Tabuthema Mädchengewalt

Leonie von Mädchen am Klo erniedrigt: "Leck Boden ab!"

Immer mehr Mädchen greifen zu physischer und psychischer Gewalt. Auch Leonie wurde mit 12 Jahren erniedrigt und geschlagen.
Wien Heute
02.09.2025, 22:45
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Meldungen zu Gewalt unter Jugendlichen finden sich tagtäglich in den Medien. Doch die Vorfälle beschränken sich schon lange nicht mehr nur auf Burschen, auch immer mehr Mädchen schlagen zu – in der Schule oder im eigenen Freundes- und Bekanntenkreis. Die Taten werden oft gefilmt und anschließend in den sozialen Medien verbreitet.

Die TV-Sender Puls 4 und Joyn widmen sich daher am Mittwoch einen ganzen Tag lang diesem brisanten Thema. Chefreporterin Magdalena Punz spricht in der Reportage "Tabuthema Mädchengewalt" (22.45 Uhr) mit Opfern, Täterinnen und Experten. So berichtet etwa Leonie (14) von einem Übergriff einer Mädchenbande.

Puls4 widmet sich einen ganzen Tag lang dem Thema "Mädchengewalt".
Puls4
„Sag, du bist meine Königin. Ich verehre dich! Ich werde nie wieder etwas über dich sagen! Und jetzt leck Boden ab“
Täterinzu Gewalt-Opfer Leonie

Vor zwei Jahren – mit damals 12 – wurde Leonie von anderen Mädchen in ein Grazer Einkaufszentrum gelockt und in ein Behinderten-WC gezerrt. Leonie wurde erniedrigt, geschlagen und dabei mit dem Handy gefilmt – Ausschnitte daraus werden in der Reportage gezeigt: "Sag, du bist meine Königin. Ich verehre dich! Ich werde nie wieder etwas über dich sagen! Und jetzt leck Boden ab!", ist eine der Täterinnen darauf zu hören.

Leonie tut, wie ihr befohlen wurde: "Ich hab' angefangen zu zittern, wusste nicht, was ich machen soll. Sie haben gesagt, ich soll mich entscheiden – zwischen einem Entschuldigungsvideo oder sie stecken meinen Kopf ins Klo, bis ich keine Luft mehr kriege", berichtet die heute 14-Jährige.

Aus Angst nicht zur Polizei

Dann kommt ein Mädchen auf Leonie zu und schlägt sie mit voller Wucht ins Gesicht: "Seitdem knackst mein Kiefer, wenn ich esse – und es ist ein bisschen verschoben", erzählt Leonie. Der Grund für den Übergriff: "Eines der Mädchen kannte ich schon länger, es gab ein paar Streitereien zwischen uns. Sie hatte einen Ex, auf den ich halt stand. Dann hat der Ex ihr Gerüchte erzählt – schlimme Dinge – und sie wollte sich bei mir rächen."

Weil Leonie von den Mädchen bedroht wird, erzählt sie niemanden von dem Vorfall: "Ich hatte Angst. Ich hab gedacht, die machen mir was richtig Schlimmes. Die haben gedroht, wenn ich zur Polizei oder zu meinem Vater gehe, dass ganz Graz mich suchen wird."

„Es ist richtig krass, dieses Adrenalin, wenn du jemand anderen schlägst“
Ex-GewalttäterinDunja (16)

Drei Monate später landet das Video des Übergriffs im Internet. Eine Freundin Leonies zeigt es schließlich dem Vater, er erstattet Anzeige bei der Polizei. Zwei Täterinnen landen vor Gericht: Jene, die Leonie zum Lecken aufgefordert hat, erhält drei Monate Haft, jene, die sie geschlagen hat, eine Diversion.

Beim Übergriff dabei – wenngleich auch nur als Zuschauerin – war Dunja (16). Die Grazerin hat bereits mehrfache Erfahrung als Gewalttäterin: "Ich hab' Mädchen geschlagen, das hat mich geprägt. Du denkst gar nicht nach, du bist einfach so abgefuckt von dieser Person und du willst cool sein in der Gruppe und dann schlägst du einfach zu. Es ist richtig krass, dieses Adrenalin, wenn du jemand anderen schlägst. Aber andererseits, wenn ein Mädchen geschlagen wird, das deine Freundin ist, dann ist es nochmal richtig heftig", erklärt sie in der Reportage.

Mädchen immer klares Opfer im Visier

Mittlerweile hat sich die 16-Jährige Hilfe geholt und lehnt Gewalt ab: "Ich hab's gut geschafft. Ich weiß, dass es falsch war, dass man für alles eine andere Lösung findet. Damals bei Leonie hätte ich etwas tun können. Ich bin heute richtig schockiert – es ist so ekelhaft und erniedrigend, den Boden ablecken zu müssen. Aber, wenn die Gruppe stressgeil ist, dann willst du natürlich dabei sein, einfach cool sein."

Im Jahr 2024 wurden 6.510 Anzeigen gegen Straftäterinnen zwischen 14 und 18 Jahren erstattet. Die Top 3 waren Diebstahl, Körperverletzung und Sachbeschädigung. Laut Susanne Pekler, Leiterin beim Verein Neustart in der Steiermark, gibt es allerdings nur "wenige krasse Fälle": "Was mir auffällt ist, dass die Mädchen bei Gewaltdelikten eigentlich immer ein klares Opfer haben, mit dem sie eine Geschichte haben. Sie wollen sich für eine Demütigung rächen oder sozusagen zurückschlagen, weil ihnen etwas getan wurde, oder sie wollen sich in der Gruppe beweisen."

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 03.09.2025, 11:46, 02.09.2025, 22:45
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