Schon im Jahr 1912 gelangten mit verschiedenen Meeresfossilien auch zwei rund 2 Zentimeter große Zahnkronen aus den Steinbrüchen der tschechischen Stadt Štramberk ins Naturhistorische Museum Wien. Mehr als hundert Jahre später entdeckte nun Sven Sachs vom Naturkunde-Museum Bielefeld während einer Studienreise ans NHM Wien die wahre Natur der 138 Millionen Jahre alten Fossilien: Die Zähne stammen von bisher unbekannten Tieren - Vertretern der ausgestorbenen Meereskrokodile der Familie Metriorhynchidae.
Ihren Namen verdanken diese Meeresreptilien ihrer nur moderat verlängerten Schnauze. Gemeinsam mit den Dinosauriern, Flugsauriern, Krokodilen und Vögeln gehören sie zur Gruppe der Archosaurier. Die Metriorhynchidae waren ein wichtiger Bestandteil in seichten marinen Ökosystemen des mittleren Jura bis in die frühe Kreidezeit. Sie waren von Nord- und Südamerika bis hin zum europäischen Archipel verbreitet und gehörten zu den am besten an das Leben im Wasser angepassten Archosauriern. Die Tiere waren bis zu sieben Meter lang und hatten zu Flossen umgewandelte Gliedmaßen.
Nun untersuchte ein internationales Team um Alexander Lukeneder, Paläontologe am Naturhistorischen Museum Wien, gemeinsam mit Daniel Madzia, Sven Sachs, Mark T. Young und Petr Skupien, die historischen Funde neu. Analysen des Zahnschmelzeszeigen, dass die Zahnkronen zu zwei verschiedenen Tieren gehörten: Plesiosuchus und Torvoneustes. Beide Gattungen hatten unterschiedliche Ernährungsweisen. So jagte Plesiosuchus andere Meeresreptilen wie Pliosaurier, während Torvoneustes auf Fische und Ammoniten spezialisiert war.
Die neu beschriebenen Exemplare aus dem Naturhistorischen Museum Wien gehören zu den geologisch jüngsten Vertretern der metriorhynchiden Krokodile weltweit. Noch während der Kreidezeit, lange vor dem Aussterben der Dinosaurier, verschwanden diese Meeresreptilien.