Neue Schau im Belvedere

Messerschmidt in Wien: "Das hat sich nicht geschickt"

Franz Xaver Messerschmidts rätselhafte "Charakterköpfe" im Belvedere zeigen ein neues Menschenbild und spiegeln Umbrüche des 18. Jahrhunderts.
Heute Entertainment
31.10.2025, 06:00
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Mit seinen "Charakterköpfen" sorgt der Künstler Franz Xaver Messerschmidt seit Jahrzehnten für Aufsehen. Seine Arbeiten werden ab 31. Oktober in "Franz Xaver Messerschmidt. Mehr als Charakterköpfe" im Unteren Belvedere gezeigt. Das Museum verfügt über den weltweit größten Bestand an Werken des Bildhauers.

Er zeigt sich nicht angemessen

Seine Porträts und Skulpturen zeigen ein völlig neues Bild vom Menschen – war es damals üblich, sich eher verhalten zu zeigen. "Wir sind ja in der Epoche des Klassizismus und da gab es Studienblätter, auf denen verschiedene Emotionen oder körperliche Regungen dargestellt wurden, die den Studenten, also damals waren es immer Männer, zum Kopieren vorgelegt wurden. Und dabei war eben wichtig, dass der Gesichtsausdruck nicht übertrieben wird. Das hat mit Ästhetik zu tun", erklärt die Kuratorin Katharina Lovecky, "es war der Anspruch, vor allem im Porträt, quasi das Ständige am Charakter zu zeigen und weniger das Flüchtige. Und Messerschmidt widersetzt sich genau dem. Er überschreitet da Grenzen".

Auch Kurator Georg Lechner stimmt zu: "Man kann das auch so sagen, das betrifft eben das Porträt, das Dokument der frühen Neuzeit. Es gibt Dinge, die schicken sich einfach nicht. Und das hat sich nicht geschickt. Und wenn wir sagen, in der Frühzeit, das sind prominente Persönlichkeiten, Herrscherinnen, Herrscher, dann eben auch große Gelehrte, und da zeigt man sich ernsthaft".

Er überschritt nicht alle Grenzen

Vor allem im 20. Jahrhundert wurde oft eine psychopathologische Sichtweise herangezogen, die den Blick auf die Köpfe aber stark verengt. Dabei wird oft übersehen, dass Messerschmidt mit seinen Werken direkt auf die Umbrüche seiner Zeit reagiert hat. Die Ausstellung will die "Charakterköpfe" im Zusammenhang mit dem damaligen Interesse an Mimik zeigen und als Phänomen des 18. Jahrhunderts erklären. Werke von Künstlern wie Joseph Ducreux, William Hogarth und Jakob Matthias Schmutzer zeigen, dass das Interesse am Gesicht und seinen Ausdrücken zu dieser Zeit weit verbreitet war.

An Frauen hat er sich aber nicht herangewagt: "Ganz interessant, eine Grenze, die Messerschmidt nicht überschreitet, ist, er stellt nie Frauen in dieser Position dar. Ich meine, bei den sogenannten Charakterköpfen ging er ja von seinem eigenen Gesicht aus. Das ist klar, so ein männliches Gesicht", erklärt Lovecky.

Auch wenn Messerschmidts Absichten nicht eindeutig sind, spiegeln seine "Charakterköpfe" zentrale Entwicklungen der Geistesgeschichte im 18. Jahrhundert wider. "So wie Messerschmidt, so radikal agiert eigentlich keiner", erklärt die Kuratorin.

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