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Richter will Kuhglocken hören, zieht stinksauer ab

Seit fünf Jahren streitet ein bayrisches Ehepaar mit einer Bäuerin und der Gemeinde. Der Grund: die Kuhglocken auf der angrenzenden Weide seien viel zu laut. Jetzt haben die Richter den zerstrittenen Nachbarn einen Besuch abgestattet, um sich selbst Probe zu hören.

Roman Palman
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    Rinderbäuerin Regina Killer mit ihren Schützlingen und deren Glocken. Seit 2015 steht sie derentwegen vor Gericht.
    Rinderbäuerin Regina Killer mit ihren Schützlingen und deren Glocken. Seit 2015 steht sie derentwegen vor Gericht.
    picturedesk.com/dpa/Peter Kneffel

    Die Furchen zwischen dem Ehepaar und Bäuerin Regina Killer aus dem oberbayrischen Holzkirchen verlaufen mittlerweile so tief wie Schützengräben. Schon seit 2015 fechten die Nachbarn bereits ihren Streit vor Gericht aus. Der Grund der Aufregung ist kurios: das Ehepaar aus fühlt sich von den Glocken der Kühe auf der angrenzenden Weide um seine wohlverdiente Ruhe gebracht, will davon gar Depressionen bekommen haben und fordert deshalb vehement ein Ende des Gebimmels.

    Es geht es aber schon lange nicht mehr nur um die Lärmbelästigung. Auch an den Fliegen, die die Rinder umschwirren und, das ihrer Auffassung, überzogene Ausbringen von Gülle, stört das Paar. Im vergangenen Jahr landete der Fall gar vor dem Oberlandesgericht – "Heute" berichtete.

    Richter tanzten zur Hörprobe an

    Jetzt waren nun drei Richter höchstpersönlich zu einer Hörprobe zu der Weide gereist. Anbetracht dieses Kuriosums fühlte sich selbst die "Sat.1. Bayern"-Moderatorin bei ihrer Ankündigung des Nachrichten-Betrags (siehe Video unten) genötigt, darauf hinzuweisen, dass dies "kein Witz" sei.

    Rund 90 Minuten nahmen sich die Richter bei ihrem Ortstermin der anderen Art Zeit, um den Kuhglocken zu lauschen. Mit Schutzmaske und Clipboard beurteilten sie die Lautstärke nicht nur auf der Weide, sondern auch im Haus der Kläger direkt daneben.

    "Die größte Hoffnung war, dass die Richter heute direkt vor Ort sagen: 'Wir hören nichts'", so Bäuerin Regina Killer gegenüber dem TV-Sender. Sie hatte die Weide vor fünf Jahren von der Gemeinde gepachtet, kurz darauf entbrannte der Kuhglocken-Krieg. "Dieser Termin ist einfach wichtig. Vielleicht damit endlich ein Abschluss stattfindet", äußert auch Annika Hecht, die Anwältin der Gemeinde Holzkirchen, zaghafte Hoffnung auf ein Ende des Konflikts.

    War Ortstermin wirklich "nutzlos"?

    Am Nachmittag trafen sich die Parteien dann vor Gericht wieder. Die streitbare Rinderhalterin erschien nicht nur mit Mund-Nasen-Schutz, sondern läutete auch mit Kuhglocken die Verhandlung ein. Dem Richter war allerdings nicht zum Spaßen zumute, er war stinksauer! Denn auf der Weide hatten sich während des Lokalaugenscheins nur Mutterkühe befunden. Normalerweise tragen aber Jungkühe, die öfter mal ausbüxen, die Glocken, um sie wiederzufinden. Kälber sind aktiver und machen demzufolge auch mehr Lärm. Der Ortstermin sei daher völlig nutzlos gewesen, so der Richter.

    Die Hörprobe war vielleicht nutzlos, aber nicht völlig vergebens. Das Ehepaar und Killer konnten sich auf einen Vergleich einigen. In Zukunft sollen nur noch drei statt sechs Kühe eine lärmenden Glocken tragen. "Das Ganze muss man natürlich sportlich sehen und das war im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Die hat sie noch an der Grenze der Rechtmäßigkeit ausgeübt", kommentiert Peter Hartherz, der Anwalt der Kläger, im TV-Interview. Er wolle da "nicht nachtreten". 

    Damit scheint der schier endlose Kuhglocken-Krieg von Holzkirchen beendet zu sein. Vorerst.

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