Der Streit zwischen Israel und Frankreich rund um die geplante Anerkennung eines Palästinenserstaates durch Paris wird immer heftiger. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu wirft dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron vor, mit diesem Schritt Antisemitismus zu fördern.
"Ihre Forderung nach einem palästinensischen Staat schürt dieses antisemitische Feuer", schrieb Netanjahu am Dienstag in einem Brief an Macron, der der Nachrichtenagentur AFP vorliegt. Der Elysée-Palast wies diese Vorwürfe mit deutlichen Worten zurück. Die Palästinensische Autonomiebehörde bezeichnete Netanjahus Aussagen als "feindselig gegenüber einem Frieden".
Laut Netanjahu würde der Schritt des Präsidenten "den Terror der Hamas belohnen, unterstützt die Weigerung der Hamas, die Geiseln freizulassen, ermutigt diejenigen, die französische Juden bedrohen und fördert den Judenhass auf Ihren Straßen", wie es in dem Brief heißt.
Und weiter: "In den vergangenen Jahren hat der Antisemitismus die französischen Städte verwüstet. Seit Ihren öffentlichen Ankündigungen, die Israel angreifen und die Bereitschaft zur Anerkennung eines palästinensischen Staates signalisieren, hat er weiter zugenommen."
Netanjahu forderte Macron auf, noch vor dem jüdischen Neujahr am 23. September härter gegen einen "alarmierenden Anstieg" von Judenfeindlichkeit vorzugehen.
In Frankreich leben etwa 500.000 Jüdinnen und Juden – das ist die größte jüdische Gemeinde in Europa. Seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und dem darauffolgenden Krieg im Gazastreifen ist die Zahl antisemitischer Übergriffe in Frankreich und anderen Ländern stark gestiegen.
Frankreichs Präsidialamt reagierte auf Netanjahus Vorwürfe scharf. Der Vorwurf des israelischen Regierungschefs, mit der Anerkennung eines Palästinenserstaates den Antisemitismus zu befeuern, sei "falsch und abscheulich".
Der Brief Netanjahus werde "nicht unbeantwortet bleiben", betonte der Elysée-Palast. Die französische Republik schütze "stets die Mitbürger jüdischen Glaubens" und werde das "immer tun". Die aktuelle Situation verlange "Ernsthaftigkeit und Verantwortungsbewusstsein statt Verallgemeinerungen und Manipulationen".
Frankreichs Europaminister Benjamin Haddad sagte im Interview mit dem Fernsehsender BFMTV, die gestiegenen Zahlen antisemitischer Taten dürften nicht "instrumentalisiert" werden. Frankreich werde "keine Lektionen im Kampf gegen den Antisemitismus" annehmen. Die französischen Behörden seien laufend gegen antisemitische Übergriffe im Einsatz.
Auch das Außenministerium der Palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland wies Netanjahus Kritik zurück und bezeichnete sie als "unbegründet und feindselig gegenüber dem Frieden und dem internationalen Konsens" in Sachen Zweistaatenlösung.
Macron hatte Ende Juli angekündigt, dass Frankreich bei der UNO-Generalversammlung im September einen palästinensischen Staat anerkennen werde.
Angesichts des Kriegs im Gazastreifen und der Not der palästinensischen Bevölkerung sei es "dringend notwendig, dass der Krieg im Gazastreifen zu Ende geht und die Zivilbevölkerung in Sicherheit lebt", erklärte Macron. Er meinte weiters, dass "endlich der Staat Palästina aufgebaut" werden müsse.
Laut Macron soll dieser Staat "indem er seine Entmilitarisierung akzeptiert und Israel uneingeschränkt anerkennt, zur Sicherheit aller im Nahen Osten beitragen". Die Hamas begrüßte Macrons Vorhaben. Paris stellte aber klar, dass der Schritt gegen die radikalislamische Organisation gerichtet sei, die eine "Zweistaatenlösung immer ausgeschlossen" habe.
Mehrere Länder, darunter Großbritannien und Kanada, haben nach Frankreich ebenfalls angekündigt oder in Aussicht gestellt, im September einen Palästinenserstaat offiziell anzuerkennen.