Bereits am Mittwoch soll es zu einer Änderung auf einigen Straßen in Österreich kommen, denn dann wird der Braunauer Gemeinderat über die Umbenennung zahlreicher Verkehrsflächen fix entscheiden.
Es gibt noch Straßen, die die Namen schwer belasteter Nationalsozialisten tragen. Verfassungsexperte Markus Vašek, der an der Johannes-Kepler-Universität Linz lehrt, hat die Rechtslage bei diesen Straßennamen geprüft.
Das Gutachten kommt dabei zu einem eindeutigen Ergebnis: Straßennamen, die – wie in Braunau – Nationalsozialisten würdigen, müssen entfernt werden. Ihre Beibehaltung würde gegen Artikel 9 des Staatsvertrages verstoßen und wäre damit verfassungswidrig.
"Wir danken Herrn Professor Vašek für seine Großzügigkeit", sagt Willi Mernyi, der Vorsitzende des Mauthausen Komitees Österreich (MKÖ). "Obwohl wir ihn zum ersten Mal kontaktiert haben, war er sofort bereit, das Thema umfassend zu klären. Und zwar aus fachlichem Interesse, denn wir konnten ihm nur ein bescheidenes Honorar anbieten."
Schon bisher war bekannt, dass die Bundesverfassung einen klaren antifaschistischen Auftrag erteilt. Der Verfassungsgerichtshof hat festgestellt: "Die kompromisslose Ablehnung des Nationalsozialismus ist ein grundlegendes Merkmal der wiedererstandenen Republik. Ausnahmslos jede Staatstätigkeit hat sich an diesem Verbot zu orientieren."
Verfassungsexperte Vašek verweist nun auf Artikel 9 des Staatsvertrages, in dem sich Österreich ausdrücklich verpflichtet hat, aus seinem politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben "alle Spuren des Nazismus zu entfernen". Gemeint sind damit auch einschlägige Spuren, die nach der NS-Zeit entstanden sind: vom aufgesprühten Hakenkreuz bis zur öffentlichen Würdigung schwer belasteter Nationalsozialisten.
Jede Gemeinde muss bei entsprechender Verdachtslage die Biographien von Namensgebern wissenschaftlich untersuchen lassen. Bestätigt sich der Verdacht einer schweren NS-Belastung, sind avisierte Bezeichnungen zu verwerfen und bestehende zu ändern, so Vašek.
"Das Ergebnis des Gutachtens von Professor Vašek hat natürlich Auswirkungen in ganz Österreich", betont Robert Eiter, Sprecher des OÖ. Netzwerks gegen Rassismus und Rechtsextremismus. "Weil alle staatlichen Organe, also auch alle Gemeinderäte und Stadträte, an die Verfassung gebunden sind, ist die Beibehaltung von NS-belasteten Straßennamen, ob mit oder ohne Zusatztafeln, keine Option. Das wird zahlreiche Gemeinden betreffen."
"Österreich feiert heuer nicht nur 80 Jahre Befreiung vom Nationalsozialismus, sondern auch 70 Jahre Staatsvertrag. Nun müssen die antifaschistischen Bestimmungen des Staatsvertrages endlich konsequent umgesetzt werden!", fordert MKÖ-Vorsitzender Mernyi.
"Wir haben dem Braunauer Bürgermeister Johannes Waidbacher und anderen politisch Verantwortlichen seiner Stadt das Gutachten bereits übermittelt", so Netzwerk-Sprecher Eiter. "Sie wissen jetzt, dass nur eine Umbenennung der fraglichen Verkehrsflächen verfassungskonform ist. Wir haben auch um Weiterleitung des Gutachtens an alle Mitglieder des Braunauer Gemeinderates ersucht."