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US-Legionär Schöpf: "Messi wird sich auch schwer tun"

Lionel Messi kommt in die MLS. Alessandro Schöpf ist schon dort. Der ÖFB-Legionär verrät "Heute", was den Superstar erwartet.

Erich Elsigan
Alessandro Schöpf (l.) im Vancouver-Trikot
Alessandro Schöpf (l.) im Vancouver-Trikot
Imago

Alessandro Schöpf erzielte 2016 das Premieren-EM-Tor Österreichs aus dem Spiel heraus, 2021 stand er beim erstmaligen Achtelfinal-Einzug am Rasen. Doch dann wurde es ruhig um den bei den Bayern ausgebildeten Tiroler.

Der Mittelfeldmann stieg mit Schalke aus der deutschen Bundesliga ab, wechselte zu Bielefeld – und stieg wieder ab. Danach ging Schöpf in sich, wagte den kompletten Neustart in Vancouver

Im "Heute"-Interview spricht der 29-Jährige über sein erstes MLS-Jahr, über Superstar Lionel Messi, Ex-Teamchef Franco Foda und die ungewohnte Anonymität.

Herr Schöpf, Sie spielen in der selben Liga wie ein gewisser Lionel Messi. Was ging Ihnen durch den Kopf, als er bei Inter Miami unterschrieb?

"Ich glaube, dass die ganze Liga jetzt noch viel mehr Aufmerksamkeit genießen wird. Medial wird viel mehr berichtet werden. Messi ist vielleicht der beste Spieler, den es jemals gegeben hat. Dank ihm werden in Zukunft sicher noch mehr namhafte Spieler kommen. Wir sind in Amerika, hier sind die Möglichkeiten einfach unbegrenzt. Alles wird größer werden, der Fußball wird sich entwickeln."

Inter Miami ist Stockletzter. Ist Messi nicht zu gut für diesen Verein?

"Es hat natürlich einen gewissen Hintergrund, warum er ausgerechnet nach Miami geht. Und der hat nichts mit der Mannschaft zu tun. Messi wird auch dort und in der Liga herausragen, das war überall so. Trotzdem wird es für ihn jetzt anders sein. Er spielt in einem Team, das Letzter ist. Er wird sich auch mal schwer tun gegen Mannschaften. Vielleicht ist es nicht unbedingt sein Spiel. Er ist Ballbesitz und viele Offensivaktionen gewöhnt. Es wird interessant zu sehen, ob er sich wohl fühlt, ob er einschlägt, ob Miami plötzlich Spiel für Spiel gewinnt und aufholt. Fußball ist halt ein Mannschaftssport. Es ist schwer, wenn du in eine nicht funktionierende Mannschaft kommst. Ich bin gespannt."

Dominiert Messi die Fußball-Nachrichten?

"Auf jeden Fall. Es ist ein riesiges Thema, ein riesiger Deal für alle Werbepartner innerhalb der Liga. Die mussten ja zum Teil mithelfen, um sein Gehalt zu stemmen. Es ist etwas Großes."

Bitter aus Ihrer Sicht: Vancouver spielt heuer nicht gegen Inter Miami. Warum nicht?

"Ja, das ist bitter. Gegen Ronaldo und Neymar habe ich mit dem Nationalteam schon gespielt, da will ich natürlich auch mal gegen Messi spielen. Aber wer weiß, vielleicht ja nächste Saison."

Wovon hängt das ab?

"Man hat immer ein paar Spiele gegen Teams aus der anderen Conference, das wird gelost, da kann es gegen jeden gehen."

Herr Schöpf, Sie sind letzten Sommer von Bielefeld nach Vancouver übersiedelt. Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?

"Es ist tatsächlich so gekommen, wie ich es mir vorgestellt habe. Die Liga ist sehr aufstrebend, hat sich in den letzten drei, vier Jahren super entwickelt. Sie wird in Zukunft natürlich noch interessanter – mit all den namhaften Spielern, die jetzt kommen. Außerdem ist die Stadt Vancouver richtig schön. Meine Frau, mein acht Monate alter Sohn und ich fühlen uns richtig wohl. Zwei Hunde haben wir auch mit dabei."

Sie sind im besten Fußballer-Alter in die Major League Soccer gegangen. War es ein bewusster Schritt, Europa zu verlassen?

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    "Ich wollte eigentlich in der deutschen Bundesliga bleiben, es gab zu dem Zeitpunkt aber kein konkretes Angebot. Es gab Gespräche, aber die Klubs waren sehr zurückhaltend. Vancouver war allerdings sehr konkret. Panathinaikos Athen war auch ein Thema, die haben mir etwas Konkretes vorgelegt. Aber irgendwann musst du eine Entscheidung treffen. Meine Frau war hochschwanger. Ich habe immer gesagt, dass ich mal in der MLS spielen möchte, Amerika näher sehen möchte. Von dem her hat es dann ideal gepasst. Das Gesamtpaket war für uns das beste."

    In Europa bekommt man von der MLS noch relativ wenig mit. Genießen Sie es, nicht mehr im Rampenlicht zu stehen?

    "Wenn man es mit Österreich oder Deutschland vergleicht, geht es hier natürlich wesentlich ruhiger zu. Es gibt Sportarten, die hier viel größer sind als Fußball, das merkt man als Spieler auch. Ich genieße es schon, denn daheim mit dem Kleinen ist ohnehin einiges zu tun. Der Doppelpass zwischen Leben und Fußball funktioniert super. Natürlich vermisst man manchmal dieses enorme Nervenkitzeln, dieses Gefühl, dass es in jedem Spiel um etwas geht, die vollen Stadien und Medien. Aber viele Mannschaften hier haben auch schon gute Fans. Vom Zuschauerschnitt her ist die MLS schon besser als die italienische Serie A. Das ist nicht schlecht."

    Sie haben bereits einen Titel gewonnen, wurden "Canadian Champion". Was bedeutet das?

    "Genau, das hat mit der MLS aber nichts zu tun. Es ist quasi der kanadische Pokal. Wenn du den gewinnst, qualifizierst du dich für die CONCACAF-Champions-League. Es gibt ja drei kanadische Vereine in der MLS – uns, Montreal und Toronto. Einer aus dem Trio gewinnt gewöhnlich den Pokal. Aber man kennt das ja, man spielt dann auch mal auswärts gegen unterklassige Vereine, auf einem kleinen Kunstrasenplatz, das macht es ab und an nicht so einfach."

    Die USA und Kanada sind große Länder, Sie reisen dementsprechend weit. Wie gehen Sie damit um?

    "Vancouver spielt in der Western Conference, einige Partien haben wir gegen Mannschaften der Eastern Conference. Also wenn wir zum Beispiel nach New York oder Mimi müssen, ist es schon weit. Man fliegt trotzdem immer erst am Vortag hin. Das Problem ist, dass die Zeitumstellungen auch noch dazu kommen. Du fliegst fünf Stunden und hast noch drei, vier Stunden Zeitverschiebung, das ist schon extrem."

    Vergleiche sind schwer zu ziehen, aber: Könnte Vancouver in der deutschen Bundesliga mitspielen?

    "Ganz ehrlich, für die Bundesliga würde es nicht reichen, dort ist das Niveau schon besser. Ich habe selbst lange genug dort gespielt, um das einigermaßen einschätzen zu können. Ich würde Vancouver durchschnittliches Zweitliga-Niveau bescheinigen, ungefähr."

    Mit welchem Topstar würden Sie gerne in einer Mannschaft spielen, wenn Sie die Wahl hätten?

    "Mein Lieblingsspieler war immer Iniesta. Mittlerweile ist er in die Jahre gekommen, aber für mich ist er der beste Mittelfeldspieler, den es jemals gab."

    Thema Nationalteam: Bekommen Sie in Vancouver die EM-Quali mit?

    "Auf alle Fälle verfolge ich das, die Jungs sind mir ans Herz gewachsen über all die Jahre."

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      Österreichs Fußball-Team gegen Schweden.
      Österreichs Fußball-Team gegen Schweden.
      Reuters

      Wie gefällt Ihnen die Entwicklung unter Ralf Rangnick?

      "Gerade der letzte Lehrgang war sehr positiv. Es war wichtig, so in die Quali zu starten. Jetzt haben wir zehn Punkte aus vier Spielen, es schaut sehr gut aus. Ich drücke die Daumen und schau aus der Ferne zu."

      Sie waren zuletzt im März 2022 unter Franco Foda dabei. Ihm wurde oft seine defensive, unspektakuläre Spielweise angelastet. Wie haben Sie das als Spieler empfunden, wäre da mehr gegangen?

      "Defensiv? Sehe ich gar nicht so. Wir hatten oft mehr Ballbesitz und mehr Chancen als der Gegner. Aber die Balance zwischen Angriff und Verteidigung hat gefehlt, weil wir hinten ziemlich anfällig waren für Gegentore. Ich kann aber wirklich nichts Schlechtes über Franco Foda sagen. Ich bin ihm sehr dankbar, dass ich immer dabei sein durfte. Für mich ist er ein super Trainer. Wir haben versucht, das umzusetzen, was er verlangt hat. Aber im Fußball entscheiden eben oft Kleinigkeiten. Da greifen manchmal Dinge nicht ineinander, sind ein paar nicht in Topform. Man sieht es jetzt bei Deutschland. Die haben weltweit gesehen einen Top-Drei-Kader, aber es läuft momentan einfach nicht. Es ist unerklärlich. Oft reicht es, Kleinigkeiten zu ändern – manchmal muss man den Trainer wechseln. Das lässt sich nicht pauschal sagen."

      Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus? Gibt es ein Comeback in Europa?

      "Ich bin komplett offen für alles. Ich mache das, worauf wir Lust haben. Ich will auf jeden Fall diese Saison zu Ende bringen, dann habe ich noch ein Jahr Vertrag. Und dann schaue ich, wie es kommt."

      Was vermissen Sie an Europa und Österreich?

      "Natürlich die Familie, das ist es aber auch schon. Ich hätte gerne, dass meine Eltern und meine Schwiegereltern den Kleinen öfter sehen und in der Nähe sind. Denn für meine Frau ist es schon viel Arbeit mit Kind und zwei Hunden. Es wäre gut, jemanden in der Umgebung zu haben, der einem manchmal unter die Arme greift. So sind wir immer zu zweit in unserem Alltag. Es ist anstrengend, aber es macht uns Spaß."

      Die Fußball-WM 2026 steigt in Kanada, den USA und Mexiko. Merkt man davon schon etwas?

      "Es wird ab und zu darüber geredet, aber dadurch, dass es noch ein paar Jahre dauert, ist es noch nicht so präsent. Ich denke aber, das wird richtig cool für alle."

      Mit Alessandro Schöpf im Nationalteam?

      "Ich versuche es. Hoffentlich wird auch auf meine Leistungen geschaut. Am Ende entscheiden die Trainer. Ich bin jederzeit erreichbar, auch wenn ich weit weg bin. Es würde mich extrem freuen, die Jungs wieder zu sehen."