Seine Überlegungen zum Thema ORF hat Medienminister Andreas Babler (SP) am vergangenen Freitag ausgewählten Medien (u.a. "Der Standard") zur Kenntnis gebracht. Privatwirtschaftlich erfolgreiche Titel wie "Heute", "Kronen Zeitung" oder Servus TV waren nicht geladen.
Fakt ist: Am Mittwoch soll im Nationalrat mit Regierungsmehrheit eine Mini-Novelle zum ORF-Gesetz beschlossen werden. Die Notwendigkeit zur Reparatur ergibt sich durch ein Urteil des Verfassungsgerichtshof (VfGH). Dieser hob den Bestellmodus für ORF-Stiftungs- und Publikumsrat als teilweise verfassungswidrig auf.
Statt neun Mitglieder wird die Bundesregierung künftig sechs Mitglieder in den Stiftungsrat (das wichtigste ORF-Gremium, das unter anderem den Generaldirektor wählt) entsenden. Der Publikumsrat darf dafür statt sechs künftig neun Mandatare im zentralen Stiftungsrat stellen.
Der Publikumsrat wiederum wird u.a. von Parteiakademien, Gewerkschaftsbund, Arbeiterkammer, Hauptverband der Sozialversicherungsträger, Wirtschafts- und Landwirtschaftskammer sowie katholischer und evangelischer Kirche beschickt.
Heftige Kritik an der Novelle kommt von der FPÖ. Generalsekretär und Mediensprecher Christian Hafenecker qualifizierte sie als "Reförmchen" ab, das Motto sei: "Weiter wie bisher!".
In eine ähnliche Kerbe schlägt Grünen-Mediensprecherin Sigrid Maurer: "Statt einer echten Gremienreform, die den Einfluss der Regierung auf den Stiftungsrat reduziert, wird der Einfluss nur von einem ins andere Gremium verschoben."
Die neue Dreierkoalition plant außerdem, die Stiftungsräte für die Dauer einer Periode "einzufrieren" – sie können somit nach vorgezogenen Wahlen und veränderten Mehrheiten bzw. Regierungskonstellationen nicht mehr frühzeitig ausgetauscht werden. Auch die Haushaltsabgabe (15,30 Euro monatlich) wird nicht abgeschafft, soll zumindest bis 2029 in dieser Form bestehen bleiben. Babler möchte auch FM4 und RSO nicht einsparen.
„In Wahrheit ändert sich gar nichts, die bestehende linkslastige politische Schlagseite bleibt weiter bestehen.“Peter WestenthalerStiftungsrat (FPÖ)
FPÖ-Mann Hafenecker mutmaßt: "Offenbar will sich Babler beim ORF für die linkslastige Berichterstattung der letzten Jahre bedanken." Der von den Freiheitlichen gestellte Stiftungsrat Peter Westenthaler bezeichnet das Gesetzesvorhaben als "Schimäre" und spricht gegenüber "Heute" von einer "Lächerlichkeit". Die Bundesregierung teile sich künftig eben den Publikumsrat auf, so Westenthaler.
Er zeigt sich verärgert: "In Wahrheit ändert sich gar nichts, die bestehende linkslastige politische Schlagseite bleibt weiter bestehen. Der ORF wird sich bei der SPÖ weiter erkenntlich zeigen und ihr den roten Teppich ausrollen."
Als Beispiel nennt Westenthaler die Berichterstattung zur Wien-Wahl am 27. April: "Wir wissen, dass sowohl im Landesstudio Wien als auch bei ORF III massiv interveniert wurde, die Duelle der Spitzenkandidaten, die es 2020 noch gegeben hat und beim Publikum sehr beliebt sind, abzusagen, weil Bürgermeister Ludwig nur eine Elefantenrunde absolvieren möchte."
Dass der SP-Stadtchef am Dienstag zum Einzelinterview in den Inlandsreport geladen wird, erbost Stiftungsrat Westenthaler: "Ich werde das in der nächsten Sitzung neuerlich thematisieren. Die politische Schlagseite des ORF ist mittlerweile unfassbar, der Sender wird zum besten Wahlkampfhelfer der SPÖ, von Ausgewogenheit kann keine Rede sein – oder bekommt nun jeder Wien-Kandidat sein Solo-Interview im 'Report'?", fragt er. Dass keine Duelle gezeigt werden, kann er nicht nachvollziehen: "Sie würden gute Zuseherquoten bringen. Mit Medienfreiheit hat dieser Kniefall vor der Wiener SPÖ nichts zu tun."