Wien

Shop statt Pop: VP will Stadthalle zu Markthalle machen

Shop statt Pop: Wegen Corona steht die Stadthalle still. Die ÖVP schlägt nun eine neue Nutzung vor: Eine Markthalle für lokale Lebensmittel und Kunst.

Louis Kraft
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    Wegen der Coronakrise steht die Wiener Stadthalle derzeit leer. Die ÖVP Wien schlägt nun die Nutzung als Markthalle vor.
    Wegen der Coronakrise steht die Wiener Stadthalle derzeit leer. Die ÖVP Wien schlägt nun die Nutzung als Markthalle vor.
    Denise Auer

    2025/2026 soll die neue, geplante Mega-Arena in Neu-Marx (Landstraße) in den Vollbetrieb gehen, "Heute" hat berichtet. Ab dann werden in der "Grande Dame" der Konzerthallen, der Wiener Stadthalle (Rudolfsheim-Fünfhaus) keine Großkonzerte mehr stattfinden. Wegen der Coronakrise kann die Halle aber schon jetzt nicht genützt werden. Aus Sicherheitsgründen wurden die Veranstaltungen abgesagt. Laut ORF Wien wurden seit 9. März 55 Veranstaltungen verschoben, 15 wurden abgesagt.

    Die ÖVP Wien füllt die entstandene Idee nun mit einer neuen Idee: Der nicht amtsführende Stadtrat Markus Wölbitsch will die Stadthalle zu einer Markthalle umgestalten. Im Rahmen eines Mediengesprächs stellte er die Idee gemeinsam mit Kurt Wilhelm (Interessensgemeinschaft der Kaufleute am Neubau und Besitzer des Geschäfts "Wald und Wiese") und Theresa Imre, die auf einer Online-Plattform einen "digitalen Bauernhof" betreibt, vor. 

    Bunter Mix aus Food, Non-Food und Kultur 

    Rom hat eine, Kopenhagen und Paris auch, nun soll auch Wien (wieder) eine Markthalle bekommen. Die Idee ist einfach: Aus der nun leerstehenden Halle D und dem Vorplatz soll nach Idee der ÖVP Wien eine neue Markthalle werden, in der lokale Produzenten ihre Lebensmittel anbieten sollen können. Ein Mix aus Entertainment (etwa Musik- oder Kulturveranstaltungen) und Gastro soll für eine zusätzliche Attraktivität sorgen. Auch lokale Gewerbe wie etwa Radhändler oder Taschendesigner sollen Platz haben. "Wir haben jetzt die Chance, die Stadthalle neu zu planen. Dabei müssen wir groß denken und auch den Platz vor der Halle, der bis zum Gürtel reicht, mitdenken", so Wölbitsch. 

    Anfang 2020 luden die Stadt-Türkisen zu einem Ideenwettbewerb, die die Stadthalle künftig genutzt werden soll. 190 Menschen machten mit, rund 300 Ideen wurden eingereicht. Neben einer Nutzung als Sport- und Gesundheitshalle oder als Kompetenzzentrum für Lehrberufe wurde dabei auch eine Markthalle vorgeschlagen. Diese würde auch kaum Umbauarbeiten erfordern, so die ÖVP.

    "Platz genug für Corona-gerechten Markt mit 100 Standln"

    "Die Halle D hat eine Grundfläche von rund 5.000 Quadratmeter, da könnte man leicht 80 Marktstandln aufstellen und so einen sicheren und Corona-gerechten Markt auf die Beine stellen", erklärt Wölbitsch. Auf dem Vorplatz wäre genug Platz für weitere 20 Marktstände. Die Kosten dafür schätzt der Stadtrat auf rund 300.000 Euro, pro Stand mit 2.000 bis 2.500 Euro Errichtungskosten. Dazu kämen noch etwa 1,2 Millionen Euro für Werbe- und Marketingmaßnahmen. "Eine kleine Summe im Vergleich zudem, was die Stadt Wien für die Gastro-Gutscheine ausgibt", so Wölbitsch. Die Kosten dafür soll die Stadt Wien, genauer die Wien Holding tragen, zu der die Stadthalle gehört. Geht es nach Wilhelm, sollen die Standler zwar eine kleine, aber doch eine Miete zahlen, das "ist symbolisch wichtig", so der Unternehmer.

    In der neuen Markthalle soll online und offline aufeinandertreffen. Lokale Produzenten wie Milch-oder Obstbauern oder Künstler sollen vor Ort für die Kunden "greifbar" sein, eine Bestellung soll aber auch online erfolgen können, die Waren werden nach Hause geliefert. "In Österreich liegt der Anteil an online gekauften Lebensmitteln derzeit bei rund 1,5%, in Großbritannien sind es schon 15%", erklärt Imre. Die Corona-Krise haben die Online-Einkäufe ansteigen lassen, daher müsse auch das Angebot mitwachsen. Die Stadt-Markhalle wäre eine Gelegenheit, die Waren vor Ort sehen und kosten zu können und dann digital zu bestellen. "Das wäre gerade auch für die ältere Generation ein wichtiges Angebot, den gerade bei ihnen sind die Online-Verkäufe während der Corona-Krise stark gestiegen", so Imre.

    ÖVP will Idee testen, dann Konzept erstellen lassen

    Für den Anfang soll die Nutzung der Stadthalle als Markthalle einmal getestet werden. Sollten die Wiener dies gut annehmen, dann soll die Idee erweitert werden. Über das endgültige Konzept soll eine Expertenjury entscheiden. "Es geht auch darum, den Unternehmern und Produzenten wieder eine Perspektive zu geben", betont Wilhelm. Es wäre wichtig, dies noch heuer umzusetzen, so Imre, denn "niemand weiß, wie das heuer mit den Christkindlmärkten gehen wird". 

    Markthalle als "Hilfe zur Selbsthilfe" für Unternehmer

    "In vielen europäischen Städten gibt es große Markthallen, etwa in Rom, Paris oder Kopenhagen. Auch in Hamburg und Berlin werden neue Kaufhöfe so gestaltet, dass sie einen Marktcharakter bekommen. Märkte funktionieren, das hat die Corona-Krise deutlich gezeigt", erklärt Wilhelm. Derzeit kämen rund 88 Prozent von dem, was wir täglich essen, von den drei größten Supermarktketten, rechnet Imre vor. Dabei gebe es in Wien genug lokale Bauern und Produzenten als Alternative.

    In ihrem digitalen Bauernhof bietet Imre derzeit 3.500 verschiedene Produkte an, von Fisch und Fleisch bis hin zu Gemüse und Brot. "Wir liegen preislich nur minimal über den Bio-Sorten der Supermärkte, dafür zahlen wir den Bauern siebenmal mehr. Für ein Kilogramm Äpfel zahlen wir im Supermarkt rund 2,50 Euro, davon gehen 25 Cent an den Produzenten. Bei uns sind es rund 70%, die an den Bauern gehen", betont Imre.

    Wien Holding will Konzept prüfen, wenn eines vorliegt

    Auf "Heute"-Rückfrage erklärt ein Sprecher der Wien Holding, dass man nun zum ersten Mal von dieser Idee höre. "Uns liegt dazu kein Konzept vor. Wenn eines eingebracht wird, werden wir uns das aber natürlich gerne anschauen".

    Die Wien Holding verweist auf den derzeit laufenden Prozess der Erstellung eines Nachnutzungskonzepts für die Stadthalle. "Phase 1 umfasst die Prüfung und Erhebung des baulichen Zustands, danach folgen Gespräche mit dem Bundesdenkmalamt (die Stadthalle ist denkmalgeschützt, Anm.), welche Arbeiten möglich sind. Für Phase 1 und 2 müssen wir mit rund 1,5 Jahren rechnen", heißt es bei der Wien Holding. Erst dann könne man Nutzungen, die auf die Möglichkeiten der Stadthalle abgestimmt sind, finden.

    Dass die Stadthalle leer stehe, stimmt nach Aussagen der Wien Holding aber nicht: "Wir haben für Oktober das Tennisturnier ATP 500 eingebucht, das ist bisher nicht abgesagt". Und für nächstes Jahr seien einige Großkonzerte geplant, ob und in welcher Form diese stattfinden können, hänge aber von der Weiterentwicklung der Corona-Pandemie ab.