Life

Offene Eleganz aus Frankreich

VW machte es vor: Mit einem Cabrio auf Basis von Grossserientechnik liess sich gut Geld verdienen. Da wollte Renault nicht abseits stehen.

Heute Redaktion
Teilen

Der war für VW vom Verkaufsstart 1955 weg ein voller Erfolg. Das adrette Cabriolet auf der Basis des Käfers konnte trotz des deutlich höheren Preises – insbesondere in den USA – viele Autokäufer überzeugen. Renault wollte da nicht länger tatenlos zuschauen und startete eine Gegenoffensive. Die passende Technik hatte man mit dem Renault Dauphine bereits seit 1956 auf dem Markt.

Also vergab Renault 1957 an Ghia in Italien den Auftrag, ein Cabriolet auf der Basis des Renault Dauphine zu entwerfen. Interessant daran war, dass Ghia-Chef Luigi Segre und sein Team bereits zuvor den Karmann-Ghia gestaltet hatten. Ghia ließ freiberufliche Zeichner Entwürfe anfertigen und Renault entschied sich für ein elegantes Cabriolet von Pietro Frua.

Im Oktober 1958 dann wurde der Renault Floride, so hieß das neue Cabriolet in Europa, auf dem Pariser Autosalon vorgestellt.

Stürmischer Empfang

Das neue Modell wurde freudig begrüsst und von Tausenden Salon-Besuchern eifrig bewundert. Der Appetit bei den Kunden war geweckt, sowohl in Europa als auch in den USA, wo das Modell Caravelle hieß. Dies, weil man mit der Typenbezeichnung nicht die 49 anderen Bundesstaaten verärgern wollte.

Allerdings sollte es noch einige Monate dauern, bis man sich ein Exemplar in die Garage stellen konnte. Wer zu den Glücklichen gehörte, schaffte mit 40 PS 135 km/h mit der rund 750 kg schweren Schönheit.

Gegenüber dem Dauphine war der Floride in der Länge um 30 cm gewachsen. Die zusätzlichen Zentimeter fanden sich fast vollständig in den Überhängen vorne und hinten wieder. Auch in der Breite legte der Wagen um fünf Zentimeter zu. Teurer als die Limousine waren Coupé und Cabriolet natürlich auch, rund 9.000 Euro waren zu berappen.

Floride S

Im Frühjahr 1962 präsentierte Renault das rundum erneuerte Cabriolet Floride S. Das Coupé hieß von da an auch in Europa Caravelle. Der Hubraum war von 845 Kubikzentimetern auf 956 Kubikzentimetern gestiegen, die Leistungsangabe lautete nun 46 PS bei 5500 Umdrehungen.

Es handelte sich beim neuen Motor allerdings nicht um eine aufgebohrte Variante des Vorgängers, sondern um ein komplett neues Aggregat, das moderner und leichter geworden war. Mit nun vier Scheibenbremsen gehörte der Renault zu den ersten Wagen überhaupt in seiner Preisklasse, die derart fortschrittliche Bremsqualitäten bieten konnten.

Ab Oktober 1963 hieß dann auch das Cabriolet in Europa Caravalle und durch Einbau des 1,1-Liter-Motors aus dem R8 Major stieg die Leistung auf 47 PS, mit dem 1100 S waren es ab Juni 1965 sogar 52 PS.

Damenwagen?

Schon damals hatte der Renault Caravelle den Ruf, ein Frauenauto zu sein. Für die harten Jungs bedeutete dies, dass man weder dicke Oberarme noch straffe Beinmuskeln brauchte, um den Wagen zu fahren. Tatsächlich lässt sich ein Renault Caravelle 1100 auch heute noch sehr einfach und ohne große Instruktion fahren.

Nur die 47 PS fühlen sich heute eher schmächtig an, was besonders an Steigungen auffällt. Aber bekanntlich kommt nach jedem Anstieg irgendwann auch wieder eine Talfahrt und hier überzeugen die vier Scheibenbremsen umso mehr.

Von den fast 120'000 produzierten Fahrzeugen dürfte nur ein kleiner Anteil überlebt haben, jedenfalls gehört man als Caravelle-Fahrer heute zu den Exoten, nach denen Passanten den Kopf drehen. Denn die Karosserieform wirkt noch heute elegant und klassisch.

Weitere Informationen, Bilder, technische Daten, Prospekte und ein Tonmuster finden sich auf B. v. Rotz

;