St. Pölten

Prozess wegen Bestechung – Ex-BVT-Beamter verurteilt

Ein 66-Jähriger soll für eine Privatermittlerin gegen Entgelt Firmenbuch-Abfragen gemacht und Organigramme erstellt haben.
Niederösterreich Heute
14.05.2025, 18:38

In St. Pölten ist am Mittwoch der Prozess wegen Bestechlichkeit und Bestimmung zum Amtsmissbrauch gegen einen Ex-Beamten des mittlerweile aufgelösten Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) fortgesetzt worden. Der 66-Jährige soll für eine Privatermittlerin gegen Entgelt u.a. Firmenbuch-Abfragen gemacht und Organigramme erstellt haben. Besagte Frau - Christina W. - wurde am Mittwoch per Videozuschaltung als Zeugin befragt.

Mit "Die Privatagentin und der Geheimdienstler" hatte Wolfgang Handler von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) am ersten Prozesstag am 3. Juli 2024 die Causa zusammengefasst. Die deutsche Privatagentin Christina W. - "Deckname Nina" - hatte Aufträge von Unternehmen erhalten. Bei zwölf Recherchen soll der frühere Beamte, der sich nicht schuldig bekennt, laut Anklage mitgearbeitet und dafür rund 90.000 Euro Honorar in bar erhalten haben.

Vorwurf: Bestechlichkeit in mehreren Fällen

Vorgeworfen wird dem 66-Jährigen Bestechlichkeit in mehreren Fällen von 2010 bis 2016. Der Mann soll laut Anklage mehrere Male ohne dienstliche Rechtfertigung Abfragen im Firmen- und Grundbuch getätigt und u.a. Organigramme oder Schaubilder erstellt haben. Hinzu kommt Bestimmung zum Amtsmissbrauch. Der 66-Jährige soll der Anklage zufolge auf eine entsprechende Anfrage der Privatagentin zur Vermögenssituation eines Russen die Einholung von Steuererklärungen angeboten haben. In der Folge dürften Finanzbeamte Steuererklärungen dieser Person abgefragt haben.

Der frühere Beamte hatte die Frau, die zuvor laut WKStA für das Ministerium für Staatssicherheit (Stasi) der DDR tätig gewesen war, im Jahr 1997 kennengelernt. Sie arbeitete als Buch- und Fernsehautorin sowie Journalistin, bevor sie laut Staatsanwaltschaft ungefähr ab 2004 im Auftrag von Firmen als Unternehmensberaterin tätig war. Recherchieren sollte sie beispielsweise für die Novomatic AG oder für die OMV-Tochter Petrom. Die 78-jährige Privatagentin stellte den Angaben zufolge auch dem BVT Informationen zur Verfügung, sie galt offenbar als "Quelle Bertram".

Der in ihrem Heimatland einschlägig vorbestraften Christina W. wird Bestechung von 2009 bis Anfang 2016 sowie versuchte Bestimmung zum Amtsmissbrauch in mehreren Fällen 2009 und 2013 vorgeworfen. Die ursprünglich mitangeklagte Frau erschien aufgrund eines Krankenhausaufenthalts beim Prozessauftakt im Vorjahr nicht in St. Pölten bei Gericht. Das Verfahren gegen W. wurde daraufhin ausgeschieden und aufgrund des schlechten Gesundheitszustands der Frau vorerst abgebrochen. Auch die Zeugenbefragung der 78-Jährigen im Schöffenverfahren war bereits mehrfach angepeilt worden, ehe sie am Mittwoch per Videoschaltung aus Deutschland über die Bühne ging.

"Freundschaftlich ausgetauscht"

Mit dem Angeklagten habe sie sich "freundschaftlich ausgetauscht". Ihre Erfahrungen in Russland seien dabei Thema gewesen, zu Aufträgen in Österreich habe sie "auch Fragen gestellt", gab Christina W. zu Protokoll. Das Erfüllen von Aufträgen durch den Ex-Beamten habe sich dann ergeben, "und mir tut das bis heute leid". Sie habe den Angeklagten dazu gedrängt und überredet. "Er hat es nie gewollt, überhaupt nicht. Das ist alles von mir ausgegangen."

Vom 66-Jährigen für sie angefertigte Schaubilder zu Projekten seien eine Notwendigkeit gewesen, um komplexe Sachverhalte zu verstehen: "Im Internet bin ich ein Dinosaurier." Im Gegenzug habe sie dem Mann mehrfach "einen Umschlag untergeschoben" - aus Sicht von Christina W. eine Entschädigung für zusätzlichen Arbeitsaufwand. Die in der Anklage erfasste Honorarsumme von mehr als 90.000 Euro sei aber "jenseits von Gut und Böse", die 78-Jährige geht selbst von 10.000 bis 12.000 Euro aus. Dass der Angeklagte Beamter des BVT war, habe sie gewusst. Bei der Personenauswahl sei das aber nicht ausschlaggebend gewesen: "Er war der Einzige, der für mich greifbar war."

Organigramm erstellt

Auch zum ukrainischen Oligarchen Dmytro Firtasch soll der Beschuldigte ein Organigramm erstellt und Firmenbuchabfragen vorgenommen haben. Sie habe Hilfe gebraucht, um festzustellen, wie es um Verflechtungen zwischen Österreich und Firtasch stand. "Das spielte wirklich eine große Rolle", sagte die Zeugin. Befragt wurde Christina W. zudem hinsichtlich mehrerer weiterer Projekte und der dazugehörigen Bezahlung. Mehrmals verwies die Frau auf Erinnerungslücken nach einem Schlaganfall im Jahr 2022.

Bedingte Haftstrafe

Das Urteil: Zwei Monate bedingte Haft. Vom Vorwurf der Bestimmung zum Amtsmissbrauch wurde der Mann freigesprochen (nicht rechtskräftig).

Verurteilt wurde der 66-Jährige laut der vorsitzenden Richterin letztlich bezüglich jener sechs Projekte, bei denen er selbst zuvor einen Zahlungsfluss eingeräumt hatte. Der Angeklagte hatte sich jedoch damit verantwortet, in der Freizeit und damit nicht dienstlich gehandelt sowie recherchiert zu haben und sich generell unschuldig bekannt. Vom Gericht wurden letztlich 7.900 Euro an Gesamthonorar für diese sechs Projekte angenommen, die Summe wurde für verfallen erklärt.

Mildernd wirkte sich laut Richterin neben der Unbescholtenheit vor allem die überlange Verfahrensdauer aus. Aus diesem Grund seien sechs Monate bei der Strafbemessung abgezogen worden. Als erschwerend galten das Zusammentreffen mehrerer Vergehen sowie der längere Tatzeitraum. Staatsanwaltschaft und Verteidigung gaben zum Urteil jeweils keine Erklärung ab, daher ist das Urteil nicht rechtskräftig.

{title && {title} } red, {title && {title} } 14.05.2025, 18:38