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Polizei will WhatsApp-Nachrichten lesen können

Heute Redaktion
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Bild: picturedesk.com

Während der OGH den "Bundestrojaner" gerade auf Legalität prüft, kämpfen die Behörden bei einem anderen Gericht darum, Whatsapp mitlesen zu dürfen.

Es sind zwei Seiten einer Medaille. Das "Sicherheitspaket" der alten Regierung ist heftig umstritten.

Der sogenannte "Bundestrojaner" landete sogar beim Obersten Gerichtshof (OGH), der gerade entscheidet, ob die neuen Gesetze überhaupt verfassungskonform sind.

Kritiker der Maßnahme sehen einen Pauschalangriff auf das Mobiltelefon. Wie das von Behörden ausgenutzt werden kann, habe man anhand der Vorratsdatenspeicherung gesehen, die 2014 vom Europäischen Gerichtshof wieder verboten wurde.

Obwohl sie auch nur für schwere Straftaten gedacht war (wie das derzeitige "Bundestrojaner"-Gesetz auch), hätte man es auch bei Kleinkriminellen angewandt, kritisiert Christian Jeitler vom Datenschutzverein "quintessenz".

Polizei wünscht es sich

Die andere Seite beschreibt der "Kurier" am Montag in einem langen Artikel. Denn die Polizei und die Anklagebehörden würden sich den Bundestrojaner und vor allem die Möglichkeit, WhatsApp-Nachrichten von Verdächtigen zu lesen, dringend wünschen. Die Staatsanwaltschaft Korneuburg hat deshalb vor kurzem sogar einen Gerichtsprozess am Oberlandesgericht Wien (OLG) geführt - und verloren.

Die Nachrichten auf WhatsApp und anderen Messenger-Diensten sind für die Polizei derzeit tabu. Und das auch bei schwerwiegenden Straftaten wie Mord. Bei Verdächtigen wie auch bei Opfern bleiben die privaten Nachrichten geheim - sofern nicht das Handy gefunden und entsperrt werden kann.

"Es fehlt in Österreich die rechtliche Grundlage, um diese Daten beim Betreiber des Messenger-Dienstes anfordern zu können", sagt etwa die Staatsanwaltschaft Korneuburg zum "Kurier".

Überblick

Worum geht es eigentlich? Besonders der sogenannte "Bundestrojaner" birgt ein hohes Missbrauchsrisiko, wie Gegner der Maßnahme betonen. Das "Sicherheitspaket" insgesamt soll gegen die Grundrechte verstoßen.

"Bundestrojaner", geplant ab 1. April 2020

Mit dem "Bundestrojaner" können Behörden eine staatliche Spionagesoftware anwenden, um an Handy-Daten zu kommen. So haben Ermittler in Zukunft auch Zugriff auf verschlüsselte Kommunikation über Messenger-Dienste wie Whatsapp oder Signal. Auch Kontakte einer verdächtigen Person, etwa auf Facebook, werden durchleuchtet.

Das Gesetz sieht vor, dass der "Bundestrojaner" erst zum Einsatz kommen soll, wenn die Person eines Verbrechens mit Strafmaß von mehr als zehn Jahren verdächtigt wird. Auch bei Verdacht auf terroristische Straftaten, Straftaten gegen Leib und Leben und gegen die sexuelle Integrität (Strafmaß über fünf Jahre) soll er eingesetzt werden.

Juristen sehen das äußerst kritisch. Denn: Schon allein der Verdacht reicht aus, um derart weitreichend überwacht zu werden. Wie schnell das gehen kann, zeigte etwa der Tierschützerprozess 2011. Die Tierschützer, die am Ende freigesprochen wurde, waren der Bildung einer kriminellen Vereinigung verdächtigt worden - und wären damit schon im Visier des "Bundestrojaners" gewesen.

Videoüberwachung: Polizei schaut mit

Die Polizei wird Zugriff auf Überwachungskameras von öffentlichen und privaten Einrichtungen, denen ein staatlicher Versorgungsauftrag zukommt, bekommen (Verkehrsbetriebe, Autobahnen, Flughäfen). Und das auch in Echtzeit. Aufnahmen müssen zudem vier Wochen lang gespeichert werden.

Die Rechtsanwaltskammer kritisierte diese "verdachtsunabhängige Echtzeitüberwachungsmöglichkeit ohne vorherige richterliche Bewilligung" als massiven Grundrechtseingriff im öffentlichen Raum.

Datenspeicherung: Telefonüberwachung

Obwohl die Vorratsdatenspeicherung seit 2014 nicht mehr erlaubt ist, müssen Telekombetreiber die Daten einzelner Kunden auf Geheiß der Staatsanwaltschaft speichern ("Anlassdatenspeicherung"). Wer mit wem telefoniert, wo der Standort ist - all das kann bei einem drohenden Strafrahmen von schon sechs Monaten - gespeichert werden. Auch die Speicherdauer wird von sechs auf zwölf Monate verdoppelt.

Verkehrsüberwachung Plus

Auch die Section Control ist vom "Sicherheitspaket" betroffen. Sie soll in Zukunft neben den Kennzeichen auch Marke, Typ und Farbe sowie Infos zum Lenker automatisch erfassen. Dies soll zwei Wochen lang gespeichert werden, im Verdachtsfall sogar fünf Jahre.

Rechtsanwälte kritisieren, dass man damit ein flächendeckendes Bewegungsprofil von Verkehrsteilnehmern erstellen kann - ohne gerichtlichen Rechtsschutz.

Wertkarten und Briefe

Bereits in Kraft ist die Registrierungspflicht von Wertkartenhandys. Auch die Verwendung von sogenannte IMSI-Catchern, die einem Handy eine Funkzelle vortäuschen, um an Infos zu kommen, wird gesetzlich geregelt.

Zum Schluss ist auch noch das Briefgeheimnis gelockert worden. Weil Drogen aus dem Darknet immer öfter per Post versendet werden, können Sendungen nun - mit gerichtlicher Bewilligung - abgefangen werden. (csc)