Wegen Nebentätigkeit

ORF feuerte Betriebsrat – Schlammschlacht vor Gericht

Ein ORF-Redakteur wurde wegen einer Nebenbeschäftigung gefeuert, vor Gericht kämpft der 37-Jährige dagegen an. Ein Vergleich ist vom Tisch.
Christine Ziechert
11.03.2025, 14:29

Der ORF ist am Arbeits- und Sozialgericht beinahe schon Dauergast: Auch am Dienstag gaben sich ORF-Rechtsanwalt Rupert Schrammel, ORF3-Geschäftsführer Peter Schöber und ein ORF3-Betriebsrat (37) ein Stelldichein – romantisch war die Stimmung allerdings nicht.

Der ORF wirft dem Redakteur – er ist seit 2013 beim ORF und seit 2022 Betriebsrat bei ORF3 – eine nicht gemeldete Nebenbeschäftigung aus dem Jahr 2021 vor, will ihn wegen Untreue im Dienst und Vorteilsannahme entlassen. Der 37-Jährige bestreitet jedoch die Nichtmeldung und wehrt sich vor Gericht.

5.200 Euro Honorar für Cutter-Tätigkeit

Wie sich in der Verhandlung schnell herausstellt, schließt der ORF eine Weiterbeschäftigung aus, der Journalist will jedoch weiter beim Sender arbeiten. Die Fronten sind verhärtet, eine außergerichtliche Einigung ist vom Tisch. "Damit haben wir den Point of no Return erreicht", erklärte die Richterin.

Kern der Klage ist eine angeblich nicht gemeldete Nebentätigkeit: So war der 37-Jährige 2021 für eine TV-Doku-Serie über das "Erbe Österreichs" nicht nur als Redakteur, sondern auch als Cutter (Schnitt) tätig. Für die über mehrere Wochen andauernden Cutter-Arbeiten stellte er ein Honorar in Höhe von 5.200 Euro in Rechnung. Laut Dienstvertrag sind selbstständige Tätigkeiten ohne vorherige Zustimmung allerdings untersagt.

Nebentätigkeit mündlich gemeldet

Er habe diese Tätigkeit zwar nicht in ein ORF-internes System eingetragen, aber seinem damaligen Vorgesetzten (Otto Schwarz, Anm.) mündlich gemeldet, betont der 37-Jährige vor Gericht: "Ich habe ihm mitgeteilt, dass ich beim Schneiden aushelfe. Damals war noch nicht absehbar, wie groß das Projekt wird." Zudem habe es Unsicherheiten gegeben, welche Tätigkeit im ORF-System angegeben werden müsse und welche nicht: "Die genaue Form der Meldung war nicht klar."

Auf die Frage der Richterin: "Warum haben gerade Sie das gemacht? Gibt es keine Cutter beim ORF?", antwortete der Redakteur: "Hätte es Bedenken wegen der Tätigkeit gegeben, hätte ich es nicht gemacht. Ich habe es auch nie verheimlicht." Zudem habe er bei seiner Einstellung bei ORF3 im Jahr 2017 in einem Gespräch ORF3-Chef Peter Schöber über selbstständige Tätigkeiten seiner Werbeagentur informiert: "Es war ihm aber egal, es hat ihn nicht interessiert."

„Wenn ich nicht Betriebsrat geworden wäre, wäre die Nebenbeschäftigung nie Thema gewesen“
ORF3-Betriebsratwurde wegen Nebenbeschäftigung gefeuert

Laut dem 37-Jährigen änderte sich die Situation, als er 2022 zum Betriebsrat gewählt wurde: "Ab diesem Zeitpunkt ist es mit der Beziehung zwischen Peter Schöber und mir bergab gegangen. Ich wurde irgendwann als Persona non grata abgestempelt, es ging um systematisches Herausdrängen aus dem Arbeitsverhältnis. Wenn ich nicht Betriebsrat geworden wäre, wäre die Nebenbeschäftigung nie Thema gewesen."

Der Redakteur wirft Schöber zudem Mobbing und psychische Gewalt vor: "Ich bin bestraft worden, die Tätigkeiten als Betriebsrat wurden mir übel genommen. Zuständigkeiten wurden mir entzogen, Schöber hat herumerzählt, dass ich mich von Produktionsfirmen für die Auftragsvermittlung bezahlen lasse. Er hat mich richtig diffamiert, hat sogar gesagt, dass ich Schwulenpornos produzieren würde."

ORF3-Chef wurde entmachtet

Seit Jahren schwelt ein Konflikt zwischen dem 37-Jährigen und dem ORF3-Geschäftsführer. 2022 erhob der Betriebsrat Vorwürfe, dass Arbeitszeit-Aufzeichnungen manipuliert würden. Laut ORF bestätigten sich diese Vorwürfe allerdings nicht. Zuletzt eskalierte die Situation erneut, als Ende September 2024 schwere Vorwürfe gegen Schöber (54) laut wurden.

Auf rund 400 Seiten wurden dem 54-Jährigen diskriminierende, homophobe, rassistische und antisemitische Aussagen sowie Mobbing vorgeworfen. ORF-Generaldirektor Roland Weißmann beauftragte daraufhin die Compliance-Stelle mit einer Untersuchung, rund 60 Mitarbeiter sagten gegen Schöber aus. Nach einer Prüfung durch die Personalabteilung und externe Rechtsexperten wurde er im heurigen Jänner im Zuge einer Umstrukturierung de facto entmachtet, bleibt aber weiterhin ORF3-Geschäftsführer.

Zeugen müssen aussagen

Beim aktuellen Prozess geht es allerdings nicht um die Vorwürfe gegen Schöber. Der ORF3-Chef muss – wie viele andere auch – als Zeuge aussagen. Da ein Betriebsrat über einen besonderen Kündigungs- und Entlassungsschutz verfügt, muss die Richterin entscheiden, ob die Gründe dafür ausreichend sind – Fortsetzung folgt.

{title && {title} } cz, {title && {title} } Akt. 11.03.2025, 16:27, 11.03.2025, 14:29
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