Gesundheit

Experte: So schadet Deutsch-Pflicht unseren Kindern

An den Schulen in Niederösterreich soll in der Pause nur noch Deutsch gesprochen werden. Das sorgt für reichlich Kritik – auch unter Psychiatern.

Christine Scharfetter
ÖGKJP-Vizepräsident Paul Plener sieht in der Deutsch-Plicht Probleme auf mehreren Seiten.
ÖGKJP-Vizepräsident Paul Plener sieht in der Deutsch-Plicht Probleme auf mehreren Seiten.
"Heute"-Montage: Med. Universität Wien, istock

Die schwarz-blaue Landesregierung in Niederösterreich sorgt schon wieder für Zündstoff: Laut dem Arbeitsübereinkommen von ÖVP und FPÖ soll die Deutsch-Plicht "zur Verbesserung der Deutschkenntnisse" auch außerhalb des Unterrichts, sprich in den Pausen gelten. Umgesetzt werden soll dieses "etwa durch die bewusste Entscheidung der Schulen, Deutsch als Pausensprache in der Hausordnung festzulegen".

Ein Plan, mit dem die schwarz-blaue Regierung vor Jahren an Bedenken des Bundeskanzleramts-Verfassungsdienstes in Oberösterreich gescheitert ist. Doch einmal abgesehen von den formalen Hürden, kommt nun auch ein Aufschrei der Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (ÖGKJP).

Kindern werde dadurch vermittelt, dass die Sprache, die zuhaue und in ihrem Umfeld gesprochen wird, nicht akzeptiert wird. Die eigene Muttersprache, die einen wesentlicher Teil der Kultur darstellt, werde durch diesen Schritt sozusagen zur zweiten Wahl abqualifiziert, was einen Einfluss auf die Wahrnehmung der eigenen Rolle in der Gesellschaft und die Wertigkeit der eigenen Kultur nehme.

Verschärft Gruppenbildung

"Integration gelingt nur dann, wenn ich mir meines eigenen kulturellen Hintergrunds bewusst bin, den ich dann in eine Gesellschaft einbringe. Durch diesen Schritt wird der Erwerb dieser Sicherheit gestört", sagt ÖGKJP-Vizepräsident Paul Plener, Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Wiener AKHs, dazu gegenüber "Heute"

Außerdem werde dadurch Kindern, die noch nicht gut deutsch sprechen können, die Möglichkeit genommen, sich zu verständigen. "Wenn Sie mit anderen in ihrer Muttersprache sprechen wollen, müssen sie das heimlich tun, das verschärft die Gruppenbildung nur noch mehr." Es entstehe das Gefühl des "Wir" und die "Anderen".

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    Missachtung der Kinderrechte

    Doch damit noch nicht genug. Eine Deutsch-Pflicht in den Pausen habe auch negative Auswirkungen auf Schülerinnen und Schüler, die mit Deutsch als Muttersprache aufwachsen: "Sprache entwickelt sich immer weiter. Gerade die österreichische Sprache ist zum Glück reich an Ausdrücken aus anderen Kulturen. Auch Kinder, die deutschsprachig sind, profitieren vom Verständnis der Struktur und Vokabel anderer Sprachen, die Schlüssel zu anderen Kulturen sind", so Plener.

    Die ÖGKJP sehe in diesem Schritt sogar eine Missachtung der Kinderrechte, die in der niederösterreichischen Landespolitik in den letzten Jahren gerade im Bereich des Umgangs mit Kindern und Jugendlichen aus anderen Kulturen bereits mehrfach missachtet worden wären.

    Man hoffe, dass Lehrerinnen und Lehrer diese Forderung im Sinne der Schulautonomie vollkommen ignorieren würden. Die Bildungspolitik sei aufgefordert die Schule nicht zum Spielplatz politischer Ideen werden zu lassen, erklärt die ÖGKJP.