben sowie einen Runden Tisch zur Lösungssuche.
Der zunehmende Lehrernotstand macht der ÖVP  Sorgen. Von der Stadt fordern (v.l.n.r.) ÖVP-Bildungssprecher Harald Zierfuß, ÖVP Wien-Chef Stadtrat Karl Mahrer und Lehrervertreter Thomas Krebs nun Anreize für Lehrer in Wien zu bleiben sowie einen Runden Tisch zur Lösungssuche.
ÖVP Wien

Seit Jahren beklagen Standesvertreter den zunehmenden Lehrermangel in den Wiener Pflichtschulen. Durch die Coronapandemie und die Überbelastung zwischen Präsenzunterricht, Schulschließungen und Home Schooling ist die Zufriedenheit vieler Pädagogen weiter gesunken. 

Immer mehr Lehrer geben auf: 13 Kündigungen in neun Tagen

Die Folge: Immer mehr Pflichtschullehrer kündigen ihren Job. "Alleine von 10. bis 18. Jänner lösten 13 Kollegen ihren Dienstvertrag auf", erklärte am Donnerstag der oberste Personalvertreter an den Wiener Pflichtschulen, Thomas Krebs (Fraktion der Christgewerkschafter). Gehe es das weiter, so werde "pro Monat eine große Schule entleert", warnt er. Durch den akuten Personalmangel könnten etwa Deutschförderklassen nicht mehr besetzt werden, da die Lehrer für die Erfüllung der grundlegenden Tätigkeiten in den Klassen benötigt werden, so Krebs.

In einem gemeinsamen Pressegespräch (aufgrund der steigenden Omikronzahlen fand dieses via Zoom-Meeting statt) legten Krebs, ÖVP Wien-Chef Karl Mahrer und der türkise Bildungssprecher Harald Zierfuß ihre Gründe für den Lehrernotstand in Wien dar und forderten von der Stadt rasche Maßnahmen.

ÖVP sieht Überlastung, Sprachprobleme und Gewalt als Grund

Man könne angesichts der Kündigungswelle nicht mehr von einem Personalmangel sprechen, das sei ein echter Personalnotstand. "Immer mehr Lehrer wollen nicht mehr in Wien arbeiten. An einem Spitzentag kündigten gleich zehn Pädagogen ihren Dienstvertrag", so Mahrer.

Dass die Gründe der Lehrer, Wien zu verlassen und in anderen Bundesländer zu wechseln (die größten Konkurrenten sind aufgrund der Nähe Niederösterreich und das Bundesland), seitens der Stadt nicht erheben werden, sorgt bei der ÖVP Wien für harsche Kritik. Daher kündigen die Stadt-Türkisen für den kommenden Gemeinderat am 26. Jänner einen Antrag an. Darin wird der Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) zu einer Beauftragung einer Bedarfsanalyse aufgefordert, die eben diese Kündigungsgründe erfassen soll.

Zudem übermittelten die Stadt-Türkisen ein Prüfansuchen an den Stadtrechnungshof, der die Vergabe der Lehrerplanstellen in Wien unter die Lupe nehmen soll, wir haben berichtet.

Die ÖVP hat aber ihre Vermutungen, warum so viele Pflichtschullehrer hinschmeißen. "In Wien ist die quantitative Belastung für Lehrer am größten. Im Durchschnitt sind die Klassen in Wien um 3,3 Kinder größer als etwa in Niederösterreich. Dazu kommen noch erhebliche Sprachprobleme. 58,5 Prozent aller Wiener Volksschüler haben Deutsch nicht als Umgangssprache. In Margareten sind es sogar 88 Prozent, in der Brigittenau 84 Prozent". erklärt Mahrer. Dazu kämen Probleme bei der Integration und der Gewalt an Schulen.

22,8% der Wiener Lehrer pendeln, Parkpickerl als zusätzliche Hürde

Dadurch würden sich viele Pädagogen von anderen Bundesländern angezogen fühlen, die ebenfalls händeringend nach Pflichtschullehrern suchen und wo die Probleme deutlich geringer ausfallen. Dazu komme, dass mit 22,8 Prozent fast ein Viertel aller Wiener Pflichtschuler nach Wien einpendeln müssen. Die Einführung des flächendeckenden Parkpickerls in Wien ohne Ausnahme für die Lehrer, werde den Personalnotstand noch weiter verstärken, befürchtet die ÖVP Wien.

Das bestätigt auch eine Sonderpädagogin, die anonym zum Pressegespräch zugeschalten war. Sie arbeite in einer Schule am Stadtrand Wiens, die Öffis seien hier schlecht ausgebaut. Gerade im Wiener käme es oft zu Zugverspätungen oder Ausfällen, daher sei sie auf das Auto angewiesen. In Wien parken darf sie ab 1. März mit ihrem Hauptwohnsitz in  Niederösterreich dann nicht mehr.

Sonderpädagogin aus NÖ: "Wollen Parkpickerl kaufen können"

"Mit dem Auto fahre ich rund 30 Minuten bis in die Schule, mit den Öffis etwa die dreifache Zeit". Angesichts dieses Zeitverlustes, der auf Folgen auf die subjektive Lebensqualität der Lehrer hat, würde es sie nicht wundern, wenn sich zwischen März und Juli weitere Pädagogen für eine Kündigung in Wien entschließen würden. Und das würde sich schmerzlich bemerkbar machen, denn "alleine in meiner Schule haben 40 Prozent der Lehrer den Hauptwohnsitz in Niederösterreich". Sie fordert nun eine Parkpickerl-Ausnahme für die Lehrer und stellt klar: "Wir wollen nichts geschenkt bekommen, wir wollen nur die Möglichkeit, das Parkpickerl kaufen zu können". Doch ebendas hat die Stadt bisher kategorisch ausgeschlossen, wir haben berichtet.

ÖVP fordert Runden Tisch für rasche Lösung

Angesichts der Problematik, die durch steigende Schülerzahlen und einer mittelfristig bevorstehenden Pensionierungswelle (ein Drittel aller Wiener Pflichtschullehrer sind über 50 Jahre alt, Anm.) noch verstärkt wird, fordert Mahrer von Bildungsstadtrat Wiederkehr nun einen Runden Tisch. Daran sollen alle Betroffenen (also vor allem die Lehrergewerkschaften) und die Bildungssprecher der im Wiener Gemeinderat vertretenen Parteien teilnehmen.

"Jetzt ist keine für Schuldzuweisungen", so Mahrer. Die Bitte an Studenten und pensionierte Pädagogen als Sonderlehrer einzuspringen, könne keine langfristige Lösung sein. "Wir als ÖVP Wien haben viele konstruktive Vorschläge", ist Mahrer überzeugt. Besprochen werden sollen beim dem Runden Tisch, den sich Mahrer auch als fixe "Dialogplattform" vorstellen kann, auch Anreize, wie das Unterrichten in den Wiener Pflichtschulen für die Pädagogen attraktiv bleibe bzw. wieder werde.

"Die Zeit drängt", stellt Mahrer klar. Denn schon vor Corona hätten rund 80% der Pflichtschüler nicht oder nur teilweise die Bildungsstandards in Deutsch und Mathematik erreicht. Durch den Notstand an den Schulen werde das nur noch schlimmer. 

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