Spieletests

"One Piece Odyssey" im Test – ein echter Spiel-Schatz

Mit "One Piece Odyssey" dürfen wir endlich wieder ein Game-Abenteuer des Kult-Mangas erleben. Große Neuerungen gibt es nicht, Spielspaß aber schon.

Rene Findenig
Spielt sich kurzweilig, hat aber tage- und wochenlangen Spaß zu bieten: "One Piece Odyssey".
Spielt sich kurzweilig, hat aber tage- und wochenlangen Spaß zu bieten: "One Piece Odyssey".
Bandai Namco

Nicht nur das Manga-Universum von "One Piece" ist eines der Superlativen. Während die Buchbände bereits die 100er-Marke überschreiten, flimmerten mittlerweile mehr als 1.000 Episoden des Animes über die Bildschirme. Da wäre man fast versucht zu behaupten, dass die Videospiele mit einer eigentlich unfassbar großen Zahl von 56 "One Piece"-Games noch Aufholbedarf hätten. Immerhin: Crossover-Games mit "One Piece"-Charakteren sind da nicht mitgezählt – bezöge man sie ein, ist auch die Game-Welt rund um die Strohhutbande mehr als rekordverdächtig. Und nun kommt ein brandneues Game noch dazu.

"One Piece Odyssey" des Entwicklers ICLA und des Publishers Bandai Namco zeigt sich als klassisches Rollenspiel für PlayStation 4 und 5 (getestet auf der PS5), Xbox One und Series X|S sowie PC. Trotz neuem Kampfsystem und einigen Neuerungen in Sachen Story bleibt man den bekannten Game-Wurzeln treu. Bei der Story entfernt man sich dagegen zwar nicht ganz aus dem Haupt-Universum der Charaktere, wagt aber immerhin einen eigenen Handlungsstrang, den es in dieser Form weder in Manga, noch in Anime zu sehen gab. Eines ändert sich aber nicht: Protagonist bleibt Kult-Pirat Ruffy.

Eine Prise Neues, eine gute Portion Nostalgie

Die Strohhutbande verschlägt es im neuen Spiel auf der Suche nach dem nächsten Abenteuer in einen Sturm, was die Crew auf einer tropischen Insel stranden lässt. Ein Wegkommen scheint so schnell nicht mehr möglich, denn unsere "Thousand Sunny" ist arg beschädigt und außerdem schirmen heftige Stürme die Insel von der Außenwelt ab. Und noch dramatischer: Anführer Ruffy wird von seinen Freunden getrennt und muss sich auf die Suche nach ihnen machen. Noch nicht genug Drama? Dann kommt außerdem noch hinzu, dass eine mysteriöse Dame unserer Schiffsmannschaft ihre Erinnerungen raubt.

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    "One Piece Odyssey" des Entwicklers ICLA und des Publishers Bandai Namco zeigt sich als klassisches Rollenspiel für PlayStation 4 und 5 (getestet auf der PS5), ...
    "One Piece Odyssey" des Entwicklers ICLA und des Publishers Bandai Namco zeigt sich als klassisches Rollenspiel für PlayStation 4 und 5 (getestet auf der PS5), ...
    Bandai Namco

    Dabei treffen Spieler auf Dutzende bekannte "One Piece"-Charaktere, lernen aber auch einige ganz neue Persönlichkeiten des Universums kennen. Was sich dabei schnell als äußerst spannend enthüllt: Das Suchen und Erleben verlorener Erinnerungen und Fähigkeiten zeigt sich schnell als Story-Überwurf, dem eine deutlich spannendere Handlung zugrunde liegt, die wir aus Spoiler-Gründen natürlich nicht verraten wollen. Was jedoch gesagt werden darf: Während wir auf der Insel Waford nach unseren Freunden und Fähigkeiten suchen, erleben wir in der Welt Memoria Abenteuer in altbekannten "One Piece"-Gebieten.

    Guter Einstieg für Neulinge, logische Umsetzung für Kenner

    Der Story-Mix aus Alt und Neu ist übrigens ein Segen für jene Spieler, für die "One Piece Odyssey" das erste Game aus der Spielereihe ist. Viel Vorwissen ist nämlich nicht notwendig, denn das Game startet quasi eine in sich abgeschlossene Handlung, die zwar Bezüge zu den prominenten Abenteuern Ruffys herstellt, aber auf eigenen und für alle Spieler verständlichen Beinen steht. Für Kenner dagegen zeigt sich der Titel als logisch angelegtes Abenteuer, denn während die Strohhutbande aktuell bereits über immense Spezialfähigkeiten verfügt, muss man diese hier wegen des Verlusts neu lernen.

    Ähnlich wie das neue "God of War" setzt auch das neue "One Piece" die Fähigkeiten der Charaktere gekonnter in der Spielwelt ein. Im Verlauf des Abenteuers schlüpft man in die Haut der einzelnen Mitglieder der Strohhutbande und darf dann mit Zorros Schwertern durch Absperrgitter säbeln oder mit Ruffys Gum-Gum-Dehn-Skills über Schluchten und Abgründe handeln. Je mehr Mitglieder der Bande man wiederum vereint, desto mehr darf man auch nutzen – und zwischen den Figuren auch in den Missionen abwechseln. Einziges Manko: Das geht nur etwas umständlich über ein Untermenü und nicht simpel per Button.

    Ausbaufähige Vertonung, aber insgesamt tolle Technik

    Apropos Menüs: Die sind zwar allesamt wie auch die Untertitel und Beschreibungen auf Deutsch verfügbar, die Sprachausgabe allerdings nur auf Japanisch. Und diese ist nicht gerade die Stärke des Games – einige Passagen wirken trotz inhaltlicher Action recht emotionslos und an anderer Stelle wiederum bleiben die Figuren trotz Text-Dialogen einfach stumm. Ausgeglichen wird das vom typischen Humor der Serie, die in diesem Game zur Höchstform aufläuft. Toll animierte Charaktere, Kampfszenen mit Effektgewittern und spannende Videosequenzen auf Anime-Niveau runden das Bild ab.

    Andere Punkte wie die abgegrenzten statt offenen Areale der Spielwelt nimmt man zur Kenntnis, auch wenn sie etwas veraltet wirken. Die Hauptkritik richtet sich allerdings auf zwei ganz besondere Punkte. Der eine: Speichern ist nicht immer möglich, denn eine manuelle Speichermöglichkeit gibt es nicht. Stattdessen müssen Spieler automatische Speicherpunkte abwarten – oder sich an bestimmte Speicherplätze der Spielwelt begeben, um das nächste Mal wieder genau am selben Ort weiterspielen zu können. Selbst die "Souls"-Games haben spätestens mit "Elden Ring" diese Uralt-Mechanik aufgegeben.

    Für Neulinge top, für Kenner jedoch viel zu einfach

    Der andere Kritikpunkt: Das Spiel ist einfach viel zu leicht und macht es durch sein spezielles Kampfsystem den Spieler sogar noch einfacher. Gerade zu Beginn kippen Gegner beinahe von selbst aus den Latschen, aber auch später im Spiel ist kein hochgeleveltes Team oder professionelle Taktik notwendig, um die Feinde zu besiegen. Zwar bietet "One Piece Odyssey" ein  klassisch rundenbasiertes Kampferlebnis, nimmt aber mit kuriosen Entscheidungen die Fahrt aus der Action. Dabei wäre das Zeug für eine vollkommen neue und gelungen Umsetzung des rundenbasierten Konzepts vorhanden gewesen. Schade!

    Das Konzept: Das Kampfgebiet wird in vier Sektoren unterteilt, wobei wir maximal vier unserer Heldinnen und Helden in die Schlacht schicken dürfen und dabei auch einer größeren Anzahl an Feinden gegenüberstehen können. Je nachdem, in welchem Sektor unsere Helden den Feinden gegenüberstehen, können sie nur bestimmte Attacken ausüben. So kann Ruffy etwa Feinde im selben Sektor mit allen seinen Skills attackieren, Gegner in einem anderen Sektor aber nur sehr eingeschränkt bekämpfen. Charaktere wie Lysop tun sich da mit seiner Schleuder leichter – und brauen auch gleich Heil- und Effekt-Tränke.

    Das Game beraubt sich selbst sehr vieler Chancen

    Dass "One Piece Odyssey" zudem ein Schere-Stein-Papier-Konzept wie die "Pokémon"-Games im Kampf nutzt, gefällt ebenfalls gut. Kampf-Typen wie Ruffy tun sich viel leichter gegen Feinde mit dem Attribut Tempo, Tempo-Typen wie Lysop dagegen setzen sich einfacher gegen Technik-Typen durch. Die gebotene Auswahl an Standard-Angriffen, Spezialattacken und Unterstützungsfähigkeiten, die bei jedem Mitglied der Strohhutbande individuell und auch einzigartig animiert wird, ist bemerkenswert. Mit einem Kniff beraubt sich das Spiel aber fast jeglicher Komplexität und Taktik im Kampfgeschehen.

    Das Manko: Als Spieler dürfen wir die Figuren in den Kampfsektoren einfach auswechseln – und das völlig ohne Einschränkungen oder auf Kosten von Angriffen oder Aktionspunkten. Heißt: Selbst die theoretisch herausforderndsten Kämpfe werden zum Kinderspiel, wenn man sich einfach den Kampf-Typ des Gegners ansieht und dann aus den eigenen Reihen die am besten geeignete Figur einfach in die Schlacht schickt. Wie leicht das Spiel dadurch wird? In unserer rund 40 Stunden dauernden Testphase – so lange dauert es, um bis ans Ende zu kommen – verloren wir keinen einzigen Kampf.

    Trotz aller Kritik ein gelungenes "One Piece"-Game

    Es ist schade, wie sich das Game durch eine solche Mechanik ein eigentlich fantastisches Kampfsystem selbst verbaut. Ist "One Piece Odyssey" deswegen ein schlechtes Spiel? Keineswegs, während sich vor allem Neulinge und Anfänger wohlfühlen werden, wird aber dem einen oder anderen JRPG-Profi die Herausforderung fehlen. Worüber sich aber selbst "One Piece"-Kenner freuen werden: Die Spielwelt ist vollgestopft von Nebenaufgaben – selbst wer die Hauptquests erledigt hat, darf sich noch über rund 20 bis 25 Stunden an Sidequests und Zusatzmissionen erfreuen. Und auch die sind qualitativ gut gelungen.

    So richtig spaßig wird es übrigens erst im zweiten Abschnitt des Games – bis dahin hat man nämlich die Kampfwerte der Charaktere aufgelevelt und die Gruppenmanöver freigeschaltet. Die zeigen sich ebenso wie viele andere Attacken als perfekt inszenierte Cutscenes, in denen sich die Strohhüte abwechseln und ihren Feinden so richtig auf die Mütze geben. Einige frische Gameplay-Ideen, eine spannende Story, über weite Strecken solide Technik und sehr viel Humor: "One Piece Odyssey" ist ein echter Spielschatz rund um die Strohhutbande, auch wenn einige Chancen ausgelassen wurden.

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