Politik

Wer vom Mindestlohn profitieren würde

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner geht mit der Forderung nach 1.700 Euro Mindestlohn in den Wahlkampf. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Heute Redaktion
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Was fordert die SPÖ konkret?

Parteichefin Pamela Rendi-Wagner will einen österreichweiten Mindestlohn von 1.700 Euro brutto im Monat. Zudem sollen alle Einkommen bis zu dieser Summe von der Steuer befreit werden und der türkis-blaue Sozialversicherungsbonus früher kommen. Dieser sollte ab 2020 in Kraft treten und allen Arbeitnehmern eine Rückerstattung der Sozialversicherungsbeiträge bringen, die mehr als 450 Euro und weniger als 2.201 Euro monatlich verdient.

Wer profitiert?

"Davon profitieren nicht nur die Betroffenen, sondern auch die Wirtschaft", heißt es auf der SPÖ-Website zu der Maßnahme. Dem widerspricht Martin Kocher vom Institut für Höhere Studien (IHS) gegenüber dem "Standard". Je mehr Menschen diesen Mindestlohn erhalten würden, desto größer sei das Risiko eines Verlusts von Arbeitsplätzen. Eine Selbstbedienungskasse sei für einen Supermarkt in solch einem Szenario günstiger, als einen Mitarbeiter einzustellen. Allerdings könnte es auch zu gesteigerten Konsumausgaben kommen, weil die Menschen mehr Geld zur Verfügung hätten.

Wie hoch ist der Mindestlohn in Österreich derzeit?

Genau genommen gibt es in Österreich keinen gesetzlichen Mindestlohn. Die Höhe der Gehälter wird in der Regel durch die Verhandlungen der Sozialpartner – also Vertretern der Arbeitnehmer und -geber – festgelegt. Fast alle Angestellten in Österreich unterliegen den auf diesem Weg abgeschlossenen Kollektivverträgen. Allerdings erklärten sich die Sozialpartner im Jahr 2017 auf Bestreben der damaligen rot-schwarzen Koalition dazu bereit, keine Kollektivverträge unter 1.500 Monatsgehalt auf Vollzeitbasis abzuschließen.

Wie will die SPÖ den Mindestlohn dann durchsetzen?

Sie will ihn nicht im Gesetz verankern – einerseits würde das die Sozialpartner brüskieren, andererseits könnte eine andere Regierung den Mindestlohn später per Gesetz auch wieder absenken. Es soll nach dem SPÖ-Vorschlag lediglich eine "Empfehlung" an die Sozialpartner geben.

Und was ist mit der angedachten Steuerbefreiung?

Derzeit sind Jahreseinkommen bis 11.000 Euro in Österreich steuerfrei. Bei 1.700 Euro monatlich, also einem Bruttojahreseinkommen von 23.800 Euro, bezahlt man 1.215,84 Euro Lohnsteuer.

Wie ist die Lage im Rest Europas?

Laut dem Mindestlohnbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung stiegen Europas Mindestlöhne mit Jahresbeginn 2019 nach Abzug der Inflation um 2,7 Prozent. Auf den untersten Plätzen rangieren Moldawien und die Ukraine mit einem Stundenlohn von jeweils 0,78 Euro. Die drei Spitzenreiter sind Luxemburg (11,97 Euro), Frankreich (10,03 Euro) und die Niederlande (9,91 Euro) pro Stunde.

Arbeitest du in Vollzeit für weniger als 1.500 Euro monatlich? Schildere uns deine Situation in einer Mail an [email protected].