Politik

Mitterlehner: Chronologie eines absehbaren Abgangs

Lange schwelten vor allem zwischen den Regierungsparteien die politischen Konflikte. Im Mittelpunkt: Vizekanzler Mitterlehner.

Heute Redaktion
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Überraschend dürfte der Rücktritt von Vizekanzler und ÖVP-Parteichef Reinhold Mitterlehner für Beobachter nicht gekommen sein. Gerüchte dazu verbreiteten sich seit Tagen, doch schon davor stand Mitterlehner immer wieder im Mittelpunkt von Spekulationen. Eine Chronologie:

August 2014: Ex-Vizekanzler und ÖVP-Bundesparteiobmann Michael Spindelegger tritt zurück. Mitterlehner folgt ihm nach, Umfragen vor Spindeleggers Rücktritt zufolge wäre der Nachfolge-Favorit jedoch Sebastian Kurz gewesen.

November 2014: Brisante Meldungen machen die Runde, dass sich innerparteilich mehrere Personen gegen die Kür von Mitterlehner zum ÖVP-Chef gestellt hätten: Seniorenbund-Obmann Andreas Khol, Wirtschaftsbund-Präsident Christoph Leitl und Ex-Landeshauptmann Erwin Pröll hätten versucht, die Nominierung zu verzögern, weil sie ihn nicht für geeignet hielten.

Juni 2015: Nachwahlwehen in der Steiermark. Franz Voves (SP) sagt als Landeschef der Steiermark ade. Die ÖVP führt die neue große Koalition an, obwohl sie nur Zweiter bei der Wahl wurde. In der SPÖ ist man fassungslos, die Grünen sprechen gar von Erpressung der ÖVP, die der SPÖ mit einer FPÖ-Koalition gedroht haben soll. Ein Bruch, der sich bis auf die Bundesebene zu Mitterlehner zieht.

Oktober 2015: ÖVP-Spitzenkandidat Manfred Juraczka tritt zurück. Nur noch 9,2 Prozent wählten bei der Wiener Gemeinderatswahl die ÖVP. Das ist das schlechteste Wahlergebnis, das die schwarze Partei jemals eingefahren hat. Statt ihm kommt Generalsekretär Gernot Blümel - und Mitterlehner hat einmal mehr Sorgen um die Aufstellung der Partei.

Reinhold Mitterlehners Werdegang

April 2016: ÖVP-Personalrochaden, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner geht nach Niederösterreich, der dortige Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka übernimmt ihren Platz in Wien. In der ÖVP wird erstmals laut über einen möglichen Rücktritt von Mitterlehner nachgedacht. Schwarze Politiker kritisieren, dass in Wahrheit allein Erwin Pröll das politische Sagen habe und den Wechsel entschied, hieß es.

Mai 2016: Nach dem Rücktritt von Werner Faymann als Kanzler führt sein Stellvertreter, Mitterlehner, die Amtsgeschäfte vorübergehend fort. Mitterlehner wird dadurch zwar innerparteilich gestärkt, ist nun aber alleinige Zielfigur der Oppositionsparteien und von Teilen der SPÖ. Hinter vorgehaltener Hand wird spekuliert, ob Mitterlehner mit Faymann zurücktreten hätte sollen.

September 2016: Mitterlehner verliert mit Peter McDonald einen seiner engsten Vertrauten. Dieser gibt den Posten des ÖVP-Generalsekretärs ab. Sein Nachfolger wird der langjährige Nationalratsabgeordnete Werner Amon.

Jänner 2017: Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll zieht sich aus der Politik zurück und stellt sein Amt zur Verfügung. Mitterlehner verliert einen weiteren mächtigen Parteiverbündeten.

Februar 2017: Auch ÖVP-Urgestein Josef Pühringer dankt als oberösterreichischer Landeshauptmann ab. Mitterlehner verliert einen "verlässlichen Partner mit Handschlagqualität".

Mai 2017: Innenminister Wolfgang Sobotka (ebenfalls ÖVP) wirft Kanzler Christian Kern (SPÖ) Versagen vor, innerhalb der VP eskaliert der Streit. Mitterlehner droht offenbar mit "Konsequenzen", die ÖVP verneint einen möglichen Rücktritt. Kurz darauf kündigt Mitterlehner eine eilige Pressekonferenz an und gibt seinen Rücktritt bekannt. (red)