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Nach VfGH-Urteil: Grüne teilen gegen ÖVP aus

Heute Redaktion
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Der Verfassungsgerichtshof kritisiert die "Sozialhilfe neu" der ehemaligen ÖVP-FPÖ-Regierung als "illegal". Jetzt gehen die Wogen hoch - jedoch aus unterschiedlichen Gründen.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bringt das Prestige-Projekt der ehemaligen türkis-blauen Regierung zu Fall. Die aus der Reform der Mindestsicherung zur "Sozialhilfe neu" umgesetzten Punkte gegen Zuwanderer wurden am Dienstag für verfassungswidrig erklärt ("Heute.at" hat berichtet).

FPÖ: "Schwarzer Tag für soziale Gerechtigkeit"

"Wir können die Entscheidung absolut nicht nachvollziehen und sie widerspricht vollkommen unseren politischen Überzeugungen", zeigt sich ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger wohl auch aufgrund der laufenden Koalitionsverhandlungen eher schaumgebremst.

Dafür teilt die FPÖ kräftig gegen ihren ehemaligen Regierungspartner aus: "Die Höchstrichter stellen mit dieser Entscheidung den Magnet für unqualifizierte Zuwanderung wieder auf Maximalleistung. Die Argumentation, gute Sprachkenntnisse würden die Vermittelbarkeit am Arbeitsmarkt nicht erhöhen, kann man nur noch als schräg und weltfremd bezeichnen", kritisiert etwa FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl. Der ÖVP werde dadurch erspart, auf Druck der Grünen Entscheidungen selbst zurücknehmen zu müssen.

SPÖ: "Sozialhilfe-Pfusch" war "Schande für Österreich"

Es hätte sich einmal mehr gezeigt, dass es richtig war, alle Mittel gegen dieses "unsoziale, ungerechte Sozialhilfegesetz von Kurz und Strache auszuschöpfen", zeigt sich SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner über den VfGH-Beschluss erfreut. "Sozialleistungen auf Grund der Kinderanzahl einer Familie zu kürzen, ist eine Schande für Österreich", so Rendi-Wagner.

SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch fordert die nächste Regierung auf, diesen "Sozialhilfe-Pfusch" zu reparieren. Auch die "Aktion 20.000" sollte wieder ausgebaut werden.

Grüne gegen ÖVP: "Kritik nicht ernst genommen"

Erfreut zeigt sich auch der stellvertretende Bundessprecher der Grünen, Stefan Kaineder: "Es ist ein guter Tag für die ärmsten Kinder in Österreich". Die ÖVP hätte die grüne Kritik an der Regelung zu den Mehrkind-Staffelungen, dass das erste Kind einer Familie 25 Prozent des Richtsatzes wert ist, das zweite 15 Proznt und das dritte Kind gar nur mehr 5 Prozent, zu höherer Kinderarmut führen wird, nicht ernst genommen. Genauso wenig wie die Tatsache, dass der Arbeitsqualifizierungsbonus zu unfairen Ungleichbehandlung führt.

Ob und in welchem Ausmaß die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Einfluss auf die derzeit laufenden Regierungsverhandlungen hat, werden wohl die nächsten Tage zeigen. Ein Abschluss "Anfang Jänner" sei "vorstellbar", meinte Innsbrucks grüner Bürgermeister Georg Willi noch vor kurzem zu "Heute.at".

NEOS "Zusammenführung von Mindestsicherung und Notstandshilfe"

Für NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker braucht es jetzt eine einheitliche, groß angelegte und vor allem durchdachte Reform der sozialen Absicherung in Österreich: "Damit die Sozialleistungen bei den Kindern optimal ankommen, sollte mehr auf Sachleistungen gesetzt werden. Und ganz allgemein muss die Chance ergriffen werden, jetzt durch die Zusammenführung von Mindestsicherung und Notstandshilfe ein [...] treffsichereres System zu schaffen, dass simpler, verlässlicher und lebensnaher ist."

Auch er ÖGB, die Volkshilfe Wien und die SOS Kinderdörfer zeigen sich über das VfGH-Urteil erleichtert. Es brauche jetzt ein "Chancen-Gesetz", "das Kindern mit schlechten Startbedingungen nicht noch mehr Steine in den Weg legt", so die Vorsitzende der Bundesjugendvertretung (BJV), Caroline Pavitsits.