Politik

Darum sterben Arme früher als Reiche

Heute Redaktion
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Laut einer aktuellen Berechnung sterben arme Menschen 10 Jahre früher als der Rest der Bevölkerung. Dafür gibt es mehrere Gründe, wie Martin Schenk von der Armutskonferenz erklärt.

Es sind alarmierende Zahlen, welche die Statistik Austria im Zuge einer durchgeführte Sonderauswertung der EU-Sozialstudie SILC erhoben hat.

Demnach sterben armutsbetroffene Menschen um mehr als zehn Jahre früher als der Rest der Bevölkerung. Bei Obdachlosen macht der Unterschied sogar 20 Jahre aus - "Heute.at" berichtete.

In Österreich sind derzeit laut Statistik Austria 1,5 Millionen Menschen von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdet. Damit sind jene Menschen gemeint, die ihre notwendigen Grundbedürfnisse nicht mehr erfüllen können und ein Einkommen unter 1.238 Euro (bei Einzelpersonen) haben.

Darum sterben arme Menschen früher

Doch warum sterben Personen, die "manifest arm" sind, früher als der Rest der Bevölkerung? "Heute.at" wollte es genau wissen und hat mit Martin Schenk von der Armutskonferenz über dieses Thema gesprochen.

Laut Schenk gibt es vier Ursachen für ein höheres Krankheits- und Sterberisiko Ärmerer. "Neben der gesundheitlichen Belastung und den Bewältigungsressourcen spielen auch die gesundheitliche Versorgung und Unterschiede im Gesundheits- und Krankheitshandeln eine Rolle", erklärt Schenk im Interview mit "Heute.at".

So würden zu gesundheitlichen Belastungen etwa soziale Exklusion (Anm. Ausschluss), Distress (wie Leistungsdruck) oder auch chemische und physikalische Belastungen (z.B.: in der Arbeit) gehören. Unter Bewältigungsressourcen fallen Selbstbewusstsein, Bildung, Einkommen, soziale Netzwerke oder auch Erholung.

Auch bei der gesundheitliche Versorgung gibt es laut Schenk große Unterschiede. Hier geht es um die Qualität und Gesundheitsförderlichkeit von Prävention, Kuration, Pflege und Rehabilitation. Auch Themen wie Bewegung, Wohnung und Ernährung dürfen dabei nicht unterschätzt werden.

"Man kann einen Menschen mit einer feuchten Wohnung genauso töten wie mit einer Axt"

Denn: "Man kann einen Menschen mit einer feuchten Wohnung genauso töten wie mit einer Axt." Stress durch finanziellen Druck und schlechte Wohnverhältnisse gehe zudem Hand in Hand mit einem geschwächten Krisenmanagement, und das "hängt unmittelbar mit mangelnder Inanspruchnahme von Gesundheitsdiensten und einem ungesunden Lebensstil zusammen".

Noch gravierender sieht die Situation bei jenen Personen aus, die kein Dach über dem Kopf haben. Laut aktuellen Zahlen sterben Wohnungslose nämlich bereits 20 Jahre früher. "Männer werden schneller obdachlos als Frauen", so Schenk. Frauen würden demnach eher länger zu Hause bleiben als Männer und auch schneller medizinische Hilfe in Anspruch nehmen.

Anstieg bei Kinderarmut

Auch bei den Zahlen bei den von Armut betroffenen Kindern schrillen die Alarmglocken. Denn hier ist die Zahl ebenfalls deutlich gestiegen. So waren im Jahr 2016 257.000 Kinder armutsgefährdet, ein Jahr später waren es 324.000 (Anm. für 2018 liegen noch keine Zahlen vor). Diese Kinder haben unter anderem keine gute Schulbildung und leben in einer schlechten Wohnungssituation.

"Armutsgefährdete Kinder haben nicht genügend Geld für einen Schreibtisch, auch ihre Gesundheit ist oft viel schlechter als bei anderen Kindern", erklärt Martin Schenk. Ein Problem, das es schon seit mehreren Jahren gibt und offenbar nur schwer in den Griff zu bekommen ist.

Lösungsvorschläge

Doch wie kann man verhindern, dass die Armut in Österreich immer weiter steigt? "Wir brauchen eine Offensive für leistbares Wohnen", stellt Martin Schenk klar. Viele armutsgefährdete Menschen würden in Wohnungen leben, die regelrecht von Schimmel durchzogen sind. "Das wirkt sich natürlich auch auf die Gesundheit aus. Die Betroffenen können sich aber oft eine notwendige Beseitigung nicht leisten", so Schenk weiter.

Auch gute Bildung sei ein wichtiger Punkt, wie man die Armut in Österreich in den Griff bekommen könn(t)e. Schenk: "Hier braucht es Förderungen, damit Menschen besser ausgebildet sind und so Zugang zu Jobs bekommen, von denen sie leben können".

Daneben sichern auch Pensionsversicherungen, Kranken- und Arbeitslosenversicherung, geförderte Mietwohnungen und öffentliche Schulen den Lebensstandard und verhindern so, dass man gerade in unsicheren Zeiten "nach unten" abrutscht. (A.Wilding)

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