Öffi-Nachtschicht

Nachtbusfahrer: Bei Bachelor-Party ging’s rund im Bus!

"Heute" begleitete Wiener Buslenker Martin auf Tour – die Nachtschicht beginnt für ihn um 3 Uhr – anders als die Fahrgäste bleibt er nüchtern.

Wien Heute
Nachtbusfahrer: Bei Bachelor-Party ging’s rund im Bus!
Einsteigen bitte: Martin Neumann (51) fährt sehr gerne nachts Bus. "Nachtfahrten durch Wien sind sensationell", sagt er und die Fahrgäste seien auch im Dunkeln schwer in Ordnung.
Denise Auer

"Es ist herrlich. Nachts sieht die Stadt ganz anders aus", so Busfahrer Martin Neumann. Seit 15 Jahren lenkt er nachts seinen Bus durch Wien. Angst hat er noch nie gehabt. Und auch seine Frau findet seinen Job mit den sehr besonderen Arbeitszeiten inzwischen in Ordnung. "Ich bringe morgens immer die warmen Semmeln mit, das weiß sie sehr zu schätzen", sagt er lächelnd. "Wenn ich um 3 Uhr anfange, gehe ich um 20.15 Uhr schlafen. Der Körper gewöhnt sich daran", sagt er über die wechselnden Arbeitszeiten. Manchmal hat er am selben Tag nach der Frühschicht abends wieder einen Einsatz.

Spätschicht startet um 22 Uhr

Die Spätschicht beginnt um 22 Uhr. Am Anfang sind die Lenker noch mit "normalen Linien" wie beispielsweise dem 11A unterwegs. Wenn die Taglinien Betriebsschluss haben, übernehmen die "Nightlines". Das ist dann der gleiche Bus, nur mit einem anderen Schild. Jeden Morgen um  3 Uhr erwacht die Busgarage Leopoldau und der sogenannte "Auslauf" beginnt. Wenn Martin um drei Uhr morgens am Treffpunk an der Garage Leopoldau im 21. Bezirk anfängt, weil er als Teamleiter noch vor seinen Kollegen da ist, um für sie alles vorzubereiten, dann geht er am Vorabend zeitig ins Bett. "Ich mache alles fertig für die Kollegen, damit die dann gleich starten können."

Ärger zeigt man nicht

Martin weiß, warum er das tut. "Ich wollte schon immer große Fahrzeuge lenken, habe gern mit Menschen, mit Fahrgästen zu tun und bin gern draußen auf der Straße." Aufregen über andere Verkehrsteilnehmer, die konsequent ohne Blinker abbiegen oder sich andere Dummheiten leisten, tut sich Martin nicht. Es ändere nichts und vor den Fahrgästen wäre das unhöflich, findet er.

Nachts durch Wien zu fahren, ist sensationell. Ich fahre am liebsten nachts
Buslenker Martin Neumann
Lenker der Wiener Linien

Musikverbot für Buslenker

Am liebsten fährt Martin in der Nacht. Er findet seinen Job schön und die Nachtfahrten sensationell. Wien bei Nacht, das sei eine ganz andere Stadt für das Auge. Aber es gibt eines, wonach er manchmal auf seinen Fahrten durch das nächtlich glitzernde Wien Sehnsucht hat. Die Musik. Die Fahrer dürfen kein Radio hören, denn sie sollen sich voll auf den Verkehr konzentrieren. Das sei auch ein wichtiges Signal für die Fahrgäste, erklärt Wiener Linien Sprecherin Carina Novy im Gespräch mit "Heute". Sie sollen die Wiener Linien als seriös und absolut professionell wahrnehmen. Musik wirkt ein bisschen zu lässig.

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    Jeden Morgen gegen drei Uhr fahren hier am Betriebsbahnhof um die 150 Busse ab
    Jeden Morgen gegen drei Uhr fahren hier am Betriebsbahnhof um die 150 Busse ab
    Denise Auer

    Bachelor-Party im Bus

    Die Fahrgäste in der Nacht und den ersten Stunden des Tages sind Krankenschwestern, Frühaufsteher, fleißige Arbeiter, manchmal Betrunkene. Auch Obdachlose fahren gerne mit. Die lässt Martin auch in Ruhe sich aufwärmen. Ab Donnerstag ist dann vermehrt Partypublikum mit Martin unterwegs durch die Nacht. Gerangel und Wüterei habe er aber mit noch keinem Fahrgast gehabt. Wie es in den Wald hinein ruft, so schallt es zurück. Martin hat einen sehr freundlichen Umgangston, strahlt Ruhe und Sicherheit aus. Man hat gar keine Lust und keinen Anlass, sich mit ihm anzulegen. Eine besondere Erinnerung hat er an eine Nachtfahrt mit einer großen Gruppe von ausgelassenen Junggesellinnen einen Tag vor der Hochzeit. "Da ging es rund im Bus", erinnert sich Martin lachend.

    Jede Nacht eine neue Strecke

    Jeden Morgen um circa 3 Uhr erwacht die Busgarage Leopoldau und der sogenannte "Auslauf" beginnt. Hier bereiten die Lenker ihre Busse für die Taglinien vor. Als erstes fließt in der Startstation am Betriebsgelände in der Garage Leopoldau an jedem Morgen ab drei Uhr literweise Kaffee. ("Heute" hat gekostet: der Kaffee hat es echt in sich und hält sehr lange wach). Die Lenker kommen direkt aus dem Bett, einige sind Morgenmuffel andere sind um die Uhrzeit bereits topfit und plaudern schon angeregt. "172 Busse sind in der Garage 'stationiert', aber unterwegs sind rund 150", so Carina Novy von den Wiener Linien. Die übrigen Busse werden entweder gewartet oder stehen als Ersatz zur Verfügung.

    Ab Donnerstag ist vermehrt Party-Publikum im Bus unterwegs
    Buslenker Martin Neumann
    Wiener Linien Mitarbeiter

    Jeder Lenker fährt auch in der Nacht

    Es gibt keine dezidierten "Nachtschicht-Buslenker". Bei den Wiener Linien fährt jeder Lenker auch in der Nacht. Auch Frauen: Aber "aktuell gibt es bei den Wiener Linien deutlich mehr männliche Lenker als weibliche. Seit einigen Jahren spüren wir jedoch einen leichten Anstieg an Lenkerinnen." In den Nächten vor Werktagen sind circa 65 Lenker in der Nacht unterwegs. In Nächten vor Sams-, Sonn- und Feiertagen sind es etwas weniger, da das Angebot durch die U-Bahn ergänzt wird.

    "Freundlichkeit gar nicht gewohnt"

    Rund 120 Mitarbeiter sind bei den Wiener Linien Tag und Nacht im Sicherheitsdienst im ganzen Netz unterwegs. Nacht für Nacht sind all diese Menschen im Einsatz, damit es an 24 Stunden an sieben Tagen rund läuft. Das wird gern übersehen. "Ja, die Sache mit dem Respekt. Wenn ich den Fahrgästen manchmal zum Aussteigen 'Danke. Auf Wiedersehen' mitgebe, dann schauen die völlig irritiert. Freundlichkeit sind die nicht mehr gewohnt. Antworten tun sie mir dann meist nicht". Vielleicht ändert sich das jetzt.

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      HEUTE/Helmut Graf
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