USA

Nach fälschlicher Abschiebung – Verfassungskrise droht

Ein Mann wurde zu Unrecht abgeschoben. Ein Gericht ordnete an, ihn zurückzuholen. Sollte sich Trump dem widersetzen, droht eine Verfassungskrise.
20 Minuten
15.04.2025, 11:30

Was ist passiert?

Der 29-jährige Kilmar Ábrego García wurde im März fälschlicherweise von den USA nach El Salvador abgeschoben. Ein Gericht in Maryland hatte die US-Regierung um Donald Trump Anfang März verpflichtet, Ábrego García zurückzuholen. Die Abschiebung sei rechtswidrig erfolgt. Das bestätigte auch der Oberste Gerichtshof und ordnete an, die Rückführung zu "bewirken".

Die Formulierung scheint jedoch genug Spielraum gelassen zu haben, dass vorerst nichts weiter getan wurde. Die US-Richterin Paula Xinis forderte deshalb tägliche Berichte von der US-Regierung, welche Schritte konkret unternommen werden, um den Mann zurückzuholen.

Die Trump-Administration räumte ein, dass es sich bei der Abschiebung um einen "Verwaltungsfehler" handelte; was genau passierte, wurde bisher aber nicht offengelegt. Selbst der Anwalt der US-Regierung habe von den anderen beteiligten Stellen keine Auskunft darüber erhalten, wie er vor dem Obersten Gerichtshof sagte. Er wurde mittlerweile suspendiert.

Die Sprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, sagte vergangenen Freitag während einer Pressekonferenz dennoch, dass das Urteil des Obersten Gerichtshofs von der Regierung lediglich verlange, die Rückkehr von Ábrego García zu erleichtern – nicht, sie selbst umzusetzen.

Darf sich Donald Trump den Gerichten widersetzen?

In den USA und in den sozialen Netzwerken fragen sich nun viele: Darf der Präsident das Urteil des Obersten Gerichtshofs ignorieren? Laut Krista Nadakavukaren, Vizedirektorin des Schweizerischen Instituts für Rechtsvergleichung, lautet die Antwort: Nein. "Der Präsident darf Gerichtsentscheide nicht einfach ignorieren", sagt sie. Das scheint auch Donald Trump zu wissen. Er habe bereits gesagt, dass er den Anordnungen des Obersten Gerichtshofs Folge leisten wird. Damit hat er laut Nadakavukaren die Gewaltenteilung zumindest verbal anerkannt, was für das rechtsstaatliche System in den USA wichtig sei. Gleichzeitig habe er damit teilweise seiner Pressesprecherin widersprochen.

Was sind die möglichen Folgen?

Dennoch wäre es möglich, dass sich Trump der Anordnung widersetzt. Träfe das ein, würde dadurch eine Verfassungskrise ausgelöst, erklärt Nadakavukaren weiter. Bereits zweimal in der US-Geschichte haben Präsidenten gerichtliche Entscheidungen ignoriert – 1832 und 1861. Konsequenzen für die Präsidenten gab es damals in beiden Fällen keine.

Auch im aktuellen Fall müsste Donald Trump wohl kaum Konsequenzen fürchten. "Die einzige Möglichkeit wäre ein Amtsenthebungsverfahren." Doch ein solches "Impeachment" setzt die Unterstützung einer Mehrheit im US-Kongress voraus – ein Szenario, das derzeit als äußerst unwahrscheinlich gilt. Denn: Sowohl das Repräsentantenhaus als auch der Senat haben eine republikanische Mehrheit. Ansonsten gilt: "Der Präsident hat Immunität und kann somit nicht strafrechtlich verfolgt werden." Dieser Schutz endet jedoch gemeinsam mit der Amtszeit.

Andere Mitglieder der Regierung könnten hingegen wegen "contempt of court" – also wegen Missachtung des Gerichts – zur Verantwortung gezogen werden, falls sie den Gerichtsentscheid nicht befolgen. Denn in der Regel ist der Präsident nicht allein für die Umsetzung oder Nicht-Umsetzung von Urteilen verantwortlich. Die Ausführung liegt oft bei Behörden oder Ministerien. In solchen Fällen können die Gerichte eine Geldstrafe und theoretisch sogar eine Haftstrafe von bis zu zwei Jahren verhängen. "Ob solche Maßnahmen im aktuellen Fall zur Anwendung kommen könnten, ist aber unklar."

Wer ist schuld, wenn der fälschlich abgeschobene Mann zu Schaden kommt?

Während in den USA das juristische Tauziehen weitergeht, sitzt Kilmar Ábrego García in einem Mega-Gefängnis in El Salvador. Am Wochenende ließ die US-Regierung verlauten, dass er "am Leben und in Sicherheit" sei. Würde er aber zu Schaden kommen – wenn er beispielsweise in Haft verletzt wird –, wäre laut Völkerrecht El Salvador verantwortlich, erklärt Nadakavukaren. "Die Familie von Ábrego García könnte jedoch die US-Regierung auf Schadenersatz für die emotionale Belastung verklagen."

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