Der Pflegekräftemangel bereitet vielen Pflegeeinrichtungen große Sorgen. Aufgrund von fehlendem Personal muss häufig zu Maßnahmen gegriffen werden, die durchaus fragwürdig sind – oft stehen nicht genügend Betreuer zur Verfügung, um individuell auf jeden Patienten einzugehen. So auch im Fall eines 51-jährigen Mannes in einer Wohngemeinschaft.
Der 51-Jährige Tiroler leidet an einer diagnostizierten autistischen Verhaltensstörung im Zusammenhang mit Trisomie 21 sowie an Epilepsie. In seiner Wohngemeinschaft wurde zu drastischen Maßnahmen gegriffen: Um zu verhindern, dass der Bewohner aus dem Rollstuhl fällt, wurde er mit Brust- und Bauchgurten fixiert. Eine freiheitsbeschränkende Maßnahme. Bei der Überprüfung stellte sich jedoch heraus: Das verwendete Sicherungssystem war ungeeignet – eine passende Lösung musste dringend gefunden werden.
Auch während der Tagesstruktur, die er besuchte, wurden fragwürdige Maßnahmen gesetzt. Das Personal berichtete, dass der Mann zeitweise mit einem Brustgurt an einem normalen Stuhl fixiert wurde. Für die zuständige Bewohnervertreterin war sofort klar: Das birgt ein erhebliches Verletzungsrisiko. Der Patient könnte unter dem Gurt hindurchrutschen und sich im schlimmsten Fall selbst strangulieren. In beiden Fällen wurden nach der Überprüfung durch die Bewohnervertretung geeignete und sichere Alternativen gefunden – wie aus dem aktuellen Jahresbericht des VertretungsNetzes hervorgeht.
Dieser vermehrte Einsatz von Maßnahmen wie Gurten im Rollstuhl, Seitenteilen bei Betten und auch sedierender Medikation führt laut dem VertretungsNetzes neben den psychischen Folgen für die betroffenen Personen auch zu einer schleichenden Immobilisierung. Gerade der Einsatz von gelinderen Maßnahmen oder alternativen Pflege- und Betreuungsmaßnahmen könnte dies aber verhindern. Wichtig zu erwähnen sei jedoch eines: Freiheitsbeschränkungen sind nicht per se unzulässig oder illegal, sie unterliegen jedoch sehr strengen Voraussetzungen, dürfen immer nur so kurz wie nötig und als letzte Möglichkeit gesetzt werden. Davor müssen Alternativen oder gelindere Mittel zum Einsatz kommen. Ob die Bestimmungen des Heimaufenthaltsgesetzes eingehalten werden, überprüft die Bewohnervertretung. Die Einrichtungen sind verpflichtet, jede freiheitsbeschränkende Maßnahme an die Bewohnervertretung zu melden.