Gesundheit

Mit diesem Codewort findest du Hilfe bei Gewalt 

Opfer von Gewalt können sich mit einem speziellen Ausspruch im Spital unauffällig  Hilfe bei Gewalt oder Bedrohung holen. 

Sabine Primes
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Wenn Du von Gewalt oder Belästigung betroffen bist, wende Dich an eine Hilfsstelle. 
Wenn Du von Gewalt oder Belästigung betroffen bist, wende Dich an eine Hilfsstelle. 
Tirol Kliniken

29 Femizide wurden in diesem Jahr in Österreich begangen und auch die Lockdowns haben die Situation von häuslicher Gewalt verschärft. Die Gewaltschutzeinrichtungen des Landeskrankenhaus Innsbruck haben es sich daher zur Aufgabe gemacht, die Klinik als sicheren Ort in der Bevölkerung bekannt zu machen. Dazu wurde bereits am 1. August die Parole "Ich muss zu Dr. Viola!" ins Leben gerufen.

Dieser Satz hilft Betroffenen jeden Alters und Geschlechts, die sich akut bedroht fühlen und Schutz und Hilfe brauchen. Opfer häuslicher Gewalt haben oft Hemmungen, Unterstützung zu suchen. Dank diesem Codewort können Betroffene niederschwellig und einfach Hilfe bekommen. Alle Mitarbeiter am Areal der Klinik Innsbruck sind über den Notruf informiert und leiten alle notwendigen Schritte in die Wege, um der betroffenen Person zu helfen und sie vor allem in Sicherheit zu bringen. Falls die Betroffene in Begleitung ist, wird sie von der möglicherweise gefährdenden Person unter einem Vorwand getrennt, um frei sprechen zu können.

Ein Satz für alle

"Schon in der ersten Pandemiewelle begann die Opferschutzgruppe des Landeskrankenhauses mit einem Konzept, die Klinik als sicheren Ort in der Bevölkerung bekannt zu machen", erläutert Alexandra Kofler, Ärztliche Direktorin der Klinik Innsbruck. Der Satz "Ich muss zu Dr. Viola" gibt Betroffenen (Jugendlichen wie Erwachsenen) die Möglichkeit, selbst wenn sie nicht frei sprechen können oder wollen, einen Hilferuf abzusetzen.

"Entscheidend ist hier der niederschwellige Zugang", erklärt Andrea Hohenegger, leitende Diplompflegerin der Orthopädischen & Traumatologischen Ambulanz Innsbruck. Aus Erfahrung wisse man, dass die Angst vor Vorurteilen, davor nicht ernst genommen zu werden und selbst als Schuldige verurteilt zu werden, die größten Hemmschwellen sind, um Hilfe zu bitten. "Viola" funktioniert wie ein Codewort, das vom geschulten Personal der Klinik dechiffriert wird.

Bei Eintreffen wird jede Patientin und jeder Patient gefragt, ob jemand weiß, dass die Person hier ist, ob es jemand nicht wissen soll und ob die Person sich bedroht fühlt. Vor allem der letzte Satz hilft Patientinnen und Patienten, die zu Hause Gewalt erleben, sich dem Klinikpersonal anzuvertrauen. Insgesamt zwölf Mal haben Frauen und auch Männer diesen Notruf bis Anfang November am Areal der Innsbrucker Klinik ausgesprochen.

Du brauchst Hilfe?

Der 24-Stunden Frauennotruf ist täglich von 0 bis 24 Uhr (01/71719) erreichbar. Beraten werden Frauen und Mädchen ab 14 Jahren vertraulich, kostenlos und anonym. Die Schwerpunktthemen sind sexualisierte Gewalt, Beziehungsgewalt und psychische Gewalt wie Stalking. Auch der Frauenhaus-Notruf (05 77 22) ist rund um die Uhr besetzt.

Wieso Viola?

Wieso Dr. Viola? Vorrangig war bei der Auswahl eine leichte Aussprache des Namens für alle – auch für jene Personen, die nicht Deutsch als Muttersprache haben. Zudem lehnt sich "Viola" an Violence (Engl. "Gewalt", Anm.) an. Die Farbenlehre beschreibt Violett als Verbindung von Rot (Weiblich) und Blau (Männlich) zu einer gleichberechtigten neuen Farbe.

Notfallkarten 

Außerdem sollen in den Toilettenanlagen der großen Notfallambulanzen mehrsprachige Notfallkarten aufgelegt werden. Auf der Rückseite ist der Satz "Ich muss zu Dr. Viola" aufgedruckt. So sei ein Notruf trotz sprachlicher Schwierigkeiten möglich. Die Karte könne jedem Mitarbeiter am Areal gezeigt werden.

Bei sprachlichen Schwierigkeiten kann man sich mit dieser Karte ans Spitalspersonal wenden. 
Bei sprachlichen Schwierigkeiten kann man sich mit dieser Karte ans Spitalspersonal wenden. 
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Noch nicht in ganz Österreich etabliert

Erstaunlicherweise ist diese kostengünstige Form der Hilfe noch nicht österreichweit etabliert. Die Online-Plattform MOMENT fragte bei den Krankenhausträgern aller Bundesländer nach. Viele wussten gar nichts von dem wirksamen Code. Die Idee fand aber bei einigen Opferschutzgruppen der Krankenhäuser große Zustimmung. Finanzierung und Umsetzung werde in einigen Krankenhäusern geprüft. So könnte “Dr. Viola” bald in ganz Österreich Gewaltopfern im Krankenhaus helfen.