Russlands Geheimdienste setzen laut einer Recherche der "Süddeutschen Zeitung" zusammen mit NDR und WDR verstärkt auf sogenannte "Wegwerf-Agenten". Diese meist unauffälligen "Amateure" würden gezielt für Sabotageakte im Westen angeworben. Sie seien billig, schnell ersetzbar und ohne direkte Verbindung nach Moskau.
Ein DHL-Containerbrand am Flughafen Leipzig im Juli 2024 sei offenbar Teil einer koordinierten Operation gewesen. Die Pakete enthielten Magnesium-Brandbomben und wurden aus Litauen verschickt. Mit gefälschten Absenderdaten und einer russischen E-Mail-Adresse.
Wenige Tage nach dem Brand in Leipzig brannten ähnliche Pakete in Polen und England. Ermittlungen in mehreren Ländern deuten auf einen Sabotageversuch im Auftrag russischer Dienste hin. Die Spur führte zur GRU-nahen Sabotageeinheit 29155 ("Glawnoje Raswedywatelnoje Uprawlenije"), die unter neuer Struktur SSD ("Dienst für besondere Aktivitäten") weiter operieren soll.
Den Medienberichten zufolge wurden die Brandsätze in Massagekissen versteckt, die sich zusammen mit Kosmetika und Sex-Spielzeug in den Paketen befanden. Es sei ein glücklicher Zufall gewesen, dass Pakete nicht während des Fluges Feuer gefangen hätten, meinten Sicherheitsbehörden.
Auch Flugrouten nach Nordamerika sollen im Zuge der Operation ausgekundschaftet worden sein. Laut James Appathurai, der bei der NATO unter anderem für Strategien zur Abwehr hybrider Angriffe zuständig ist, könne ein Feuer an Bord eines Flugzeuges alle Passagiere töten. Zudem könne das betroffene Flugzeug in einem Wohngebiet abstürzen und somit auch dort einige Leben auslöschen. Aus diesen Gründen halte man die Vorfälle für eine Eskalation.
Zu den mutmaßlich Beteiligten zählt laut Recherche Wladislaw D., ein 27-jähriger Ukrainer. Er soll gefährliche Pakete in Warschau an Aleksandr S. übergeben haben, der sie später bei DHL und DPD aufgab. In einem Fall wäre beinahe ein Frachtflugzeug auf dem Weg nach London betroffen gewesen. Der Anschlag scheiterte knapp.
Ein weiteres Beispiel sei Serhij S., der in Polen festgenommen wurde. Laut Anklage plante er Brandanschläge im Auftrag eines Unbekannten auf Telegram, für 4000 Dollar. Bei ihm wurden Brandbeschleuniger und Anleitungen für Sprengsätze gefunden. Er wurde zu acht Jahren Haft verurteilt.
Bruno Kahl, Chef des deutschen Bundesnachrichtendienstes, bestätigt gegenüber der "Süddeutschen Zeitung": "Wir mussten davon ausgehen, dass diese Art der Eskalation Realität wird." Russlands Botschaft reagierte laut des Berichts abweisend: Man verfüge über "keine Kompetenzen in Paranoia und Verschwörungstheorien".
Die Recherche warnt: Russland rekrutierte gezielt Täter aus der organisierten Kriminalität oder dem sozialen Umfeld, bezahle sie oft über Kryptowährungen und verschleiere so jede Verbindung zum Kreml. Ein System der Sabotage – billig, effektiv und kaum nachweisbar.