Politik

"Geht um Österreich, nicht um mich" – Kurz tritt ab

Seit Mittwoch ist Sebastian Kurz in einen Chat-Skandal verwickelt. Am Samstagabend zog er die Konsequenzen und trat als Bundeskanzler zurück. 

Michael Rauhofer-Redl
Teilen
Am Samstagabend (09. Oktober 2021) trat Bundeskanzler Sebastian Kurz von seinem Amt zurück.
Am Samstagabend (09. Oktober 2021) trat Bundeskanzler Sebastian Kurz von seinem Amt zurück.
GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com

Aus und vorbei! Am Samstagabend wurde bekannt, dass Sebastian Kurz dem Widerstand nachgegeben hat und sein Amt als Bundeskanzler zur Verfügung stellen wird. Nach der Veröffentlichung von Chatnachrichten, die dem Bundeskanzler und Teilen seines näheren Umfelds Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue, der Bestechung und der Bestechlichkeit einbrachen, zog Sebastian Kurz die Konsequenzen. Was schon zuvor kolportiert wurde, wird am Samstagabend, kurz nach 19.30 Uhr Gewissheit. 

Seine politische Laufbahn ist mit diesem Schritt allerdings noch nicht beendet. Denn Kurz macht "nur" einen Schritt zur Seite, wird künftig wohl als Klub- und Parteichef der ÖVP fungieren. Seine politische Laufbahn begann in Wien, auf die Bundesebene zog es Kurz früh. Bereits von 2011 bis 2013 war er Staatssekretär für Integration. Von 2013 bis 2017 war er Außenminister, ehe er 2017 erstmals ins Kanzleramt einzog. Nach einem Misstrauensantrag im Mai 2019 infolge von "Ibiza" musste Kurz vorübergehend aus dem Kanzleramt ausscheiden, ehe er bei der Nationalratswahl erneut einen Wahlsieg einfahren konnte. 

Gekämpft bis zum Schluss

Bis zuletzt versuchte Kurz seine Kanzlerschaft zu retten. Noch vor 24 Stunden war er fest entschlossen, weitermachen zu wollen. Doch mit dem heutigen Schritt kommt er einem erneuten Misstrauensvotum zuvor. Dass dieser am Dienstag durchgegangen wäre, steht außer Zweifel. Denn auch von Seiten des Koalitionspartners hatte Kurz keine Unterstützung mehr. 

Das Statement zum Nachsehen in voller Länge

Um kurz nach 19.30 Uhr wurde es dann offiziell, trat der Kanzler vor die breite Öffentlichkeit.

Er habe immer versucht, seinen Beitrag für Österreich zu leisten, erklärte er zu Beginn seiner Ausführungen. Dabei seien vor allem die vergangenen eineinhalb Jahren fordernd gewesen. Seit einigen Tagen gebe es "falsche" strafrechtlich relevante Vorwürfe gegen ihn. Er sei sicher belegen zu können, dass sie falsch sind. Dabei kritisierte er auch den Koaltionspartner, der seinen Rückzug forciere. 

Die angesprochenen Nachrichten seien Jahre alt, aus der Emotion verfasst worden und würde er so nicht mehr formulieren. 

Aktuell gebe es einen "Patt" in der Koalition. Es sei unverantwortlich, die Regierungsverantwortung einer Vierer-Koalition zu übergeben, die von "Herbert Kickls Gnade" abhängig sei. "In dieser schwierigen Zeit sollte es nie um persönliche Interessen oder Parteitaktik gehen, denn mein Land ist mir wichtiger, als meine Person". "Um Chaos zu verhindern und Stabilität zu gewährleisten" habe er dem Bundespräsidenten Außenminister Alexander Schallenberg als neuen Bundeskanzler vorgeschlagen, so Kurz. 

Er selbst werde als Parteichef und Klubobmann in den Nationalrat zurückkehren. Dieser Schritt sei kein leichter, erklärte er. "Aber es geht nicht um mich, es geht um Österreich. Es geht um Sie alle, meine Damen und Herren. Sie haben es sich verdient, dass sich die Politik nicht um sich, sondern um die Menschen kümmert", schloss der Kanzler sein Statement. 

    Bundeskanzler Sebastian Kurz wie ihn heute (fast) niemand mehr kennt.  Seit diesem Bild 2010 – da war er noch Bundesobmann der JVP und zog gerade in den Wiener Gemeinderat ein – legte er einen kometenhaften Aufstieg hin.
    Bundeskanzler Sebastian Kurz wie ihn heute (fast) niemand mehr kennt. Seit diesem Bild 2010 – da war er noch Bundesobmann der JVP und zog gerade in den Wiener Gemeinderat ein – legte er einen kometenhaften Aufstieg hin.
    imago stock&people
    ;