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"Rettete mein Leben" – was MMA-Fighter zu Twitch treibt

Während das Coronavirus grassiert, suchen sich zahlreiche MMA-Fighter eine neue Verdienstmöglichkeit. Doch nicht nur wegen des Geldes zocken sie.

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MMA gibt es übrigens auch als Game.
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Demetrious Johnson, Megan Anderson, Jens Pulver, Max Holloway – klingende Namen in der Mixed-Martial-Arts-Szene. Sie alle stiegen schon ins Oktagon der UFC, gewannen Titel im Fliegen-, Feder- oder Leichtgewicht. Doch sie alle teilen eine Leidenschaft abseits des Kampfsports, die auf den ersten Blick etwas ungewöhnlich erscheint. Anstatt nur Kicks, Tritte, Kinnhaken und Faustschläge auszuteilen, drücken sie und noch zahlreiche weitere Kämpferinnen und Kämpfer die Joysticks ihrer Gamepads, hauen in ihre Tastaturen – und streamen das für ihre Fans weltweit auf der Plattform und dem Live-Videoportal Twitch.

"Mighty Mouse", wie der 1,60 Meter große, aus Madisonville stammende Johnson auch genannt wird, ist dabei schon fast ein Gaming-Veteran. Seit 2015 tummelt sich der heute 34-Jährige auf der Streamingplattform. Damals gründete er schon einen Kanal, bevor die Userzahlen auf Twitch explodierten und der Service zu einem weltweiten Phänomen wurde. Der Amerikaner, der 2012 erstmals UFC-Champion im Fliegengewicht wurde, hatte schon immer Mühe, in der harten Fighterszene eine Verbindung zu seinen Fans aufzubauen. Statt sich im Trashtalk zu üben, hat sich der Amerikaner auf Twitch, wo er über die letzten Fights spricht, "World of Warcraft" oder "Counterstrike" zockt, ein zweites Standbein, ein eigenes Universum aufgebaut. In Zeiten einer weltweiten Pandemie, wo Sportevents rund um den Globus abgesagt werden, keine schlechte Sache.

Neues Einkommen

Eine jener Kämpferinnen, die sich plötzlich in ihren eigenen vier Wänden statt dem Käfig gefangen sahen, war Anderson. Gegenüber "The Athletic" spricht die 31-Jährige vom idealen Zeitpunkt, um ihrer Passion für Gaming neuen Ausdruck zu verleihen. Und sie fand ihr Publikum. Knapp ein Jahr im Business generiert die ehemalige Titelhalterin im Federgewicht ein monatliches Einkommen, um einen Teil ihrer Kosten für Miete und Rechnungen zu decken. "Ich möchte es so betreiben, dass mein Einkommen von Twitch all meine Ausgaben deckt", so Anderson.

882 Millionen Stunden wurden im Dezember 2019 auf Twitch gestreamt. Im April 2020, nach dem Ausbruch des Coronavirus, waren es beinahe 1,8 Milliarden. Und im Januar dieses Jahres belief sich die Zahl auf 2,2 Milliarden Stunden.

Zufluchtsort in Krisenzeiten

Für die Fighter ist die Streamingplattform in schwierigen Zeiten nicht nur eine Einkommensquelle. Für viele ist sie auch ein Zufluchtsort. "Ich musste vom Kämpfen wegkommen. Und Videospiele haben wirklich bei meiner mentalen Gesundheit geholfen. Auf mich bezogen half es mir, aus der Pandemie, die wir als etwas Schlechtes betrachten, etwas Gutes zu machen", sagt Holloway gegenüber "The Athletic". Für Anderson hat das Zocken noch einen weiteren Vorteil: "Hier bereitest du dich nicht monatelang für einen speziellen Anlass vor, sondern misst dich jede Woche. Du kannst dich einfach auf dein Game konzentrieren und nicht einen Gegner, auf den du dich drei Monate lang einstellst."

Und noch etwas ist anders auf Twitch: das Publikum, mit dem die Fighter interagieren. So ist dank der Intimität der Plattform mit deutlich weniger toxischen Kommentaren zu rechnen, die die Kämpferinnen und Kämpfer sonst gewohnt sind, auch Anderson, die online sogar schon schikaniert und tyrannisiert wurde. "Wenn du auf Instagram, TikTok oder Twitter live gehst, ist es so schwierig, all die Trolle, Negativität und Toxizität herauszufiltern", sagt sie. Die positive Community auf Twitch hingegen habe ihr schon einige schlechte Tage gerettet. Pulver, der 46-Jährige Fighter, der 2013 vom MMA zurückgetreten ist, geht sogar so weit, dass er über Twitch sagt: "Es rettete mein Leben. Es gab mir eine Bestimmung, einen Sinn."

Auf der Suche nach Wertschätzung

13 seiner letzten 19 Kämpfe verlor er, rutschte in die Depression, hatte eine Sinnkrise, war verloren und driftete ab, als er seine Handschuhe an den Nagel hängte. "Ich wollte mit MMA nichts mehr zu tun haben." Immer schon ein Gamer, gab er schließlich dem Streaming eine Chance. Und stellte sich als Naturtalent heraus. Für seine Fans und Community kommentierte der frühere UFC-Champ bald Kämpfe auf seinem Kanal. Plötzlich konnte er Mentor sein und entdeckte seine zuvor erloschene Liebe wieder. "Ich wollte immer Reden halten, das ist die Plattform für mich. Alles, was andere tun, ist mir ihre Zeit zu schenken, das größte Geschenk dieser Erde. Das kann Geld nicht kaufen."

Das Gefühl, wertgeschätzt zu werden, wahr und wichtig genommen zu werden, es ist einer der Gründe, warum sich so viele MMA-Fighter auf Twitch tummeln. Der Fakt, dass sie in schwierigen Zeiten auf diese Weise ein Einkommen erzielen, sich ein zweites Standbein aufbauen können, ist ein anderer. Solange die Pandemie grassiert, werden die Fans weiterhin in den Genuss von gamenden Oktagon-Champions kommen. Doch viele von ihnen sind gekommen, um zu bleiben.

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