Oberösterreich

"Lohnraub, Ausbeutung" – darum fehlen Jobs in Gastro

Gastronomie und Tourismus suchen händeringend nach Mitarbeitern. Jetzt liefert eine Studie die Gründe für den extremen Personalmangel.

Tobias Prietzel
Die AK sieht sich durch eine Uni-Studie bestätigt: Sie pocht auf neue Strategien in Gastronomie und Hotellerie.
Die AK sieht sich durch eine Uni-Studie bestätigt: Sie pocht auf neue Strategien in Gastronomie und Hotellerie.
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Fehlende Arbeitskräfte beschäftigen Wirte und Hotelbetreiber seit Jahren. Corona hat die Misere noch einmal verschärft: Unzählige Beschäftigte kehrten der Branche den Rücken und sahen sich nach Alternativen um.

In der äußerst angespannt Situation werde meistens die Perspektive der Firmenchefs beleuchtet, so die Arbeiterkammer Oberösterreich. "Uns war es wichtig, den Beschäftigten eine Stimme zu geben und ihre Arbeitsrealitäten wissenschaftlich zu beleuchten", erklärt Präsident Andreas Stangl.

Die AK hat eine umfassende Studie angeregt und gefördert. Sie fühlt sich durch die nun vorliegenden Ergebnisse bestätigt: Der Arbeitskräftemangel sei demnach selbst verschuldet.

Die Gründe dafür, dass betroffene Mitarbeiter einen neuen Job suchen, liegen für die Arbeiterkammer auf der Hand: Sie erwähnt schlechte Arbeitsbedingungen, enormen Zeit- und Arbeitsdruck, Einkommen, von denen man nicht leben könne, und das Missachten arbeitsrechtlicher Bestimmungen.

Die Statistik der AK-Rechtsberatung bestätige "die massiven Probleme": Von 2013 bis 2020 haben demnach jeweils rund 15 Prozent aller abgeschlossenen Rechtsakte die Gastronomie und Hotellerie betroffen.

Strukturelle Probleme, keine Einzelfälle
Das Institut für Soziologie an der Uni Wien hat 32 Beschäftigte und ehemalige Mitarbeiter zu ihrer Sicht des Fachkräftemangels befragt.
In den Aussagen tauchen laut AK immer wieder die selben Probleme auf: etwa Lohnraub, Ausbeutung, Perspektivenlosigkeit, extreme Ausmaße an Überstunden.

Die Arbeiterkammer zitiert eine Auszubildende der Branche: "Ich glaube, das Längste, was ich gearbeitet habe, war bis um 6 Uhr in der Früh. Dann habe ich irgendwie nach Hause fahren müssen, mich kurz umziehen müssen, eine Stunde geschlafen. Und dann habe ich schon wieder zum Bus zurück in die Arbeit müssen."

"Das Längste, was ich gearbeitet habe, war bis um 6 Uhr. Dann habe ich irgendwie nach Hause fahren und mich kurz umziehen müssen, eine Stunde geschlafen. Dann habe ich wieder in die Arbeit müssen." Schilderung einer Auszubildenden

Perspektiven für Beschäftigte gefordert

Für AK-Präsident Stangl zeigt die Studie, wie dringend es Strategien brauche, um den Beschäftigten Perspektiven für den Verbleib in der Branche zu bieten. "Denn es geht nicht nur darum, Mitarbeiter zu gewinnen, sondern auch darum, diese zu halten."

Das beste Mittel dafür sei zweifellos die Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Wie umfassend diese sein muss, werde in der Studie deutlich, so Stangl. Er fordert eine bessere Entlohnung, faire, gesunde und zufriedenhaltende Arbeitsbedingungen, Entwicklungsmöglichkeiten sowie längerfristige Perspektiven für die Beschäftigten.

"Es müssen jene Gastronomen und Hoteliers bestärkt werden, die korrekt und respektvoll mit ihren Mitarbeitern umgehen", sagt der oberösterreichische Arbeiterkammer-Chef.

Wirtschaftskammer ortet Verunglimpfung

Kritik an den Studien-Ergebnissen kommt von der Wirtschaftskammer. Bundesspartenobmann Robert Seeber: "Es drängt sich der Verdacht auf, dass hier einmal mehr mit geradezu abenteuerlichen Methoden die gesamte Gastronomie und Hotellerie pauschal in Verruf gebracht werden soll." Die Erhebung sei keinesfalls repräsentativ.

Einzelne Negativbeispiele könnten keine Aussagekraft für eine ganze Branche haben, so Seeber. "Fakt ist, dass viele Betriebe bereits auf innovative Arbeitszeitmodelle setzen sowie gute Entlohnung und weitere Benefits bieten, um Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten."

Mitarbeiter fehlen, Altenheime machen dicht

Auch in der Pflege-Branche ist die Lage seit Jahren mehr als angespannt. In Wels nehmen jetzt zwei Altenheime keine Bewohner mehr auf, weil das dringend benötigte Personal fehlt.

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