Welt

Putin äußert "tiefes Mitgefühl" zum Tode Gorbatschows

"Autor eines neuen Denkens", "unvergessenes Vermächtnis", "Vorbild für alle": Die Welt reagiert auf den Tod von Michail Gorbatschow.

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Der frühere sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow ist am Dienstag mit 91 Jahren nach langer schwerer Krankheit in Moskau gestorben.
Der frühere sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow ist am Dienstag mit 91 Jahren nach langer schwerer Krankheit in Moskau gestorben.
REUTERS

Der russische Präsident Wladimir Putin hat nach Angaben eines Sprechers sein tiefes Mitgefühl zum Tod von Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow geäußert. Putin werde der Familie am Mittwochmorgen ein Telegramm schicken, kündigte Kremlsprecher Dmitri Peskow der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge am Dienstagabend in Moskau an. Der frühere sowjetische Staatschef Gorbatschow war am Dienstag mit 91 Jahren nach langer schwerer Krankheit in Moskau gestorben.

Gorbatschow habe sich zwar während der Corona-Pandemie zur Beobachtung im Krankenhaus befunden, meldete Interfax. Er sei aber nicht an dem Coronavirus gestorben, sondern an den Folgen von Alter und Krankheit, hieß es.

Gorbatschow war der letzte Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion gewesen. Er hatte die Politik von Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umgestaltung) eingeführt und galt als einer der Väter der Deutschen Einheit nach dem Mauerfall. 1991 war er zurückgetreten.

Es sei der "Autor eines neuen Denkens" gestorben, der dem Land und der Welt damals ein neues Atmen ermöglicht habe, meinte der Chef des russischen Rechnungshofes, Alexej Kudrin, in seinem Kanal bei Telegram.

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    Michail Gorbatschow, ehemaliger Staatspräsident der früheren Sowjetunion, auf einem Archivbild aus dem Jahr 1996.
    Michail Gorbatschow, ehemaliger Staatspräsident der früheren Sowjetunion, auf einem Archivbild aus dem Jahr 1996.
    Hartmut Reeh / dpa / picturedesk.com

    Biden würdigt "visionären Politiker"

    US-Präsident Joe Biden hat Gorbatschow als visionären Politiker gewürdigt, der die Welt sicherer gemacht habe. "Michail Gorbatschow war ein Mann mit außergewöhnlicher Weitsicht", erklärte Biden am Dienstagabend. Er habe als Anführer der Sowjetunion mit dem damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan zusammengearbeitet, um die Atomwaffenarsenale beider Länder zu reduzieren.

    Im eigenen Land habe Gorbatschow "nach Jahrzehnten der brutalen politischen Unterdrückung demokratische Reformen" auf den Weg gebracht, erklärte Biden weiter. Er habe Glasnost und Perestroika – Offenheit und Umgestaltung – "nicht als bloße Slogans" angesehen, sondern sie als Weg nach vorne für die Bevölkerung der Sowjetunion "nach so vielen Jahren der Isolation und Entbehrung" verstanden.

    "Das waren Handlungen eines Anführers, wie es ihn selten gibt – einer mit der Vorstellungskraft zu sehen, dass eine andere Zukunft möglich war, und mit dem Mut, seine gesamte Karriere zu riskieren, um sie zu erreichen", erklärte Biden. "Das Ergebnis war eine sicherere Welt und größere Freiheit für Millionen von Menschen."

    Von der Leyen: "Unvergessenes Vermächtnis"

    EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die Bedeutung von Gorbatschow für Europa herausgestellt. "Er spielte eine entscheidende Rolle bei der Beendigung des Kalten Krieges und dem Fall des Eisernen Vorhangs", schrieb von der Leyen am Dienstagabend auf Twitter. Sie bezeichnete Gorbatschow als Führungspersönlichkeit, die zuverlässig und geachtet gewesen sei. "Er ebnete den Weg für ein freies Europa. Dieses Vermächtnis werden wir nie vergessen."

    Der britische Premierminister Boris Johnson hat das historische Erbe des gestorbenen russischen Friedensnobelpreisträgers und ehemaligen sowjetischen Staatschefs Michail Gorbatschow gewürdigt. "Ich habe immer den Mut und die Integrität bewundert, die er gezeigt hat, indem er den Kalten Krieg zu einem friedlichen Ende brachte", schrieb Johnson am späten Dienstagabend auf Twitter. Zudem stellte er Gorbatschow dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gegenüber. "Zu einer Zeit von Putins Aggression in der Ukraine bleibt sein unermüdliches Engagement für die Öffnung der sowjetischen Gesellschaft ein Vorbild für uns alle", schrieb Johnson.

    Guterres: "Einzigartiger Staatsmann"

    UNO-Generalsekretär António Guterres hat sich "zutiefst traurig" über den Tod von Michail Gorbatschow gezeigt. Dieser sei ein "einzigartiger Staatsmann" gewesen, der den Lauf der Geschichte verändert habe, ließ Guterres am Dienstag mitteilen. "Er hat mehr als jeder andere dazu beigetragen, den Kalten Krieg friedlich zu beenden."

    Der 73-jährige Portugiese sprach der Familie Gorbatschows und der Bevölkerung Russlands sein Beileid aus. Die Aussage des Friedensnobelpreisträgers, dass Frieden nicht Einheit in Gleichartigkeit, sondern Einheit in Vielfalt sei, habe dieser mit seiner Politik in die Praxis umgesetzt.

    Der französische Präsident Emmanuel Macron hat Gorbatschow als "Mann des Friedens" gewürdigt. Seine Entscheidung habe den Russen "einen Weg der Freiheit" geöffnet, schrieb Macron in der Nacht zum Mittwoch auf Twitter. "Sein Engagement für den Frieden in Europa hat unsere gemeinsame Geschichte verändert."