Gesundheit

Warum diese Frau permanent den Mittelfinger zeigt

Seit einer Wirbelsäulen-OP zeigt Lauren Wagner allen "den Stinkefinger". Sie nimmt es mit Humor, denn sie wäre fast im Rollstuhl gelandet. 

Sabine Primes
Lauren Wagner (Bild) hat von ihren sechs Operationen einen Nervenschäden zurückbehalten. Deshalb steht ihr Mittelfinger nonstop nach oben.
Lauren Wagner (Bild) hat von ihren sechs Operationen einen Nervenschäden zurückbehalten. Deshalb steht ihr Mittelfinger nonstop nach oben.

Lauren Wagner dachte zunächst, sie hätte starke Rückenschmerzen, nachdem sie während der COVID-19-Pandemie zum Home Office übergegangen war. Aber die Ursache der Schmerzen war in Wirklichkeit eine große Masse an ihrer Wirbelsäule – und die hinterließ bei ihr ein merkwürdiges Symptom. Die junge Kanadierin, die zum Zeitpunkt ihrer Diagnose 26 Jahre alt war, entdeckte den Tumor, als sie "nur noch wenige Wochen davon entfernt war, dauerhaft gelähmt zu sein." Jetzt, drei Jahre und sechs Wirbelsäulenoperationen später, lebt die heute 29-Jährige mit einer dauerhaften Handbehinderung. Ihr Mittelfinger steht immer gerade nach oben. 

Diagnose: Riesenzelltumor

Ihre Diagnose: Riesenzelltumor. "Dieser seltene, aggressive Knochentumor tritt nur bei einem von einer Million Menschen auf, und nur selten an der oberen Wirbelsäule, wo sich meiner befand", schrieb Wagner in einem Instagram-Post anlässlich des Tages der Seltenen Krankheit im vergangenen Monat. Riesenzelltumore sind seltene, aggressive Tumore, die gutartig sind. Die genaue Ursache für diese Tumore ist unbekannt. "Ich bin froh, dass ich diese seltene Diagnose erhalten habe, denn sie war eine Antwort auf meine unerträglichen Rückenschmerzen. Ich bin durch alle meine Wirbelsäulenoperationen und die Schwere meiner Nervenschäden handbehindert. Aber ich bin tumorfrei, und das ist das Wichtigste."

Alles begann mit Rückenschmerzen

Als Wagner im März 2020 erstmals Rückenschmerzen hatte, verglich sie diese mit dem Sitzen und der Arbeit am Computer zu Hause. Aber im Juni waren die Schmerzen "ziemlich ernst" geworden. "Ich hätte gerne geglaubt, dass meine Rückenschmerzen daher rührten, dass mein Arbeitsplatz nicht ergonomisch war, aber es war tatsächlich eines der schlimmsten Szenarien für mich", sagte Wagner in einem ihrer Videos auf TikTok. "Was ich für Rückenschmerzen hielt, hat mein Leben für immer verändert", schrieb sie in einem Overlay-Text zu dem Video.

Der Riesenzelltumor ist ein sehr seltener und prinzipiell gutartiger Tumor des Weichteilgewebes oder des Knochens, der aber lokal aggressiv wächst. Er tritt häufig bei jungen Erwachsenen zwischen 20 und 40 Jahren auf, Frauen sind häufiger betroffen. 
Der Tumor entwickelt sich meist in der Nähe eines Gelenks am Ende des Knochens. Diese Art von Tumor findet sich häufig im Knie, kann aber auch die Knochen der Arme, Beine oder flache Knochen wie das Brustbein oder das Becken umfassen. In Wagners Fall befand sich ihr Tumor an der oberen Wirbelsäule – was ihn seltener macht.
Der Grund, warum sich diese Art von Tumoren entwickeln, ist unbekannt. Falls ein Tumor nicht chirurgisch entfernt werden kann, kann er manchmal durch Strahlentherapie zerstört werden. Und obwohl der Tumor entfernt wird, ist es möglich, dass er zurückkehrt. Daher sind Nachuntersuchungen bei Ihrem Arzt sehr zu empfehlen

Bei drei Ärzten abgeblitzt

Nachdem sie drei Ärzte aufgesucht hatte, von denen jeder ihre Rückenschmerzen als unbedeutend abtat, suchte Wagner einen Chiropraktiker auf, laut dem ihre Symptome "schlimmer seien als bei Menschen, die in schwere Autounfälle verwickelt waren." Im August 2020 stellten die Ärzte nach einer MRT-Untersuchung dann den Riesenzelltumor fest. "Mein Tumor wuchs sehr schnell, und er wuchs direkt in mein Rückenmark. Deshalb war es gut, dass sie ihn gefunden haben", erklärte die junge Frau. "Aber ich wünschte, er wäre noch früher entdeckt worden, denn er wuchs so schnell, dass er viele meiner Nerven beschädigte. Aufgrund von Komplikationen habe ich jetzt eine dauerhafte Behinderung der Hand."

60 Stunden auf dem OP-Tisch

Ursprünglich dachte Wagner, dass sie nicht nur drei Wochen im Krankenhaus sein würde, als sie ihre Reise zur Tumorbekämpfung begann, aber es dauerte insgesamt acht Monate. "Ich dachte, es würde nur eine komplexe Operation werden, aber es waren sechs. Ich konnte nicht mehr schlucken, sprechen und meine Arme und Hände nicht mehr benutzen. Ich kämpfte mit vielen Infektionen, die meine Lunge, meinen Magen und meine Wirbelsäule angriffen", schrieb sie auf Instagram. "Meine Operationen haben bei mir Nervenschäden und Schwäche in den Händen hinterlassen, was einige Aufgaben unmöglich macht. Ursprünglich wurde mir gesagt, dass ich in einem Jahr wieder gesund sein würde, aber das ist nicht eingetreten. Wenn überhaupt, habe ich gelernt, dass die Genesung nicht linear verläuft und man keinen Zeitplan aufstellen kann."

Wagner wurde insgesamt 60 Stunden lang operiert. "Meine Hände sind immer noch beschädigt, und es sieht so aus, als würde ich die Leute ständig beschimpfen. Aber ich versuche, das Ganze mit Humor zu nehmen und positiv zu sehen, dass ich durch die Hölle und zurück gegangen bin und überlebt habe."

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